Habemus Koalitionsvertrag: Erste Einordnung des Papiers und dessen Bedeutung für die deutsche Telekommunikationswirtschaft

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​​​​​​​​veröffentlicht am 17. April 2025


In Zeiten wachsender globaler Spannungen und eines weiter eskalierenden Handelskonflikts blickt die internationale Gemeinschaft gespannt auf die jüngsten politischen Entwicklungen in Deutschland. Der nun vorgestellte Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU gibt einen ersten Einblick in die digitale Infrastrukturpolitik der kommenden Jahre. Für Telekommunikationsunternehmen, Stadtwerke und kommunale Akteure zeichnen sich insbesondere in den folgenden Bereichen wichtige Entwicklungen ab.


Ausbauziele für Glasfaser und Mobilfunk: Ambitioniert, aber nichts grundlegend Neues

Der flächendeckende Ausbau der Glasfasernetze (FTTH) steht weiterhin klar im Fokus der Bundesregierung. Konkret setzt die Koalition erneut auf das Prinzip „Markt vor Staat“ – Fördermittel fließen gezielt nur dort, wo privatwirtschaftliche Investitionen nicht tragfähig sind. Hier handelt es sich tatsächlich nicht um eine grundlegend neue Positionierung. Vielmehr setzt die Regierung den bisherigen Kurs konsequent fort.

Parallel dazu soll auch der Mobilfunkausbau weiter forciert werden, flankiert durch strikte Versorgungsauflagen bei den kommenden Frequenzvergaben. In diesem Zusammenhang passt ebenfalls, dass kürzlich die Bundesnetzagentur die 5G-Mobilfunkfrequenzen unter Auflagen um weitere fünf Jahre verlängert hat. Damit soll der Ausbau der für Wirtschaft und Gesellschaft unverzichtbare neue Mobilfunkstandard weiter zügig und flächendeckend ausgebaut werden. Interessant ist dabei der Plan, den Mobilfunkempfang künftig stärker am tatsächlichen Nutzererlebnis zu messen – ein Schritt, der möglicherweise zusätzlichen Druck auf Anbieter erzeugen könnte, da reine „Versorgung auf der Karte“ nicht länger ausreichend wäre.

​Finanzierungs- und Förderprogramme: Konkrete Zahlen noch offen

Die künftige Koalition kündigt eine „auskömmliche Mittelausstattung“ der Breitbandförderprogramme an, insbesondere um den Glasfaserausbau in strukturschwachen und ländlichen Gebieten weiter voranzubringen. So soll auch der Ausbau in grenznahen Gebieten sichergestellt werden. Allerdings bleibt der Vertrag auch hier bislang eher vage. Konkrete Zahlen zur Förderhöhe sind bisher nicht genannt. Diese wären aber entscheidend, um die realen Handlungsspielräume der kommunalen Anbieter besser einschätzen zu können. Interessierte Akteure sollten den kommenden Haushaltsplan 2025 deshalb genau beobachten.

Zielfördernd scheint der ebenfalls hervorgehobene „Deutschlandfonds“, der privates Kapital stärker in öffentliche Investitionen integrieren soll. Dies könnte gerade für kommunale Telekommunikationsprojekte neue Finanzierungsmöglichkeiten bieten – hier wäre eine klare Positionierung und Bewerbung des Fonds aus Sicht der Finanzierungsberatung sehr empfehlenswert, um entsprechende Potenziale frühzeitig zu nutzen.

Regulatorische Rahmenbedingungen und Digitalisierung: Endlich ein echter Durchbruch?

Als besonders relevante Maßnahme präsentiert die Koalition erneut ihr Vorhaben, ein sogenanntes „Beschleunigungsgesetz“ auf den Weg zu bringen, das den Ausbau von Glasfaser- und Mobilfunknetzen deutlich vereinfachen und damit beschleunigen soll. Dieses Gesetz wurde eigentlich bereits für Ende letzten Jahres angekündigt. Dass es bislang nicht verabschiedet wurde, deutet auf föderale Abstimmungsschwierigkeiten und Kompetenzgerangel zwischen Bund, Ländern und Kommunen hin. Genau diese Hindernisse gilt es nun endlich zu überwinden, wenn das Gesetz tatsächlich Wirkung entfalten soll.

Interessant ist zudem, dass Infrastrukturprojekte im Telekommunikationsbereich zukünftig den Status eines „überragenden öffentlichen Interesses“ erhalten sollen. Die Einstufung einer Thematik als „überragendes öffentliches Interesse“ legt deren Priorisierung fest, also ob es höher als andere öffentliche Angelegenheiten gewichtet wird. Damit käme dem avisierten Ausbau endlich die Relevanz im Rahmen von Abwägungsentscheidungen zwischen widerstreitenden öffentlichen Interessen zu, welche diesem angesichts der Möglichkeiten für Wirtschaft und Gesellschaft angemessen ist. Dies könnte tatsächlich zu einer erheblichen Beschleunigung der Verfahren führen, insbesondere in Kombination mit digitalen Verfahren und der geplanten Einführung von sogenannten „Fiktionsfristen“ für Genehmigungen. Hier könnte die Koalition tatsächlich einmal einen echten Fortschritt schaffen, vorausgesetzt die Länder und Kommunen ziehen hier in der Praxis mit.

​Stadtwerke und kommunale Anbieter: Vereinfachungen ja, aber profitieren Kommunen wirklich stärker?

Für Stadtwerke und kommunale Telekommunikationsanbieter verspricht der Koalitionsvertrag einen förderlichen regulatorischen Rahmen durch vereinfachte Verfahren, transparentere Fördermechanismen und verringerte bürokratische Anforderungen. Damit können auch Kommunen mit Kooperationspartnern schneller und mit höherer Planungssicherheit den Ausbau digitaler Infrastruktur in ihrer Gemeinde voranbringen. Warum speziell Kommunen hier besonders profitieren sollten, könnte aus dem Vertrag noch klarer hervorgehen. Ein möglicher Vorteil könnte sich jedoch aus der regionalen Stärke und der ohnehin engen Einbindung der Stadtwerke in kommunale Strukturen ergeben: Kommunen könnten von den Entbürokratisierungen möglicherweise deshalb stärker profitieren, da ihre Stadtwerke besser und schneller mit lokalen Planungsbehörden zusammenarbeiten und somit Synergien leichter heben können.

Weiterhin ist positiv hervorzuheben, dass der Vertrag explizit die koordinierte Durchführung von Telekommunikations- und Energieprojekten unterstützt. Gerade für kommunale Anbieter, die oft in beiden Geschäftsfeldern aktiv sind, entstehen hier tatsächlich potenzielle Synergie- und Effizienzgewinne, beispielsweise durch die gemeinsame Nutzung von Tiefbauarbeiten.

​Fazit und Ausblick: Gute Ansätze, aber kritische Umsetzung bleibt offen

Der Koalitionsvertrag 2025 bietet grundsätzlich solide und ambitionierte Ansätze für die Telekommunikationswirtschaft. Allerdings bleiben zahlreiche Punkte bislang noch recht allgemein formuliert. Konkrete Zusagen zu Förderhöhen und Umsetzungsschritten fehlen noch und werden erst in den kommenden Haushaltsverhandlungen und Gesetzgebungsverfahren deutlich werden. Gerade das angekündigte Beschleunigungsgesetz könnte tatsächlich eine echte Wende bedeuten – allerdings nur, wenn die Koalition hier endlich die föderalen und bürokratischen Blockaden auflösen kann.

Besonders kommunale Akteure könnten in den kommenden Jahren neue Chancen ergreifen. Entscheidend dafür wird aber nicht nur die formale Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen sein, sondern vielmehr die konkrete Umsetzung vor Ort. Für die Telekommunikationsbranche heißt es daher vorerst weiterhin:

„Einordnen, Fokussiere​n​ und Gestalten” – Die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt.


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