OLG Dresden bestätigt Anwendung von Bereichsausnahme – mit gewichtigen Folgen für Rechtsschutz der Bieter

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​​veröffentlicht am 16. März 2020

 

Das OLG Dresden schließt sich der Auffassung an, wonach es ausreicht, dass der Konzessionsgeber die Bereitstellung von öffentlichen Kommunikationsnetzen dadurch realisiert, dass er sich bei der Ausführung der Dienste externer Dritter bedient, während es nicht erforderlich ist, dass er selbst das Kommunikationsnetz betreibt. Bei Eingreifen einer Bereichsausnahme im Sinne des GWB ist Rechtsschutz nicht vor den Vergabekammern zu ersuchen. Für die Frage des Rechtsschutzes (Zivil- oder Verwaltungsgerichtsbarkeit) kommt es auf die im Einzelfall zu prüfende Rechtsnatur des Zuwendungsvertrages / Weiterleitungsbescheides an (vgl. Artikel Rechtsnatur von Zuwendungsverträgen im Wirtschaftlichkeitslückenmodell).

 

In der Entscheidung des OLG Dresden Vergabesenat, Beschluss vom 21.8.2019, Verg 5/19 schrieb die Antragsgegnerin die Vergabe der Bereitstellung eines Breitbandnetzes und des Angebotes breitbandiger Telekommunikationsdienste für unterversorgte Adressen ohne marktgetriebene NGA-Versorgungsperspektive aus.

 

Die Antragstellerin rügte den Ausschluss ihrer Angebote und erhob zugleich wegen der bestehenden Unsicherheit über den Rechtsweg entweder zur Vergabekammer oder zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit Widerspruch gegen die Vorabinformationsschreiben. Die Antragstellerin stellte zum einen Antrag auf Einleitung des Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer Sachsen und zum anderen einen Eilrechtsantrag beim Verwaltungsgericht Dresden.

 

Im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer hat die Antragstellerin die Auffassung vertreten, die Frage nach der Anwendbarkeit des förmlichen Vergaberechts aus Teil 4 des GWB einerseits (mit der Folge, dass die Nachprüfung von Vergabeentscheidungen sich nach den §§ 155 ff. GWB richtet) oder der Zuständigkeit der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit andererseits für den Rechtsschutz gegen die Entscheidungen der Antragsgegnerin im vorliegenden Vergabeverfahren sei umstritten, wobei mehr für die Zuständigkeit der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit spreche.

 

Die Vergabekammer hat mit dem vorgenannten Beschluss den Nachprüfungsantrag als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, für das vorliegend zu beurteilende Vergabeverfahren seien die Vorschriften des Kartellvergaberechts des GWB nicht anwendbar, weil die Bereichsausnahme eingreife. Gegenstand der Ausschreibung sei eine Dienstleistungskonzession und der Konzessionsnehmer habe ein Breitbandnetz zu errichten und zu betreiben, das ein öffentliches Kommunikationsnetz sei. Die Erbringung der konzessionierten Dienstleistung diene hauptsächlich dazu, der Antragsgegnerin die Bereitstellung eines öffentlichen Kommunikationsnetzes zu ermöglichen.

 

Der Senat teilt die Auffassung der Vergabekammer, dass für das vorliegend zu beurteilende Vergabeverfahren die Vorschriften des Kartellvergaberechtes nicht anwendbar sind, weil die Bereichsausnahme des § 149 Nr. 8 GWB eingreift.

 

Die Voraussetzungen der Bereichsausnahme des § 149 Nr. 8 GWB waren gegeben; denn es soll eine (Dienstleistungs-)Konzession vergeben werden, welche hauptsächlich dazu dienen soll, der Antragsgegnerin als Konzessionsgeberin in Bezug auf ein öffentliches Kommunikationsnetz die Bereitstellung für die Öffentlichkeit zu ermöglichen.

 

Im vorliegend zu beurteilenden Vergabeverfahren soll eine Dienstleistungskonzession nach § 105 Abs. 1 Nr. 2 GWB vergeben werden, denn der Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf der Dienstleistung des Betreibens des Breitbandnetzes über einen langen Zeitraum von sieben Jahren.

 

Der Konzessionsnehmer soll auch das Betriebsrisiko gemäß § 105 Abs. 2 GWB übernehmen; denn er trägt das durch die von der Antragsgegnerin zu zahlende Anschubfinanzierung nicht vollständig ausgeglichene wirtschaftliche Risiko, seine Aufwendungen zur Errichtung und zum Betrieb des Breitbandnetzes über die Erlöse der Endkunden nicht erwirtschaften zu können.

 

Der Senat teilt die Auffassung der Vergabekammer, wonach es für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme des § 149 Nr. 8 GWB ausreicht, dass der Konzessionsgeber die Bereitstellung von öffentlichen Kommunikationsnetzen dadurch realisiert, dass er sich bei der Ausführung der Dienste externer Dritter bedient, während es nicht erforderlich ist, dass er selbst das Kommunikationsnetz betreibt.

 

Diese Auffassung entspricht dem Wortlaut des § 149 Nr. 8 GWB und von Art. 11 der Konzessionsvergaberichtlinie. Nach Auffassung des Senates ist es eine Ermöglichung der Bereitstellung des Netzes, wenn die Antragsgegnerin als für die Gewährung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge zuständige Gebietskörperschaft die entsprechende Konzession erteilt und für eine Anschubfinanzierung sorgt, während der Konzessionsnehmer als privater Dritter in tatsächlicher Hinsicht die Anlagen errichtet und betreibt. Typisch für die Vergabe einer Konzession, für die allein § 149 Nr. 8 GWB gilt, ist es gerade, dass der Konzessionsgeber die Tätigkeiten, welche die Konzession ausfüllen, nicht selbst erbringt, so dass ein Anwendungsbereich für die Bereichsausnahme aus § 149 Nr. 8 GWB nicht verbliebe, wenn man sie nur in dem Falle eingreifen lassen wollte, dass die den wesentlichen Inhalt der Konzession ausmachende Tätigkeit des Betreibens des Netzes von der Konzessionsgeberin selbst ausgeführt werden müsste.

 

Im Übrigen ist die Aufteilung zwischen der die Bereitstellung von Telekommunikationsnetzen für die Öffentlichkeit ermöglichenden öffentlichen Hand einerseits und dem die Anlagen tatsächlich betreibenden privaten Dritten andererseits typisch für das Telekommunikationsrecht.

 

Ebenso hatte das OLG München Vergabesenat, Beschluss vom 22.7.2019 entschieden, dass für die Voraussetzung der Bereitstellung oder des Betriebes des Kommunikationsnetzes es nicht genüge, dass ein Auftraggeber dafür rechtliche Vorgaben in einem Vertrag mache. Entscheidend sei vielmehr, dass ein unmittelbarer Zugriff auf den Kommunikationsdienst erfolge. Allerdings schließe das Erfordernis des unmittelbaren Zugriffs indes nicht aus, dass sich der Betreiber bzw. Bereitsteller zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten Dritter bediene.

 

 

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