Ridepooling-Dienst MOIA startet in Hamburg und wird direkt ausgebremst

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veröffentlicht am 30. April 2019

 

In einem gemeinsamen Projekt entwickeln MOIA, der Mobilitätsdienstleister von Volkswagen und die Hamburger Hochbahn AG ein neues umweltfreundliches Mobilitätsangebot für Hamburg. Der Shuttle-on-Demand-Service ist mit Elektrofahrzeugen unterwegs, die den öffentlichen Nahverkehr ergänzen und eine Alternative zum privaten Pkw bieten sollen.

 

Die Kunden können den Service per Smartphone-App buchen und geben Standort und Ziel ein. Der MOIA-Shuttle bedient dann Fahrtanfragen verschiedener Personen, die in die gleiche Richtung unterwegs sind. Über einen Algorithmus werden diese miteinander kombiniert, die Routen geplant sowie Fahr- und Ankunftszeiten individuell berechnet.

 

Das neue Mobilitätsangebot in Hamburg wird vollständig von MOIA finanziert und mit eigenen Fahrzeugen und Fahrern betrieben. MOIA nutzt dafür ein neues Fahrzeugmodell, das vollelektrisch und damit emissionsfrei fährt. Mitfahren können bis zu sechs Personen. Mit rund 100 Fahrzeugen startet der Dienst, MOIA möchte aber die Flotte so schnell wie möglich vergrößern. Preislich soll sich die Fahrt zwischen einer Taxifahrt und den Preisen des ÖPNV orientieren. Ungefähr 5 bis 10 Euro pro Fahrt zahlen Nutzer derzeit in Hannover, wo der Anbieter schon seit August 2018 aktiv ist. Je mehr Leute mitfahren, desto günstiger wird es.

 

In den kommenden Jahren ist geplant, die Anzahl der Fahrzeuge zu vergrößern. Allerdings stoßen neue Mobilitätskonzepte auch auf Widerstand. So hat das Hamburger Verwaltungsgericht am 24. April entschieden, dass MOIA seine Flotte zunächst nicht wie geplant ausbauen darf.

 

Die Verkehrsbehörde hatte MOIA zu Erprobungszwecken eine Genehmigung für den Betrieb von zunächst 500 Elektro-Kleinbussen bis Ende des kommenden Jahres sowie unter Vorbehalt von 1.000 Fahrzeugen bis Ende 2022 erteilt. Gegen diese Genehmigung hatte ein Taxiunternehmer Widerspruch erhoben und damit zunächst eine aufschiebende Wirkung erreicht, was durch das Hamburger Verwaltungsgericht bestätigt wurde. Die Behörde ordnete deshalb umgehend die sofortige Vollziehung der Genehmigung an. So landete der Fall erneut beim Hamburger Verwaltungsgericht.

 

Das Verwaltungsgericht hatte nun eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Behörde sowie von MOIA und den Interessen des Taxiunternehmers vorzunehmen. Im Rahmen des Eilverfahrens soll es nicht möglich gewesen sein, hinreichend zu klären und rechtlich abschließend zu bewerten, ob die Rechte des Taxiunternehmers aufgrund nachteiliger Auswirkungen des Erprobungsbetriebes von MOIA auf sein Unternehmen verletzt würden. Dennoch entschied das Gericht teilweise zugunsten des Taxiunternehmers. Dabei unterschied es zwischen einem Erprobungsbetrieb von bis zu 200 Fahrzeugen und einem Erprobungsbetrieb von mehr als 200 Fahrzeugen in der Stadt.

 

Entscheidend für die Auswirkungen auf das Taxigewerbe sei nämlich die Anzahl der eingesetzten MOIA-Fahrzeuge im Verhältnis zur Zahl der Hamburger Taxen. Hamburg hat aktuell etwas mehr als 3.000 Taxen. Das Gericht hält einen erheblichen Umsatzrückgang ab rund 200 MOIA-Fahrzeugen für denkbar, weshalb ein Betrieb von 200 Fahrzeugen dem Taxiunternehmer bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zumutbar sei. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wurde deshalb teilweise wiederhergestellt.

 

Bei der Interessenabwägung dürfte von Bedeutung gewesen sein, dass aus Sicht des Gerichts die Genehmigung der Behörde wegen einer unterbliebenen Anhörung des Taxengewerbes im Verwaltungsverfahren möglicherweise rechtswidrig sei. Sollte die Anhörung nachgeholt und die Genehmigung hierdurch rechtmäßig werden, könnte die Interessenabwägung des Gerichts im Eilverfahren anders ausfallen. Möglich ist auch, dass das Oberverwaltungsgericht, bei dem MOIA Beschwerde einlegen möchte, die Frage der Rechtmäßigkeit anders bewertet und/oder seine Interessenabwägung zu einem anderen Ergebnis führt.

 

Bewertung für die Praxis

Bleibt der Beschluss bestehen, dürfte MOIA kaum zu einer ernsthaften Alternative für Bus, Bahn, Taxi oder Auto werden. Gerade zu Stoßzeiten werden schon jetzt viele Fahrten abgelehnt, weil kein freies Fahrzeug verfügbar ist. Um jedoch Fahrgäste dauerhaft anzulocken, müssten Wartezeiten gering sein und die Buchung verlässlich funktionieren.
 

 

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