Das neue Investmentsteuergesetz – eine Zwischenbilanz

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Das neue Investmentsteuergesetz („InvStG”) als notwendige Reaktion auf die Einführung des Kapitalanlagegesetzbuches („KAGB”) ist als steuerliches Weihnachtsgeschenk am 24. Dezember 2013 in Kraft getreten. Die Einzelheiten der nunmehr geltenden Fondsbesteuerung hatten wir bereits in unserer Ausgabe Fonds-Brief Dezember 2013 kurz vorgestellt. Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass das neue Investmentsteuerrecht - im Vergleich zur alten Rechtslage – einen größeren Einfluss auf die steuerliche Produktstrukturierung in der Fondsbranche besitzt; sowohl für Inlands- als auch für Auslandsfonds. Aus diesem Grund möchten wir nach etwas mehr als einem Jahr des Bestehens der aktuellen Investmentbesteuerung ein vorläufiges Resümee ziehen.
 
Positiv ist zunächst hervorzuheben, dass die bisherige steuerliche Privilegierung der „offenen” Fonds nach alter Rechtslage (vornehmlich für Investmentfonds als Sondervermögen oder ausländische Vehikel, wie der luxemburgische FCP oder die SICAV) grundsätzlich beibehalten wird. Zusätzlich sollen diese Begünstigungen durch das neue Gesetz auf sogenannte „Alternative Investmentfonds” („AIF”) ausgedehnt werden. Allerdings kommen nicht alle Fondsvehikel in den Genuss dieser steuerlichen Privilegierung. Zu diesem Zweck differenziert das neue InvStG zwischen Anlagevehikeln (OGAW oder AIF), die als „Investmentfonds” sämtliche Anforderungen des § 1 Abs. 1b InvStG erfüllen und denen, die diese engen Anforderungen nicht erfüllen (sogenannte „Investitionsgesellschaften”). Nur Investmentfonds können von der bisherigen privilegierten Besteuerung profitieren.
 
Die Einführung des gesonderten Anforderungskatalogs gemäß § 1 Abs. 1b InvStG als maßgebliches Abgrenzungskriterium für die weitere Investmentbesteuerung hat den Einfluss des InvStG auf die Strukturierung neuer Fondsvehikel erhöht. Im Gegensatz zur alten Rechtslage, nach der die bevorzugte Besteuerung an den Fondsbegriff im ehemaligen Investmentgesetz (neu: KAGB) anknüpfte, hat der Gesetzgeber nunmehr einen eigenständigen steuerlichen Fondsbegriff etabliert. Eine steuerliche Qualifikation als Investmentfonds setzt zwingend voraus, dass das Vehikel nachstehende Anforderungen erfüllt: Investmentaufsicht, jährliches Rückgaberecht, passive Vermögensverwaltung, Grundsatz der Risikomischung, Investition in abschließend aufgezählte Vermögensgegenstände, Einhalten von Anlagegrenzen, begrenzte Kreditaufnahme sowie entsprechende Anlagebedingungen. Die Formulierung eines eigenständigen Fondsbegriffs bedeutet für die Praxis, dass bei zukünftigen Fondsstrukturierungen neben den aufsichtsrechtlichen Anforderungen (KAGB) stets auch die gesonderten steuerlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1b InvStG geprüft werden müssen, die teilweise über den Vorgaben des Aufsichtsrechts hinausgehen. Nur wenn das Fondsvehikel sowohl die aufsichtsrechtlichen als auch die steuerlichen Kriterien erfüllt, darf der Fonds umgesetzt werden und für sich eine steuerliche Privilegierung beanspruchen.
 
Die eigenständige steuerliche Prüfung kann die Produktstrukturierung im Einzelfall erschweren, denn das KAGB sieht beispielsweise für bestimmte AIF weder eine Risikomischung der getätigten Investitionen noch ein Anteilsrückgaberecht vor. Ebenso können aufsichtsrechtlich sogenannte „Unternehmensbeteiligungen” rechtsformunabhängig ausgestaltet werden, während dieser Begriff nach dem neuen InvStG regelmäßig auf Beteiligungen an Kapitalgesellschaften beschränkt ist. Der Erwerb von Beteiligungen an Personengesellschaften soll grundsätzlich nur noch in Höhe der 20 prozentigen „Schmutzgrenze” zum Kreis der zulässigen Vermögegengegenstände gehören. Diese Einschränkungen treffen vor allem Auslandsfonds, da der Einsatz von Personengesellschaften seit jeher bei internationalen Fondsgestaltungen aufgrund steuerlicher Vorteile von Bedeutung ist. Die steuerlichen Neuregelungen können aber auch Auswirkungen auf bereits bestehende „offene Fonds” haben, wenn beispielsweise ein deutscher Investmentfonds Beteiligungen an einem ausländischen geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft ausländischen Rechts hält. Sollte die steuerliche Privilegierung wegfallen, kommt es zu einem Regimewechsel. Der Investmentfonds wäre in eine Investitionsgesellschaft umzuwandeln, was regelmäßig mit steuerlichen Mehrbelastungen für die späteren Erträge einhergeht.
 
Demgegenüber richtet sich die zukünftige steuerliche Behandlung von „Investitionsgesellschaften“, die die vorstehenden Anforderungen als Investmentfonds nicht erfüllen, worunter vornehmlich die bisherigen „geschlossenen Fonds“ fallen, nach der Rechtsform der Gesellschaft. Sind die Investitionsvehikel in der Rechtsform einer in- oder ausländischen Personengesellschaft errichtet, bestimmen sich die Steuerfolgen nach den allgemeinen Grundsätzen für Personengesellschaften. Das bedeutet, dass diese Gesellschaften auch weiterhin keine eigenen Steuersubjekte sind und die Besteuerung erfolgt nur auf Ebene der Anleger (Einmalbesteuerung). Für diese Gruppe von Investitionsvehikeln haben sich durch die Einführung des neuen Investmentsteuergesetzes keine steuerlichen Änderungen ergeben.
 
Einschneidender und für die steuerliche Strukturierung bedeutender sind die neuen Vorschriften für sogenannte „Kapital-Investitionsgesellschaften“, zu denen nicht nur in- oder ausländische Kapitalgesellschaften, sondern auch deutsche Sondervermögen sowie vergleichbare ausländische Vehikel (zum Beispiel Luxemburgischer FCP) zählen. Folglich können zukünftig beispielsweise Publikums- oder Spezial-Sondervermögen einem weiteren Besteuerungsregime unterliegen, wenn sie die Anforderungen in § 1 Abs. 1b InvStG nicht (länger) erfüllen.
 
Solche inländischen Kapital-Investitionsgesellschaften kommen als eigene Steuersubjekte in keinen Genuss einer Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer, sondern unterliegen grundsätzlich mit sämtlichen Einkünften der unbeschränkten Besteuerung. Darüber hinaus werden auch die Ausschüttungen einer solchen Investitionsgesellschaft an den Anleger regulär besteuert, ebenso wie Gewinne aus der Veräußerung bzw. Rückgabe der Anteile (wirtschaftliche Doppelbesteuerung). Werden die Anteile von den Anlegern im Privatvermögen gehalten, erfolgt die Belastung grundsätzlich mit Abgeltungsteuer (Pauschschalsteuer von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer). Demgegenüber stellt sich die steuerliche Situation für betriebliche Anleger differenzierter dar: Das Schachtelprivileg des § 8b KStG bzw. das Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 EStG wird auf Ausschüttungen nur gewährt, wenn der Fonds einer angemessenen steuerlichen Vorbelastung unterliegt. Ist die Investitionsgesellschaft in einem EU oder EWR-Mitgliedsstaat ansässig, reicht eine Regelbesteuerung des Fonds aus. Ansonsten wird eine Mindestbesteuerung in Höhe von 15 Prozent verlangt. Neben derzeit bestehenden offenen Fragen, wie zum Beispiel eine solche Vorbelastung überhaupt ermittelt werden soll, ergibt sich auch das praktische Problem, wie ein solcher Nachweis geführt werden kann. Vor allem bei Kleinanlegern dürfte es regelmäßig schwer sein, geeignete Nachweise von ihrem Investitionsvehikel zu erhalten. Auf jeden Fall wird dieser Nachweis aufwendig und nicht selten auch kostspielig sein.
 
Profitieren können unter Umständen inländische institutionelle Anleger bei Beteiligungen an ausländischen Kapital-Investitionsgesellschaften. Sie können den Nachweis einer Vorbelastung auf Fondsebene vermeiden, falls das Vehikel in einem Staat ansässig ist, mit dem Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Freistellung ausländischer Schachteldividenden vereinbart hat. Allerdings sehen die meisten deutschen Abkommen in solchen Fällen eine Mindestbeteiligung von 10 Prozent bzw. 25 Prozent vor. Bei neueren Abkommen wird die Steuerfreiheit zunehmend an bestimmte unschädliche Tätigkeiten des Auslandsvehikels geknüpft (sogenannte Aktivitätsvorbehalte), so dass das Thema der Vorbelastung weiterhin Bedeutung haben wird.
 
Bei ausländischen Investitionsvehikeln, die regelmäßig in ihrem Sitzstaat einer Steuerbefreiung unterliegen, sind zukünftig erschwerend auch die Regelungen der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung zu beachten. Da die Hinzurechnungsbesteuerung nach der neuen Rechtslage grundsätzlich nur auf Investmentfonds keine Anwendung finden soll, müssen deutsche Anleger mit Beteiligungen an Kapital-Investitionsgesellschaften im Ausland das Außensteuergesetz beachten. Neben den bekannten Nachteilen, dass bei schädlichen Einkünften des Investitionsvehikels keine Gewinnthesaurierung mehr denkbar ist oder den erhöhten Informations- und Nachweispflichten gegenüber den deutschen Steuerbehörden, kann es bei späteren Ausschüttungen unter Umständen zu einer „Überbesteuerung“ kommen. Eine solche kann eintreten, wenn Ausschüttungen, die bereits vor sieben Jahren der Hinzurechnungsbesteuerung unterlegen haben, beschlossen werden. Derzeit ist noch unklar, ob das neue InvStG eine solche Überbesteuerung vermeiden möchte. Aufgrund bestehender Zweifelsfragen kann das Außensteuergesetz zu erheblichen Steuernachteilen für Anleger von Auslandsfonds führen.
 
Als vorläufiges Fazit bleibt positiv festzuhalten, dass das neue Investmentsteuergesetz für Investmentfonds unverändert die privilegierte Besteuerung vorsieht. Gleichwohl sind die Anforderungen an in- und ausländische Fondsstrukturen durch die Einführung eines eigenständigen steuerlichen Fondsbegriffs erheblich gestiegen. Da einige, vornehmlich auch ausländische, Fondsgesellschaften den Steuerstatus als Investmentfonds nicht erfüllen können, droht ihnen und den Anlegern mit dem neuen Besteuerungsregime für Kapital-Investitionsgesellschaften eine signifikante steuerliche Mehrbelastung. Lediglich für die bekannte Gruppe der „geschlossenen Personengesellschaftsfonds“ ergeben sich im Vergleich zur bisherigen Rechtslage keine Steueränderungen. Abgesehen von diesen steuerlichen Implikationen bedeuten die neuen Vorschriften für alle Fondstypen einen erhöhten Prüfungs-, Beratungs- sowie Strukturierungsaufwand. Dies schließt auch bestehende „offene“ Auslandsfonds ein, die noch nach der alten Rechtslage aufgelegt wurden und für die der investmentsteuerliche Bestandsschutz für „Altfonds“ ausläuft. Das Bundesministerium der Finanzen hat bereits damit begonnen, durch zwischenzeitlich veröffentliche Auslegungsschreiben einige der dringendsten Zweifelsfragen im Zusammenhang mit den neuen Rechtsvorschriften zu beseitigen. Allerdings wird es sicher noch einige Zeit dauern, bis das neue InvStG vollständige rechtssicher angewandt werden kann.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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