Gewerbliche Prägung einer GmbH & Co. GbR?

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Das hessische Finanzgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 3. Juli 2013 (Az. 8-K-2647/06) mit der derzeitig strittigen Frage beschäftigt, ob eine GbR, an der neben einer Kapitalgesellschaft auch natürliche Personen mitbeteiligt sind, Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen kann. Diesem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
 
Bei der Klägerin handelt es sich um eine GbR, dessen Gesellschafter die X-AG und zwei natürliche Personen sind. Die Gesellschaft verfolgt den Zweck des Aufbaus der Verwaltung, Nutzung sowie der laufenden Umschichtung eines Wertpapier-Portfolios. Die X-AG ist zwar an dem Gesellschaftsvermögen der GbR nicht beteiligt, soll jedoch ausschließlich die Geschäfte der Gesellschaft führen. Hinsichtlich der Haftung der GbR wurde im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass ausschließlich die X-AG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft unbeschränkt haften wird. Die Haftung der anderen Gesellschafter für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten sollte auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sein. Ebenso führt der Gesellschaftsvertrag aus, dass die Haftungsbeschränkung gegenüber Dritten durch entsprechende Individualvereinbarungen, die die AG bei allen Rechtsgeschäften mit Dritten vornehmen muss, sichergestellt werden muss.
 
Die Durchführung der Wertpapiergeschäfte erfolgt über Wertpapierverrechnungs- und Depotkonten bei dem beauftragten Kreditinstitut. In einer Zusatzvereinbarung zum Kontovertrag führt das Kreditinstitut aus, dass die vereinbarte Haftungsfreistellung für die beiden natürlichen Mitgesellschafter nur im Zusammenhang mit der Eröffnung des Wertpapierverrechnungs- und des Depotkontos gelte und dass für darüber hinausgehende Verträge die Haftungsfreistellung ausdrücklich ausgeschlossen sei.
 
Die GbR erzielt im Streitjahr Verluste aus Wertpapiergeschäften, die als negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb steuerlich berücksichtigt werden sollen!
 
Das zuständige Finanzamt vertritt jedoch im Rahmen einer durchgeführten Außenprüfung die Ansicht, dass es sich bei der GmbH & Co. GbR um keine sogenannte gewerblich geprägte Personengesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG handelt. Hierbei stützt es sich auf die BGH-Rechtsprechung vom 27. September 1999, nach der die Gesellschafter einer GbR auch dann persönlich für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haften, wenn die GbR die Haftung laut Gesellschaftsvertrag oder durch andere Hinweise „einseitig” beschränkt. Nach Ansicht des BGH sei für eine Haftungsbeschränkung vielmehr eine individuell getroffene Abrede der GbR bei jedem der von ihr abgeschlossenen Verträge erforderlich. Allerdings würde eine solche Individualvereinbarung im Streitfall nicht vorliegen, da die individuelle Haftungsfreistellung der Mitgesellschafter entsprechend der Bescheinigung des Kreditinstituts lediglich im Zusammenhang mit der Eröffnung der entsprechenden Konten gelten soll. Eine im Rahmen des Einspruchsverfahrens nachgereichte Erklärung des Kreditinstituts, nach dem sich die Zusatzvereinbarung zum Kontovertrag nach ergänzender Vertragsauslegung auch auf sämtliche banküblichen Geschäfte (somit insbesondere auch auf die Wertpapierkäufe und –verkäufe) bezieht, wird von der Finanzverwaltung nicht anerkannt.
 
Das Finanzgericht ist der Auslegung des Finanzamts gefolgt. Die erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb der GbR sind zu Recht in vermögensverwaltende Einkünfte aus Kapitalvermögen umqualifiziert, denn die GmbH & Co. GbR erfüllt nicht die Voraussetzungen der gewerblichen Prägung. Der erkennende Senat schließt sich der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur an, dass sich das Tatbestandsmerkmal für eine gewerbliche Prägung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG typisierend an die gesellschaftsrechtliche Stellung des Gesellschafters orientiert. Bei einer – wie im Streitfall vorliegenden – GbR kann die persönliche Haftung der Gesellschafter gesellschaftsrechtlich nicht ausgeschlossen werden. Ein Haftungsausschluss kann nur aufgrund einer individuellen Haftungsvereinbarung mit Zustimmung des einzelnen Vertragspartners erfolgen und wirkt allein für den betreffenden Vertragsabschluss. Allerdings wird die Rechtstellung als persönlich haftender Gesellschafter der GbR hierdurch nicht berührt. Diese Auslegung des Finanzgerichts führt dazu, dass für die steuerliche Qualifikation der (abstrakte) gesellschaftsrechtliche Typus der GbR entscheidend ist. Der individual rechtlich vereinbarte Haftungsausschluss ist ebenso wie die Zusatzvereinbarung zu den Konten bei dem Kreditinstitut sowie die nachgereichte Bescheinigung desselben für die steuerliche Beurteilung ohne Bedeutung.
 
Darüber hinaus bestätigt das Finanzgericht die herrschende Rechtsprechung, nach der die Verwaltung eines Wertpapier-Portfolios keine originäre gewerbliche Tätigkeit darstellt, da die Tätigkeit der GbR nicht dem Bild eines „Wertpapierhandelsunternehmens” entspricht. Der Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung wird nicht überschritten.
 
Die Revision bei dem Bundesfinanzhof wird zugelassen, da es derzeit noch keine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage gibt, ob eine GmbH & Co. GbR die Voraussetzung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft erfüllt, wenn neben der persönlich haftenden Kapitalgesellschaft auch natürliche Personen Gesellschafter der GbR sind.
 
Das hessische Finanzgericht schließt sich mit dieser Entscheidung anderen FG-Entscheidungen an, nach denen individual- bzw. formularvertragliche Haftungsbeschränkungen für die steuerliche Beurteilung einer gewerblichen Prägung keine Bedeutung haben. Allerdings ist diese steuerliche Beurteilung derzeit weiterhin strittig, so dass eine endgültige Entscheidung durch den BFH Rechtssicherheit geben sollte. Derzeit bestehende GmbH & Co. GbR‘s, die bisher als gewerblich geprägt beurteilt wurden, beispielsweise im Immobilienbereich oder bei Investment-Clubs, sollten ihre Firmierung angesichts des vorstehenden Urteils überprüfen, zumal die vom BMF geschaffenen Vertrauensschutzregelungen keine Anwendung mehr finden dürften.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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