BFH bestätigt Vertrauensschutz bei Änderung der Rechtsprechung

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Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 25. April 2013 (Az. V R 2/13) zum Vertrauensschutz bei Änderung der Rechtsprechung Stellung genommen. Im vorliegenden Fall ging es um eine Betriebsprüfung, welche erst im Jahr 2004 einen fehlerhaften Umsatzsteuerausweis aufdeckte, der sich auf die Jahre 1993 bis 1997 bezog.
 
Eine GmbH hatte in diesem Zeitraum Rechnungen für den Verkauf von Zeitschriften, denen CDs beigefügt waren, erstellt und für diese den Regelsteuersatz angewandt. Nach Auffassung der Betriebsprüfung waren diese zugrunde liegenden Lieferungen jedoch dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Die GmbH korrigierte daraufhin im September des Jahres 2004 die Rechnungen.
 
In Folge dessen war weniger Umsatzsteuer zu zahlen, gleichzeitig hatte jedoch der Empfänger der Zeitschriften zu viel Vorsteuer in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen zum Ansatz gebracht und nach Ansicht des Finanzamtes (Beklagter und Revisionskläger) den Vorsteuerabzug für das Jahr der Rechnungskorrektur zu berichtigen. Daher änderte das Finanzamt im November 2009 den für das Streitjahr 2004 ergangenen Umsatzsteuerbescheid gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO). Eine Änderung der Vorsteuerbeträge in den Jahren des Leistungsbezugs, d.h. von 1993 bis 1997, erfolgte nicht. Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.
 
Die im Anschluss eingereichte Klage vor dem Finanzgericht war jedoch zunächst erfolgreich.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Anwendung des Regelsteuersatzes ein unrichtiger Steuerausweis im Sinne des in den Jahren 1993 bis 1997 anzuwendenden § 14 Absatz 2 Umsatzsteuergesetzes (UStG) vorläge und die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehbar sei. Das Finanzgericht verwies auf ein Urteil des BFH vom 2. April 1998 (Az. V R 34/97): Nach der unionsrechtlich gebotenen Änderung der Rechtsprechung durch das genannte Urteil sei der Empfänger der Leistung in Höhe des unrichtigen Steuerausweises nicht (mehr) berechtigt Vorsteuer abzuziehen, so dass eine Rechnungsberichtigung für den Vorsteuerabzug rechtlich keine Bedeutung mehr habe.
 
Vor dieser Rechtsprechung (also in den Jahren 1993 bis 1997) war der Empfänger auch bei unrichtigem Steuerausweis zum Vorsteuerabzug berechtigt und hatte erst bei einer Rechnungskorrektur den Vorsteuerabzug zu berichtigen. Insofern stellte sich die Frage, ob für die Jahre 1993 bis 1997 das BFH Urteil aus dem Jahr 1998 oder die alte Rechtsprechung anzuwenden sei.
 
Im Rahmen der Verhandlung vertrat das Finanzamt darüber hinaus die Auffassung, dass auch geprüft werden müsse, ob für die zugrunde liegenden Steuerbescheide der Jahre 1993 bis 1997 beim Empfänger die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen und somit eine Änderung der Bescheide gar nicht mehr zulässig sei.
Der dem BFH vorgelegte Sachverhalt wurde zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden. Der BFH führt in seinem am 4. September 2013 veröffentlichten Urteil zur Begründung aus, dass nach § 176 Absatz 1 Nr. 3 AO bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides nicht berücksichtigt werden dürfe, dass sich die Rechtsprechung des obersten Gerichtshofes geändert habe, die zum Zeitpunkt der bisherigen Steuerfestsetzung anzuwenden sei. Somit sei der Steuerpflichtige so zu stellen, wie er gestanden hätte, wenn sich die Rechtsprechung nicht geändert hätte.
 
Während die unrichtig ausgewiesene Vorsteuer mittlerweile aufgrund der zwischenzeitlichen Änderungen der Gesetze nicht mehr abziehbar ist, war nach der für den Zeitraum 1993 bis 1997 geltenden Gesetzeslage die unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehbar und erst im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung für den Besteuerungszeitpunkt zu korrigieren.
 
Entscheidend für die Festsetzungsverjährung ist nach Ansicht des BFH, ob im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Urteils, also im Jahr 1998, eine Änderung der Bescheide grundsätzlich noch möglich und das Finanzamt lediglich aufgrund der Vertrauensschutzregelung des § 176 AO an der Änderung gehindert gewesen sei. Im vorliegenden Fall war im Jahr 1998 für keines der Jahre der Rechnungsstellung die Festsetzungsfrist abgelaufen, so dass die Bescheide noch änderbar waren.

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Meike Munderloh

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