Das BaFin-Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB

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Von Dr. Dietrich Wagner, Rödl & Partner Hamburg
 
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat am 24. Mai 2013 ihren Final Report Guidelines on key concepts of the AIFMD veröffentlicht, in dem abschließend die Begriffsmerkmale eines „alternativen Investmentfonds (AIF)” im Sinne der AIFM-Richtlinie erläutert werden. Auf dieser Grundlage hat die BaFin am 14. Juni 2013 ein Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des „Investmentvermögens” veröffentlicht. In diesem Schreiben werden die im BaFin-Konsultationspapier vom 28. März 2013 aufgestellten Auslegungskriterien im Wesentlichen beibehalten (vgl. Fonds-Brief vom 3. April 2013 und Fonds-Brief direkt vom 24. April 2013). Hinsichtlich einiger Aspekte hat jedoch die Behörde diese Kriterien fortentwickelt, und zum Teil finden sich Abweichungen gegenüber den früheren BaFin-Ausführungen.
 
Der den Anwendungsbereich des KAGB eröffnende Oberbegriff „Investmentvermögen” beinhaltet unter anderem eine „gemeinsame Anlage”. Dieses Begriffsmerkmal ist der BaFin zufolge erfüllt, wenn sowohl eine Gewinn- als auch eine Verlustbeteiligung der Anleger vorliegen. Ansprüche auf Rückzahlung eines Darlehens und sonstige unbedingte Rückzahlungsansprüche stellen mangels Verlustbeteiligung grundsätzlich keine „gemeinsame Anlage” und damit kein „Investmentvermögen” im Sinne des KAGB dar. Über ihre früheren Ausführungen im Konsultationspapier hinaus, stellt nun die BaFin im Auslegungsschreiben klar, dass der Anwendungsbereich des KAGB auch dann nicht eröffnet ist, wenn der Anleger einen qualifizierten Rangrücktritt vereinbart hat. Denn aufgrund der Rangrücktrittsvereinbarung verzichte der Anleger le­diglich für den Zeitraum einer Insolvenzgefahr auf die Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Kapitals. Solange diese Gefahr nicht gegeben sei, habe er aber einen Rückzahlungsanspruch in voller Höhe.
 
Neue Ausführungen finden sich auch hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals „Einsammlung von Kapital”. An dem hierzu erforderlichen gewerbsmäßigen Anwerben fehlt es laut der BaFin bei „Family Offices”. Hierunter seien allerdings nur echte Verwandtschaftsverhältnisse (nicht „Family & Friends”) zu verstehen und dies auch nur bis zu Cousins und Cousinen ersten Grades. Des Weiteren schreibt die BaFin, dass es „unter bestimmten, engen Voraussetzungen” auch bei sogenannten „Investmentclubs” an der Kapitaleinsammlung fehlen könne, wobei die Behörde unter diesen Clubs nur Vereinigungen von natürlichen Personen (keine Gesellschaften) zur Anlage des Privatvermögens versteht und davon ausgeht, dass kein einziges Mitglied gewerbsmäßig angeworben worden ist.
 
Bemerkenswert ist, dass die BaFin ihre stark kritisierten Ausführungen im Konsultationspapier zur „festgelegten Anlagestrategie” nicht überarbeitet hat. Weiterhin hält sie daran fest, der Unterschied zu einer bloß „allgemeinen Unternehmensstrategie” bestehe beim Investmentvermögen darin, dass die Anlagekriterien genau bestimmt und die Handlungsspielräume des AIFM eingeschränkt sind. Befürchtungen, Marktteilnehmer könnten nun durch die Auflage völlig unbestimmter Blind-Pools der Regulierung entgehen, ist allerdings zu widersprechen. Denn hierzu heißt es in den Guidelines der ESMA: „Leaving full discretion to make investment decisions to the legal person managing an undertaking should not be used as a mean to circumvent the provisions of the AIFMD”.
 
Die meisten Abweichungen gegenüber dem Konsultationspapier finden sich im Auslegungsschreiben bei den Ausführungen zum „operativ tätigen Unternehmen außerhalb des Finanzsektors”, welches kein Investmentvermögen darstellt. Unter Berufung auf die von der ESMA entwickelten Kriterien sollen hierunter nun solche Unternehmen fallen, „die Immobilien entwickeln oder errichten, Güter und Handelswaren produzieren, kaufen, verkaufen, tauschen oder sonstige Dienstleistungen außerhalb des Finanzsektors anbieten”. Dabei soll das Unternehmen auch bei einer Übertragung von Aufgaben auf fremde Dienstleister oder gruppeninterne Gesellschaften seinen operativen Charakter behalten, „solange die unternehmerischen Entscheidungen im laufenden Geschäftsbetrieb bei dem Unternehmen selbst verbleiben”. Ferner sei es unschädlich, wenn ein operatives Unternehmen zusätzlich zu der operativen Tätigkeit noch Investitionen zu Anlagezwecken tätige, solange dies nicht die Haupttätigkeit darstelle.
 
Wie schon im Konsultationspapier, erläutert die BaFin in ihrem Auslegungsschreiben sodann anhand von Beispielsfällen, was unter „operativer Tätigkeit” zu verstehen ist. Für den Immobilienbereich hält sie daran fest, dass Vermietung und Verpachtung keine operativen Tätigkeiten darstellen, Projektentwicklung hingegen schon. Allerdings fehlt es leider an Ausführungen dazu, nach welchen Maßstäben die Qualifizierung erfolgen soll, wenn beides vorliegt – wenn also die Immobilie im Anschluss an die Projektentwicklung nicht sofort verkauft, sondern über einen gewissen Zeitraum vermietet wird. Den allgemeinen Kriterien zufolge wäre danach zu fragen, ob die Haupttätigkeit in der Projektentwicklung zu sehen ist. Bis auf Weiteres bleibt jedoch offen, was für diese Beurteilung entscheidend sein soll (beispielsweise Dauer oder Umsatzerlöse der Vermietung, Vergleich des tatsächlichen Arbeitsaufwandes etc.). Und wie verhält es sich bei einer Mehrzahl von Immobilien, die teils selbst bewirtschaftet und teils verpachtet werden? Ist also bspw. ein Verhältnis von 60:40 zwischen Eigenbewirtschaftung und Verpachtung unschädlich für den Erhalt des operativen Charakters? Und auch hier gilt: Woran soll dieses Verhältnis festzumachen sein? Wegen der Praxisrelevanz dieser Fragen wäre es wünschenswert, wenn die BaFin hierzu bald Stellung bezöge.
 
Außerdem ist die Kehrtwende bemerkenswert, welche die BaFin für die Beurteilung von Time-Charter im Schifffahrtsbereich vollzieht. Entgegen der im Konsultationspapier bezogenen Position, soll bei einem Time-Charter der Vercharterer nun doch als operativ tätig anzusehen sein. Dies hat in der Fondsbranche zu der Vermutung geführt, Schifffonds seien grundsätzlich nicht vom KAGB erfasst.
 
Abschließend ist anzumerken, dass sich zwar nicht im Auslegungsschreiben der BaFin, jedoch in den ESMA-Guidelines der interessante Hinweis findet, ein alternativer Investmentfonds könne unter Umständen auch dann anzunehmen sein, wenn einzelne oder gar alle Begriffsmerkmale nicht erfüllt sind. Dies soll offensichtlich der Finanzaufsicht die Möglichkeit zum Einschreiten bei bestimmten Sachverhalten der Gesetzesumgehung eröffnen. Umso wichtiger ist es, Zweifelsfragen im Hinblick auf den Anwendungsbereich des KAGB von der BaFin verbindlich klären zu lassen. Hierzu schreibt die Behörde, dass sie entsprechende Anfragen ab dem Inkrafttreten des KAGB am 22. Juli 2013 bearbeiten wird. Anfragen von Rechtsanwälten und sonstigen Beratern würden nur bei Offenlegung des Mandanten bearbeitet. Außerdem müsse der Anfragende ein konkretes Vorhaben schildern und seine eigene Rechtsauffassung in rechtlich nachvollziehbarer Weise darlegen und begründen.

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