Autonomes Fahren – Wann kommt die Markteinführung?

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​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 2. Januar 2025


Das autonome Fahren steht kurz vor dem Durchbruch. Nach Aussage des Präsidenten des Kraftfahrtbundesamtes ist schon in zwei Jahren mit den ersten Regelgenehmigungen zu rechnen. Kommunen und Verkehrsunternehmen sollten sich daher jetzt mit den Anforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten zum autonomen Fahren beschäftigen. Der Einsatz selbstfahrender Busse und Kleinfahrzeuge im ÖPNV ermöglicht neue Chancen. Zum einen wird mit Kosteneinsparungen von 30 bis 50 Prozent zum Betrieb eines chauffierten Fahrzeugs gerechnet. Dies kann einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt des Verkehrsangebots darstellen. Zum anderen ermöglichen autonome Fahrzeuge eine Erschließung in Zeiten und Räumen, in denen bislang kein oder nur ein sehr unzureichendes ÖPNV-Angebot bestand.​​

Der deutsche Gesetzgeber hat mit der Novelle zum Straßenverkehrsgesetz (StVG) bereits im Jahr 2021 die rechtlichen Voraussetzungen zur Genehmigung von autonomen Fahrzeugen geschaffen. Deutschland ist damit das erste Land, das über einen Rechtsrahmen für den Regeleinsatz autonomer Fahrzeuge verfügt. In Deutschland bestehen derzeit etwa 20 Modellprojekte zum autonomen Fahren im ÖPNV. In Nordamerika und Asien hingegen erfolgt sogar bereits eine gewerbliche Beförderung durch Robotaxis. Was sind die Gründe und warum stehen wir in Deutschland nun vor dem Marktdurchbruch?

Dieser Artikel wirft ein Licht auf die aktuelle Markt-Situation und beantwortet gleichzeitig die Frage, wann der beste Zeitpunkt ist, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen – nämlich jetzt.

Gibt es autonome Fahrzeuge im Einsatz?

Seit 2021 das StVG für den Betrieb autonomer Fahrzeuge geöffnet wurde und 2022 die Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs-und-Betriebs-Verordnung (AFGBV) die detaillierten Anforderungen geregelt hat, ist es in Deutschland möglich, autonome Fahrzeuge einzusetzen.

Bisher (Stand Dezember 2024) gibt es jedoch kein Fahrzeug, das über eine Betriebserlaubnis als „autonomes Fahrzeug” verfügt. Ebenso gibt es bisher keinen genehmigten Betriebsbereich. Im Einsatz befinden sich zur Zeit lediglich Fahrzeuge, die über eine sogenannte Erprobungsgenehmigung verfügen. Auch die Erprobungsgenehmigung ist Bestandteil des neues Rechtsrahmens und kann als Meilenstein, jedoch noch nicht als Ziel bezeichnet werden. 

Damit existieren bereits Fahrzeuge, die technologisch sehr nahe am Ziel der Regel-Genehmigung (Betriebserlaubnis + Betriebsbereichsgenehmigung) sind, ohne dieses Ziel jedoch bisher erreicht zu haben. 

Hersteller, die nun über Erfahrung mit der Erprobungsgenehmigung verfügen und deren Fahrzeuge während der Erprobung ihre Leistungsfähigkeit gezeigt haben, werden zeitnah die Regelgenehmigung anstreben, da erst Fahrzeuge mit Regelgenehmigung interessant für den Markt sind. Fahrzeuge mit Erprobungsgenehmigung dürfen nur zur technischen Erprobung, aber nicht zur gewerblichen Personen- oder Güterbeförderung eingesetzt werden.

Wann sollte sich mit der Thematik auseinandergesetzt werden und was ist zu beachten?

Die klare Antwort ist: Jetzt!

Denn jetzt besteht die Möglichkeit, auf die Hersteller zuzugehen und ihre Wünsche hinsichtlich Einsatzzweck und Fähigkeiten (und somit der zukünftigen ODD der Fahrzeuge) zu formulieren. Und dies in einer Phase, in der die Hersteller mit der Konkretisierung ihres Angebotes befasst sind und die Regelgenehmigung vorbereiten. Gleichzeitig ist bei der Beschaffung autonomer Fahrzeuge ein anderer Ansatz gefragt als bei der Beschaffung konventioneller Fahrzeuge. Dies haben diverse gescheiterte Ausschreibungen in der Vergangenheit gezeigt.

Der Markt besteht vereinfacht zusammengefasst derzeit sowohl aus großen (etablierten) Herstellern, die aus der Welt der konventionellen Fahrzeuge kommen, als auch aus (neuen/kleinen) Herstellern, die ihren Ursprung in der Welt der Software- bzw. KI-Entwicklung haben. Während die etablierten Fahrzeughersteller den (längeren) Weg einer ganzheitlichen Fahrzeugentwicklung aus Fahrzeug und Software gehen, haben sich einige neue/kleine Hersteller darauf spezialisiert, ihre Software und entsprechende Sensorik für autonomes Fahren in bereits bestehende Fahrzeugmodelle einzubauen, sodass sie keine Zeit für die Entwicklung eines eigenen Fahrzeuges verlieren.

Die Hersteller sind unterschiedlich weit in der Entwicklung ihrer Fahrzeuge und keines kann heute gekauft und morgen ausgeliefert werden. Aus dieser Situation des Angebotemangels ergeben sich Implikationen, wie an eine Fahrzeugbeschaffung heranzugehen ist.

Die Erstellung eines Lastenheftes ist sinnvoll, um die eigenen Anforderungen abzubilden. Hier sollte jedoch eine gewisse Flexibilität an den Tag gelegt und danach differenziert werden, welche Punkte zwingend für erforderlich erachtet werden („must have”) und welche zwar wünschenswert aber nicht notwendig sind („nice to have”). 

Sodann ist es ratsam, zunächst mit einer Markterkundung zu beginnen, um sich die Leistungsfähigkeit des Marktes vor Augen zu führen und sich ein Bild davon zu machen, welche Bedingungen von den Herstellern bei einer Ausschreibung erfüllt werden können und welche nicht. Es ist gefährlich, direkt mit einer Ausschreibung zu starten und dort Maximalforderungen zu stellen, die von dem jungen Markt mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erfüllt werden können und zu einem Scheitern der Ausschreibung und damit einem mehrmonatigem Zeitverlust führen. Da eine Markterkundung unverbindlich ist, bietet es sich an, auch einen Blick „​über den Tellerrand” zu wagen und Marktteilnehmer, die neu/klein sind, einzubeziehen. 

Darüber hinaus sollte sich auch über die Wahl des richtigen Vergabeverfahrens Gedanken gemacht werden. Insbesondere junge Marktteilnehmer verfügen ggf. noch nicht über ausreichend Erfahrung, um ein starres Vergabeverfahren fehlerfrei zu überstehen. Verhandlungsverfahren können dort eine zwar länger dauernde aber flexiblere Alternative sein, um das passendste Angebot für das jeweilige Projekt zu erhalten. ​

Exkurs zum autonomen Fahren 

1. Was zeichnet autonome Fahrzeuge aus?

  • Als „autonom”​ gelten Fahrzeuge, die dem SAE-Level 4 entsprechen und die Anforderungen des StVG erfüllen.
  • Entsprechende Fahrzeuge benötigen innerhalb eines für sie genehmigten Betriebsbereichs keinen Fahrzeugführer, sondern erfüllen die Fahraufgabe selbstständig.
  • In Ausnahmesituationen hält das Fahrzeug an und schlägt Fahrmanöver zur Fortsetzung der Fahrt vor, die von einer Technischen Aufsicht in einer Leitstelle freigegeben werden.
  • Die Technische Aufsicht überwacht das Fahrzeug nicht permanent und kann es nicht fernsteuern.

​2. Wie kommen autonome Fahrzeuge auf die Straße?

  • Der Fahrzeughersteller stellt Fahrzeuge für definierte Einsatzzwecke her und stattet diese mit bestimmten Fähigkeiten aus. 
  • Einsatzzwecke und Fähigkeiten werden als „Operational Design Domain” (ODD) bezeichnet und sind z. B. – der Transport von Personen/Gütern
    – in bestimmten Umgebungen (Autobahn/Innenstadt usw.)
    – zu bestimmten (Verkehrs-/Witterungs-)Bedingungen.

  • Möchte der Fahrzeughalter das Fahrzeug autonom einsetzen, muss er einen sogenannten Betriebsbereichs beantragen. Die Komplexität des Betriebsbereich darf die mit der Fahrzeug-ODD feststehenden Fahrzeugfähigkeiten nicht übersteigen.​


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