Rechtliche Herausforderungen der kommunalen und staatlichen Pressearbeit – Ein Überblick (Teil 2)

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veröffentlicht am 1. April 2025

​Willkommen zum zweiten Teil unserer Reihe über die rechtlichen Herausforderungen der kommunalen und staatlichen Pressearbeit. Im ersten Teil​ haben wir uns mit dem Gebot der Staatsferne der Presse und den Äußerungsbefugnissen von Hoheitsträgern auseinandergesetzt. Dabei haben wir dargestellt, wie wichtig es ist, dass Kommunen und Landkreise ihre Informations- und Öffentlichkeitsarbeit im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben gestalten, um die Unabhängigkeit der Presse zu wahren.

​In diesem zweiten Teil widmen wir uns nun den medienrechtlichen Informationsansprüchen gegen Behörden und den Zugangsansprüchen nach den Informationsfreiheitsgesetzen. Im Mittelpunkt steht, welche Rechte und Pflichten Behörden gegenüber der Presse und dem Rundfunk haben und wie sie den Spagat zwischen Informationsfreiheit und Datenschutz meistern können.

Medienrechtliche Informationsansprüche gegen Behörden

​Landkreise, Kommunen wie auch sonstige Behörden sehen sich medienrechtlichen Informationsansprüchen der Presse und des Rundfunks ausgesetzt. Doch welche Informationsansprüche stehen den Vertretern von Presse und Rundfunk tatsächlich zu? Wer ist auskunftsverpflichtet und welche Informationen muss eine Behörde erteilen? 

Informationsanspruch der Presse (z. B. § 4 Landespressegesetz Baden-Württemberg)


Sämtliche Pressegesetze der Länder sehen einen Informationsanspruch der Presse vor. Der Informationsanspruch ergibt sich aus dem Grundrecht der Pressefreiheit. Die landesrechtlichen Vorschriften unterscheiden sich in Details. 

Der Anspruch steht nach dem Wortlaut der Vorschrift in Baden-Württemberg „den Vertretern der Presse” zu. Wer dies konkret ist, wird im Gesetz nicht näher definiert. Gemeint sind alle Personen, die an der inhaltlichen Erstellung von Presseerzeugnissen beteiligt sind. Der Anspruch steht somit insbesondere Verlegern, Herausgebern, Redakteuren und auch freien Journalisten zu. Dies gilt auch in anderen Bundesländern, auch wenn sich die Formulierungen der Pressegesetze im Detail unterscheiden. Eine deutlich abweichende Formulierung gibt es lediglich in Bayern: Hier steht der Anspruch zwar ebenso der Presse zu. Er kann aber nach dem Gesetzeswortlaut „nur durch Redakteure oder andere von ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter von Zeitungen oder Zeitschriften” ausgeübt werden. 

Auskunftsverpflichtet sind Behörden. Da es sich um eine landesrechtliche Norm handelt, erfasst der landesgesetzliche Anspruch nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht Bundesbehörden. Ihnen gegenüber besteht nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (z. B. Urteil v. 22.2.2013 – 6 A 2/12) ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch. Dieser entspricht inhaltlich den landesrechtlich geregelten Informationsansprüchen. 

Was unter Behörde zu verstehen ist, definieren die Landespressegesetze nicht. Es ist von einem funktionalen Behördenbegriff auszugehen. Gemeint ist damit jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, ganz gleich ob es sich um Stellen der Exekutive, der Legislative oder der Judikative handelt. Umfasst sind daher auch Verwaltungsaufgaben erfüllende kommunale Stellen, auch wenn diese privatrechtlich organisiert sind, wie etwa Versorgungsbetriebe. 

Der Auskunftsanspruch bezieht sich nur auf konkrete Tatsachen. Kein Anspruch besteht auf Bewertungen durch die Behörde oder auf rechtliche Stellungnahmen. Auch sind Auskünfte nur hinsichtlich bei der Behörde vorhandener Informationen zu erteilen. Es besteht kein Anspruch gegen die Behörde, dass diese die begehrten Informationen zunächst erst noch beschafft. 

Die Pressegesetze schreiben für die Auskunft keine bestimmte Form vor. Die Auskunft kann daher in jeder Form, schriftlich, per E-Mail, mündlich, telefonisch etc.  erfolgen. Allerdings muss die Form sachgerecht sein. Umfangreiche Zahlenwerke dem Journalisten telefonisch mitzuteilen, würde den Informationsanspruch nicht erfüllen. Andererseits gewährt das Presserecht – anders als die Informationsfreiheitsgesetze – grds. keinen Anspruch auf Akteneinsicht. 

Zur Auskunft sind Behörden aber nur verpflichtet, soweit kein Auskunftsverweigerungsrecht besteht. Auch insoweit bestehen zwischen den Regelungen in den einzelnen Bundesländern Unterschiede. In den meisten Bundesländern können Auskünfte verweigert werden, wenn

  1. hierdurch die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder
  2. Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder
  3. ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder
  4. ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet.

Wann nun aber konkret das „zumutbare Maß” überschritten ist oder ein überwiegendes öffentliches Interesse verletzt wird, lässt sich nicht schematisch beantworten. Es bedarf einer Prüfung jeder einzelnen Anfrage und der Umstände des Einzelfalls, ob der Behörde ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht.

Kosten dürfen die Behörden mangels einer speziellen gesetzlichen Ermächtigungsnorm für die Auskunft nicht erheben. Auch soweit mit der Auskunft ein erheblicher Aufwand verbunden ist, muss die Behörde ihre eigenen Aufwendungen tragen. 

§ 5 Medienstaatsvertrag (MStV)


Für Rundfunkveranstalter – sowohl öffentlich-rechtliche als auch private – ergibt sich der Informationsanspruch aus § 5 Abs. 1 Satz 1 MStV. Dieser Anspruch steht Hörfunk- und Fernsehveranstaltern zu. Anspruchsberechtigt sind ferner alle Anbieter von Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten (§ 18 Abs. 4 i. V. m. § 5 Abs. 1 MStV). Hier ergeben sich in vielen Fällen Abgrenzungsschwierigkeiten, insbesondere stellt sich beispielsweise bei Blogbetreibern die Frage, ob die Inhalte des jeweiligen Blogs journalistisch-redaktionell gestaltet sind.

Im Übrigen sind der Anspruch und die Verweigerungsgründe parallel zu den presserechtlichen Informationsansprüchen ausgestaltet. Insofern kann auf die obigen Ausführungen zum presserechtlichen Anspruch verwiesen werden.

Zugangsansprüche nach Informationsfreiheitsgesetzen (IFG/LIFG)

​Ein anders gestalteter Anspruch auf Informationszugang ergibt sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes und den Informationsfreiheitsgesetzen der Länder. Aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG ergibt sich ein Anspruch auf Informationszugang für jedermann. Es handelt sich somit nicht um einen presse- oder medienrechtlichen Auskunftsanspruch. Berechtigt ist vielmehr jeder. Gerichtlich ist noch nicht vollständig geklärt, ob neben öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und ggf. Kirchen auch andere juristische Personen des öffentlichen Rechts den Anspruch geltend machen können. In der Praxis bedeutsam ist, dass speziellere Regelungen zum Informationszugang in anderen Gesetzen, z. B. Umweltinformationsgesetz, dem IFG vorgehen (§ 1 Abs. 3 IFG).

Verpflichtet sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG die Behörden des Bundes. Aus den landesrechtlichen Regelungen ergibt sich eine entsprechende Verpflichtung der Landesbehörden, der Landkreise, Gemeinden und Gemeindeverbände etc. (z. B. § 2 Abs. 1 LIFG BW). 

Die Information muss unverzüglich gewährt werden, nach Möglichkeit binnen eines Monats. Die der Behörde eingeräumte mögliche Reaktionszeit ist mithin i. d. R. länger als bei presserechtlichen Auskunftsansprüchen. Dies gilt insbesondere, wenn ein Drittbeteiligtenverfahren durchzuführen ist, z. B. weil Zugang zu personenbezogenen Daten oder urheberrechtlich geschützten Werken begehrt wird.

Der Anspruch richtet sich nicht auf Auskunft, sondern die Behörde hat Zugang zu bei ihr vorhandenen schriftlichen Aufzeichnungen zu gewähren. Anders als der presserechtliche Informationsanspruch, der die Behörde zur Auskunft auch über unverkörpertes Wissen verpflichtet, gewährt das IFG/LIFG Zugang nur zu verkörperten Aufzeichnungen. Liegt keine verkörperte Auszeichnung vor, greift der Anspruch nicht ein. 

§§ 3-6 IFG sehen Ausnahmen von dem Informationszugangsanspruch vor. Bei deren Vorliegen besteht der Anspruch nicht. Der begehrte Informationszugang darf dann nicht gewährt werden (§ 4 IFG enthält insoweit eine Soll-Vorschrift). Dies ist unter anderem bei Überwiegen öffentlicher Belange, dem Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses, dem Schutz personenbezogener Daten und dem Schutz von Geschäfts-/Betriebsgeheimnissen und des geistigen Eigentums der Fall.

Im Gegensatz zu den presserechtlichen Auskunftsansprüchen sieht das Gesetz vor, dass die Behörde für die Erteilung der Information Gebühren erheben darf, deren Höhe sich beim Bund aus der Informationsgebührenverordnung ergibt. Entsprechende Regelungen bestehen bei den Ländern und Gemeinden. 

Fazit

Wie wir bereits im ersten Teil dieses Überblicks dargestellt haben, ist die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Kommunen, Landkreise und sonstige Behörden von großer Bedeutung. Die Balance zwischen der notwendigen Informationsarbeit und der Wahrung der Staatsferne der Presse erfordert ein hohes Maß an Sensibilität und rechtlichem Verständnis. Die Rechtsprechung zu diesen Themen verdeutlicht deren Komplexität und die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung im Einzelfall.

Die medienrechtlichen Informationsansprüche stellen eine zentrale Herausforderung für Landkreise, Kommunen und sonstige Behörden dar. Die gesetzlichen Regelungen und die umfangreiche Rechtsprechung verdeutlichen, dass die Balance zwischen Transparenz und schutzwürdigen Interessen sorgfältig gewahrt werden muss. 

Für alle Behörden, Kommunen und Landkreise ist es daher unerlässlich, sich kontinuierlich über die aktuelle Rechtsprechung und gesetzliche Entwicklungen zu informieren, um rechtliche Risiken zu minimieren und eine rechtssichere Öffentlichkeitsarbeit zu gewährleisten. Nur so kann das Vertrauen der Bürger in die Neutralität und Objektivität der kommunalen Informationsarbeit gestärkt werden.

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