Energetische Sanierung, Erhaltungsaufwand oder Herstellungskosten?

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veröffentlicht am 1. April 2025


Bis spätestens 2045 muss Deutschland klimaneutral werden! So sieht es das ambitionierte Klimaschutzgesetz des Bundes vor. Dieses Gesetz beinhaltet auch die Verpflichtung, den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral zu sanieren.

In diesem Zusammenhang werden viele Unternehmen sowie der öffentliche Sektor in den zukünftigen Jahren mit der energetischen Sanierung ihrer Immobilien konfrontiert. Hierbei stellt sich nun die Frage, wie mit den Sanierungsmaßnahmen buchhalterisch umzugehen ist. Sind diese als Herstellungskosten zu aktivieren oder handelt es sich dabei um Erhaltungsaufwand?
Bisher handelte man hier stets nach dem Prinzip, dass Aufwendungen grundsätzlich nur dann als Herstellungskosten zu aktivieren sind, wenn sie zur Herstellung, der Erweiterung oder zu einer wesentlichen Verbesserung eines Vermögensgegenstandes dienen (§ 255 Abs. 2 HGB).

Für Maßnahmen, die sich ausschließlich auf die energetische Sanierung von Gebäuden beziehen, gab es bisher keine konkreten Vorgaben. Aus diesem Grund hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) im November 2024 eine Stellungnahme hierzu abgegeben:

Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten
bei Gebäuden 
in der 
Handelsbilanz (IDW ERS IFA 1 n.F.)

Diese ersetzt die bisherige Stellungnahme aus dem Jahr 2013 und betrifft sowohl Wohn- als auch Gewerbeimmobilien. Sie ist erstmals auf Abschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2025 beginnen. Eine frühere Anwendung ist jedoch auch zulässig. Die Neufassung präzisiert, wie Maßnahmen zur energetischen Sanierung von Gebäuden bilanziell einzuordnen sind.

Auch hier gilt es zunächst einmal zu prüfen, ob es sich bei der Sanierungsmaßnahme um eine Herstellung, eine Erweiterung oder um eine wesentliche Verbesserung des Vermögensgegenstandes handelt.

Dabei kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass bei einer energetischen Sanierung keine Herstellung vorliegt. Dies wäre nur der Fall, wenn wesentliche Bestandteile so stark abgenutzt oder beschädigt sind, dass das Gebäude nicht mehr nutzbar ist (Vollverschleiß) und diese ersetzt werden.

Eine Erweiterung liegt hingegen vor, wenn ein Gebäude durch bauliche Maßnahmen in seiner Substanz vermehrt wird, etwa durch eine Aufstockung, einen Anbau oder die Vergrößerung der Nutzfläche. Auch der nachträgliche Einbau neuer Bestandteile mit bisher nicht vorhandenen Funktionen, wie z. B. eine zentrale Lüftungsanlage, zählt dazu.

In Bezug auf die energetische Sanierung ist hier die Installation einer Photovoltaikanlage als Beispiel zu nennen. Hierbei gilt es zunächst einmal zu prüfen, ob die Photovoltaikanlage als Erweiterung des Gebäudes zu bewerten ist.

Ob es sich um eine Erweiterung eines Gebäudes handelt, muss unter Berücksichtigung bestimmter Umstände im Einzelfall beurteilt werden. Für eine Erweiterung spricht, wenn die Photovoltaikanlage in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude steht. Von diesem Zusammenhang wird gesprochen, wenn zum einen der erzeugte Strom überwiegend im Gebäude verbraucht wird oder die Installation rechtlich vorgeschrieben ist.

Als dritte und letzte Alternative zur Einordnung als Herstellungskosten besteht noch die Möglichkeit der wesentlichen Verbesserung. Eine wesentliche Verbesserung ist dann gegeben, wenn die baulichen Maßnahmen die Nutzungsdauer eines Gebäudes deutlich verlängern oder die Qualität über eine zeitgemäße Erneuerung hinaus anheben. Bei diesen beiden Möglichkeiten zur wesentlichen Verbesserung gilt es weiterhin darauf zu achten, dass auch im Rahmen der energetischen Sanierung, die Gebäudequalität in mindestens drei zentralen Bereichen der Ausstattung verbessert werden muss, damit eine Maßnahme buchhalterisch als Herstellungskosten und nicht als Instandhaltungsaufwand erfasst werden kann.

Die Zentralbereiche der Gebäudequalität sind dabei wie folgt untergliedert:

  • Wärme- und Energieerzeugung (soweit Gebäudebestandteil)
        • Wärme- und Energieversorgung (zuvor nur Heizung)​
        • Wärme- und Energiespeicherung (zuvor nur Heizung)
  • Sanitärausstattung
  • Elektroinstallation/Informationstechnik
  • Fenster und Wärmedämmung

Neben den bereits erwähnten zwei Möglichkeiten gibt es mit der neugefassten Stellungnahme nun auch eine dritte Möglichkeit zur wesentlichen Verbesserung der Gebäudequalität. Diese findet Anwendung, wenn der Endenergieverbrauch oder -bedarf des Gebäudes um mindestens 30 Prozent gegenüber dem ursprünglichen Zustand reduziert wird. Bei Wohngebäuden entspricht dies einer Verbesserung der Energieeffizienzklasse um mindestens zwei Stufen. Anders als bei den bisher genannten Möglichkeiten der wesentlichen Verbesserung spielt es hier jedoch keine Rolle, ob drei zentrale Ausstattungsbereiche betroffen sind oder nicht. Ein Beispiel für eine energetische Sanierung ist der Austausch einer veralteten Heizungsanlage gegen eine moderne Wärmepumpe in Kombination mit der Installation eines neuen Wärmespeichersystems. Wenn diese Maßnahmen dazu führen, dass der Energieverbrauch des Gebäudes um mehr als 30 Prozent sinkt, gelten diese als wesentliche Verbesserung, auch wenn keine weiteren zentralen Gebäudebestandteile saniert wurden.

Für die kommunale Bilanzierung ist im Einzelfall noch zu prüfen, ob es besondere Bilanzierungsregeln in den jeweiligen Verordnungen gibt, die vorrangig anzuwenden sind.

Mit der Neufassung der Stellungnahme „Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz” hat das Institut der Wirtschaftsprüfer vorerst einmal eine praktikable Grundlage geschaffen, um die häufig auftretenden Fragen zur bilanziellen Behandlung von energetischen Sanierungsmaßnahmen zu klären.

Sollten Sie Fragen zu dieser oder anderen Bilanzierungsfragen haben, sprechen Sie uns gerne an. Unsere erfahrenen Berater und Beraterinnen stehen Ihnen gerne zur Verfügung.

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