Von der Planung zur Umsetzung – Kommunale Strategien für eine erfolgreiche Wärmetransformation

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veröffentlicht am 1. Oktober 2024



Deutschlands Städte und Gemeinden stehen vor einer großen Aufgabe: Die Umgestaltung ihrer lokalen Energieversorgung hin zur Klimaneutralität. Im Zentrum dieser Transformation steht die kommunale Wärmeplanung, die eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Klimaziele spielt. Kommunen müssen jetzt entscheiden, welche nachhaltigen Wärmelösungen –​ sei es Fernwärme, Wärmepumpen oder Wasserstofftechnologien – für ihre spezifischen Gegebenheiten am besten geeignet sind. Diese Entscheidungen werden die Energiezukunft ihrer Bürger auf Jahrzehnte prägen.

Die Herausforderungen für die Kommunalverwaltungen sind vielfältig: Wie kann eine effiziente und zukunftsfähige Wärmeinfrastruktur geschaffen werden? Welche Strategien gibt es für den Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern? Wie lässt sich die Balance zwischen lokaler Versorgungssicherheit und überregionaler Wettbewerbsfähigkeit finden?

Um diese komplexen Fragen zu beantworten, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Stadtwerken und Bürgern unerlässlich. Nur so können maßgeschneiderte, nachhaltige Lösungen entwickelt werden, die den spezifischen Bedürfnissen und Möglichkeiten jeder Kommune gerecht werden.


Neuer gesetzlicher Rahmen erzeugt Handlungsdruck für kommunale Wärmewende​

​​Das Bundesklimaschutzgesetz (KSG) verfolgt ein ambitioniertes Ziel: Bis 2045 soll die Wärmeversorgung in deutschen Gebäuden klimaneutral sein. Der Großteil der Endenergie in Deutschland wird zur Wärmeerzeugung genutzt, doch nur etwa 20 Prozent stammen aus Erneuerbaren Energien.1 Der Gesetzgeber erkennt die dringende Notwendigkeit zur Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung.

Im Vergleich verschiedener Wärmeversorgungsmethoden erweist sich die leitungsgebundene Wärmeversorgung oft als die effizienteste. Der Ausbau von Fernwärmenetzen und die Dekarbonisierung dieser Versorgungssysteme sind zentral für das Erreichen der Klimaziele des Bundes. Der aktuelle Handlungsbedarf wird durch die Tatsache verdeutlicht, dass derzeit nur etwa 14 Prozent der Haushalte mit Nah- oder Fernwärme versorgt werden. Das am 1.1.2024 in Kraft getretene Wärmeplanungsgesetz (WPG) verpflichtet die Kommunen, eine umfassende kommunale Wärmeplanung zu erstellen. Diese Planung dient als Impuls für Kommunen und kommunale Versorgungsbetriebe, sich proaktiv mit der Wärmewende zu befassen, um den ambitionierten Zielen der Bundesregierung und den wachsenden gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.




Strategien und Aufgaben der Kommunen in der Wärmeplanung

Kommunen sollten in Erwägung ziehen, ihre Rolle in der Wärmeversorgung auszubauen und eng mit den lokalen Stadtwerken zusammenzuarbeiten. Die Einbindung der Stadtwerke in die kommunale Wärmeplanung kann, insbesondere bei vorhandener Expertise, zu einer signifikanten Verbesserung der Ergebnisse führen. Dies bietet den Stadtwerken zudem die Möglichkeit, sich als zuverlässige Partner und potenzielle Betreiber der Wärmenetze zu etablieren. Der Wärmemarkt ist aufgrund lokaler Einschränkungen wie beschränkter Transportfähigkeit der Wärme und räumlicher Nähe von Erzeugung und Verbrauch ein Spezialfall. Die kommunale Wärmeplanung (KWP) setzt daher auf kommunaler Ebene an, um durch die Ausweisung von Wärmenetzausbaugebieten in der Wärmeplanung auch den Bürgern eine Orientierung zu geben, wenn sie sich auf die Umsetzung der Vorgaben aus dem GEG vorbereiten. Die kommunale Wärmeplanung folgt einem 4-Phasen-Modell, um Potenziale und Bedarfe systematisch zusammenzuführen:




Nach Abschluss der kommunalen Wärmeplanung können die Kommunen im Rahmen der Vergabe der Leitungs- und Wegerechte entscheiden, wer die detaillierte Umsetzung der geplanten Wärmenetze übernimmt. Sie sind zu einem konkreten Vorantreiben der Umsetzung aber nur politisch verpflichtet.

Politischer Umsetzungsdruck entsteht vor allem vonseiten der Gebäudeeigentümer im Gemeindegebiet, da die Fristen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) einzuhalten sind. Wenn Heizungsanlagen nach Veröffentlichung der kommunalen Wärmeplanung ausgetauscht werden müssen, sind die Vorschriften des § 71 GEG zu beachten, soweit keine Übergangsvorschrift greift. Der Aufbau einer leitungsgebundenen Wärmeversorgung erfordert daher schnelles Handeln, insbesondere in Gebieten mit veralteten Heizungsanlagen, die bald ersetzt werden müssen. Wird nicht jetzt gehandelt, besteht die Gefahr, dass die alten Anlagen von den Gebäudeeigentümern durch Wärmepumpen oder andere erneuerbare Erzeugungstechnologien ersetzt werden und damit die Bereitschaft erheblich sinkt, sich an ein wirtschaftliches und effizientes Wärmenetz anzuschließen.

Gestattung der Wegenutzung: Die Grundlage für kommunale Wärmeversorgung​

Die Entwicklung der Wärmeversorgung stellt Kommunen vor komplexe Herausforderungen, die eine sorgfältige Planung und rechtliche Überlegungen erfordern. Als Inhaber der Leitungs- und Wegerechte für öffentliche Straßen und Wege im Gemeindegebiet spielen Kommunen eine entscheidende Rolle bei der Vergabe von Wegenutzungsrechten für Wärmenetze.

Kommunen müssen abwägen, ob sie Wettbewerb um den Wärmenetzbetrieb initiieren wollen oder im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten gezielt lokale Akteure bei der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung einbinden möchten. Als marktbeherrschende Unternehmen auf dem Markt für Leitungs- und Wegerechte sind Kommunen grundsätzlich zur diskriminierungsfreien Vergabe dieser Rechte verpflichtet.

Allerdings hat das Urteil des BGHs vom 5.12.2023 (KZR 101/20) zum Fernwärmenetz Stuttgart für rechtliche Unsicherheiten bei Kommunen und Wärmeversorgern gesorgt. Der BGH stellte zwar fest, dass die Stadt Stuttgart kraft ihrer privatautonomen Entscheidungsfreiheit berechtigt war, ein wettbewerbliches Auswahlverfahren für die Wärmekonzession durchzuführen, ließ jedoch offen, ob sie dazu verpflichtet war. Der Gerichtshof legte keine konkreten rechtlichen Vorgaben für die Vergabe von Wegenutzungsrechten bei Fernwärmenetzen fest. Folglich ergibt sich für Kommunen auch weiterhin bei der bloßen Gestattung der Wegenutzung ein gewisser Entscheidungsspielraum, ob sie freiwillig ein wettbewerbliches Verfahren durchführen oder – soweit rechtlich möglich –​​​​​ den Fokus auf lokale Stadtwerke legen möchten.

Viele Kommunen tendieren dazu, ortsansässige Versorger beim Wärmenetzausbau bevorzugt einzubeziehen oder sich selbst im Rahmen eines Eigenbetriebs oder einer Eigengesellschaft als Wärmenetzbetreiber zu etablieren. Gründe dafür sind die lokale Wertschöpfung, die gute Erreichbarkeit für Bürger und die potenziellen Einflussmöglichkeiten der Kommune. In solchen Fällen kann eine Inhouse-Vergabe in Betracht gezogen werden, deren Voraussetzungen im Einzelfall sorgfältig geprüft werden müssen.

Bei der Gestaltung des Wegenutzungsvertrags müssen Kommunen festlegen, welche spezifischen Rechte und Pflichten geregelt werden sollen. Dies bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung der Wärmenetzprojekte und eine nachhaltige Energieversorgung im Gemeindegebiet. Zugleich ist zu klären, ob und in welchem Umfang Gestattungsentgelte gezahlt werden sollen.

Kommunen stehen somit vor der Herausforderung, rechtliche Vorgaben, lokale Interessen und langfristige Entwicklungsziele in Einklang zu bringen. Die Entscheidungen im Bereich der Wärmenetzentwicklung haben weitreichende Folgen für die Energieversorgung und wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde. Eine sorgfältige Abwägung aller Faktoren und eine klare strategische Ausrichtung sind daher unerlässlich für eine erfolgreiche kommunale Wärmeplanung und -umsetzung. Dabei müssen die Kommunen die rechtlichen Rahmenbedingungen beachten, gleichzeitig aber auch ihre eigenen Ziele und die Bedürfnisse ihrer Bürger im Blick behalten, um eine zukunftsfähige und nachhaltige Wärmeversorgung zu gewährleisten.
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Rechtliche Aspekte der Konzessionsvergabe für Kommunen​

Bei der Vergabe von Gestattungsrechten für Wärmenetze müssen Kommunen verschiedene rechtliche Aspekte berücksichtigen. Wenn keine Möglichkeit zur Inhouse-Vergabe besteht, ist grundsätzlich eine Ausschreibung durchzuführen soweit die Kommune nach einem Errichter und Betreiber eines Wärmenetzes sucht. Die genauen Verfahrensvorgaben hängen maßgeblich von den Regelungen im Wegenutzungsvertrag ab, den die Kommune gestaltet.

Kommunen müssen zwischen zwei Vertragsarten unterscheiden: Konzessionsverträgen, bei denen eine öffentliche Aufgabe übertragen und in der Regel eine Betriebspflicht festgelegt wird, und reinen Gestattungsverträgen, die lediglich die Wegenutzung ermöglichen.

Die Entscheidung für einen Vertragstyp liegt bei der Kommune und hängt von ihren spezifischen Zielen und Anforderungen ab, insbesondere der Frage, ob die Kommune dem Versorger eine Betriebspflicht auferlegen möchte oder sogar muss.

Die Notwendigkeit der Vereinbarung einer Betriebspflicht im Vertrag wird von der Kommune basierend auf verschiedenen Faktoren beurteilt. Dazu gehört die Frage, ob ein Anschluss- und Benutzungszwang erlassen werden soll sowie weitere politische oder rechtliche Überlegungen. Insbesondere bei Festlegung einer Betriebspflicht müssen Kommunen die strengen Vorgaben des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Konzessionsvergabeverordnung beachten.

Bei der Gestaltung des Vergabeverfahrens haben Kommunen beträchtliche Spielräume bei der Festlegung der Auswahlkriterien, müssen dabei jedoch die jeweiligen Verfahrensvorgaben einhalten. Es liegt in der Verantwortung der Kommune, ein faires und transparentes Verfahren zu gewährleisten, das allen potenziellen Betreibern, einschließlich lokaler Stadtwerke, eine Teilnahmemöglichkeit bietet.

Kommunen stehen vor der Herausforderung, die rechtlichen Rahmenbedingungen mit ihren strategischen Zielen in Einklang zu bringen. Sie müssen sorgfältig abwägen, welche Art von Vertrag für ihre spezifische Situation am besten geeignet ist und welche Verpflichtungen sie dem Betreiber auferlegen wollen. Diese Entscheidungen haben weitreichende Auswirkungen auf die zukünftige Wärmeversorgung in der Kommune, gerade weil die Gestattungsverträge üblicherweise eine sehr lange Laufzeit aufweisen.

Die Aufgabe der Kommunen besteht darin, einen rechtssicheren und gleichzeitig zielführenden Rahmen für die Wärmenetzentwicklung zu schaffen. Dabei müssen sie sowohl die Interessen potenzieller Betreiber als auch die Bedürfnisse der Bürger und die langfristigen Entwicklungsziele der Kommune berücksichtigen. Eine vorausschauende Planung und sorgfältige rechtliche Prüfung sind für Kommunen unerlässlich, um eine nachhaltige und effiziente Wärmeversorgung zu gewährleisten.


Fazit

Die kommunale Wärmeplanung wird in den kommenden Jahren zu einer Schlüsselaufgabe für Kommunen. Kommunen, die sich frühzeitig mit dem Thema beschäftigen, können die Chancen der Energiewende nutzen und eine nachhaltige Wärmeversorgung für ihre Bürger sicherstellen. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen sind komplex, bieten aber auch Möglichkeiten für innovative Lösungen und lokale Wertschöpfung.

Wir stehen Kommunen als erfahrener Berater zur Seite und bieten umfassende Unterstützung in allen Bereichen der kommunalen Wärmeplanung. Von energiewirtschaftlichen und vergaberechtlichen Fragen bis hin zu Fördermittelrecht und betriebswirtschaftlichen Aspekten des Wärmenetzaufbaus –​ wir sind der zentrale Ansprechpartner für Kommunen, die ihre Wärmeversorgung zukunftsfähig gestalten wollen.
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1 vgl. BT-Drs. 20/8654, S. 1.​

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