Vertragsrechtliche Mittel zur Einhaltung einer ordnungsgemäßen Leistung des Schuldners – Abgrenzung Vertragsstrafe und pauschalierter Schadensersatz¹

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​veröffentlicht am 3. Februar 2025




Innerhalb des Vertragsrechts im Facility Management begegnen uns eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragsarten wie Betreiberverträge, Reinigungsverträge, Wartungsverträge, Logistikverträge oder auch Gefahrstofflagerverträge. Im Rahmen der Vertragserstellung kommt regelmäßig die Frage auf, wie der Auftragnehmer vertragsrechtlich konsequenter zu einer vertragskonformen Leistungserbringung angehalten werden könne. Hierfür stellt uns das Bürgerliche Gesetzbuch zwei voneinander abzugrenzende Rechtsinstrumente bereit: den pauschalierten Schadensersatz und die Vertragsstrafe.

Sinn & Zweck

Sowohl der pauschalierte Schadensersatz als auch die Vertragsstrafe verfolgen beide den Sinn und Zweck den Schuldner zur Vertragstreue anzuhalten, den Gläubiger von der Darlegungslast zu befreien sowie mögliche gerichtliche Verfahren zu vermeiden und zu verkürzen.

Pauschalierter Schadensersatz

Als Leitbild des pauschalierten Schadensersatzes dient die AGB-rechtliche Regelung des § 309 Nr. 5 a, b BGB. Grundsätzlich knüpft der pauschalierte Schadensersatz an einen bereits bestehenden Schadensersatzanspruch an, sodass dessen Voraussetzungen zunächst einmal erfüllt sein müssen. Lediglich der Schadensnachweis des Gläubigers entfällt hier: Der Gläubiger muss also nicht nachweisen, dass ihm ein Schaden in der pauschalierten Höhe tatsächlich entstanden ist.

Vertragsstrafe

Die Vertragsstrafe ist in den §§ 339 ff. BGB gesetzlich normiert und stellt vordergründig auch ein Druck- und Kompensationsmittel dar, um den Schuldner zu einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Leistungspflicht zu bewegen. Im Gegensatz zum pauschalierten Schadensersatz ermöglicht sie, besonders aufgrund ihrer schadensunabhängigen Natur, damit auch einen Geldausgleich für sehr schwer oder nicht beweis- bzw. messbare Schlechtleistungen.

Zudem enthält die Vertragsstrafe auch einen bedingten Anspruch, gem. § 158 Abs. 1 BGB mit der Bedingung eines zukünftigen Verstoßes des Schuldners gegen die jeweilige Hauptverpflichtung. Beispielhaft kann hierfür die Nichteinhaltung von Lieferfristen oder eine Schlechtleistung der Reinigung eines Gebäudes genannt werden.

Darüber hinaus ist die Vertragsstrafe auch akzessorisch2 zu ihrer Hauptverpflichtung (z. B. Wartung und Instandhaltung einer baulichen oder technischen Anlage), gem. §§ 339, 344 BGB. Das heißt, dass die Vertragsstrafe entfällt, sobald auch ihre Hauptverpflichtung nicht wirksam entstanden, erloschen oder nicht durchsetzbar ist.

Ein Nachteil der Vertragsstrafe ist jedoch, dass sie auf Antrag des Schuldners durch Urteil auch herabgesetzt werden kann, gem. § 343 Abs. 1 BGB, soweit sie unverhältnismäßig hoch ist. Die Regelung findet jedoch keine Anwendung, gem. § 348 Abs. 1 HGB, soweit der Schuldner Kaufmann ist, sofern die Parteien § 348 Abs. 1 HGB nicht vertraglich ausgeschlossen haben. Jedoch kann auch hier die Rechtsprechung zumindest im Falle extrem überhöhter Vertragsstrafen diese angemessen herabsetzen, gem. § 242 BGB.

Wichtig bei der Verwendung einer Vertragsstrafe ist, dass

  • ​diese im Vertrag ausdrücklich und auch gesondert dargestellt wird.
  • vertraglich klargestellt ist, dass keine Vertragsstrafe ohne ein Verschulden verwirkt werden kann.
  • die maximale Vertragsstrafe nicht bereits bei geringfügiger Fristüberschreitung verwirkt ist.
  • die Vertragsstrafe auf einen eventuellen Schadensersatzanspruch anzurechnen ist.
  • konkrete Fristen benannt werden mit einem Verweis auf die Regelungen der Vertragsfristen.


​Rechtsprechung

Bei Abnahmeterminen in Bauverträgen hat der BGH eine Begrenzung der Vertragsstrafe auf fünf Prozent des Auftragswertes festgesetzt. Die Begrenzung des Tagessatzes liegt bei maximal 0,2 Prozent für einen Kalendertag und bei 0,3 Prozent für einen Werktag.

Zu beachten ist jedoch, dass pönalisierte Zwischenfristen nicht zu einer Kumulierung der Vertragsstrafe über die in der Rechtsprechung zulässige Maximalhöhe hinaus führen.

Aktuell hat sich der BGH mit Urteil vom 15.2.2024, Az. VII ZR 42/22, auch zur Begrenzung der Vertragsstrafe im Einheitspreisvertrag geäußert, sodass er eine Vertragsstrafenregelung für unwirksam erklärt hat, die an eine vor Auftragsdurchführung vereinbarte (Netto-)Auftragssumme anknüpft und ggf. bei einer nachträglichen Absenkung des Auftragsvolumens dazu führen kann, dass die vom Auftragnehmer zu erbringende Strafzahlung die Grenze von fünf Prozent seines Vergütungsanspruchs übersteigen könnte.

Fazit

Zusammenfassend kann zur Abgrenzung gesagt werden, dass der pauschalierte Schadensersatz grundsätzlich einer vereinfachten Durchsetzung eines bereits bestehenden Schadensersatzanspruchs und die Vertragsstrafe hauptsächlich der Absicherung einer ordnungsgemäßen Erfüllung der geschuldeten Leistung dient, indem sie einen wirkungsvollen Druck erzeugt.

Die rechtskonforme Anwendung der beiden Rechtsinstrumente, sowohl der Vertragsstrafe als auch des pauschalierten Schadensersatzes, werden auch zukünftig immer wieder Anlass für gerichtliche Verfahren sein und damit auch einem stetigen Wandel der Rechtsprechung unterliegen. So bleibt abzuwarten, ob in Zukunft die Grenzen der Anwendung noch strenger vom BGH vorgegeben werden.


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Bitte kommen Sie bei Fragen gerne auf uns zu!

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1 JuS 2015, 977, Ostendorf: Vertragsstrafe und pauschalierter Schadensersatz als Instrumente der Vertragsgestaltung; ZfBR 2009, 307, Schuhmann: Terminsicherung im Anlagenbau: Vertragsstrafe oder pauschalierter Schadensersatz?; Roquette/Schweiger, Vertragsbuch Privates Baurecht G, 3. Auflage, Rn. 182 ff.; Leuschner in Leuschner, AGB-Recht Teil 3 Haftungserweiterungen, R. 1 ff.
2 Akzessorietät (Adjektiv: akzessorisch) ist ein Begriff aus der juristischen Fachsprache und bedeutet Abhängigkeit oder
Gebundenheit.
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