Die EU-Whistleblower-Richtlinie – Auswirkungen auf Krankenhäuser und Sozialunternehmen

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​veröffentlicht am 14. März 2022

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Krankenhaus-Verantwortliche und Geschäftsführungen von Sozialdienstleistern fragen sich: Welche Pflichten ergeben sich aus der Whistleblower-Richtlinie der EU für mein Unternehmen? Welche Antworten es aktuell auf diese Frage gibt und warum das vielleicht trotzdem die falsche Frage ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.


Seit gut 2 Jahren gibt es die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23.10.2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, die sog. Whistleblower-Richtlinie der EU. Der Hintergrund: Hinweisgeber, die als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf Rechtsverstöße ihres Arbeitgeberunternehmens aufmerksam machen könnten und das vielleicht auch wollen, sind nach Einschätzung der EU einem nicht unerheblichen Risiko ausgesetzt, nach dem Absetzen ihres Hinweises in ihrem Arbeitsverhältnis Repressalien ausgesetzt zu sein und sehen möglicherweise aus diesem Grund von einem Hinweis ab. Diesem vermuteten Effekt soll mit der Richtlinie entgegengewirkt werden.

 

Kern der Richtlinie sind daher arbeitsrechtliche Schutzmaßnahmen wie beispielsweise ein Kündigungsverbot, das Verbot eine Beförderung zu versagen oder das Tätigkeitsgebiet, den Arbeitsort oder die Arbeitszeit zu ändern. Voraussetzung für die Wirksamkeit dieser Schutzzusage ist allerdings, dass der betreffende Hinweisgeber versucht hat, seinen Hinweis über den internen Meldekanal des Arbeitgebers einzureichen, oder, wenn dies nicht möglich oder nicht erfolgreich war, staatliche Stellen informiert (z. B. eine Staatsanwaltschaft, quasi „Stufe 2“) oder, als „ultima ratio“, seinen Hinweis öffentlich gemacht hat („Stufe 3“).

 

Die Whistleblower-Richtlinie fordert, dass juristische Personen des öffentlichen und privaten Sektors Kanäle für interne Meldungen und für Folgemaßnahmen einrichten. Damit sind auch Krankenhäuser und Sozialunternehmen von dieser Pflicht umfasst, unabhängig von der Trägerschaft. Diese Kanäle müssen demnach zumindest den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit bieten, Hinweise abzugeben, die Abgabemöglichkeit für externe Dritte ist eine Kann-Bestimmung. Das Unternehmen muss eine umfassende Vertraulichkeit für den Hinweisgeber gewährleisten, so muss die Stelle, die die Hinweise bearbeitet, klar definiert sein und darf nicht zu viele Personen umfassen. Aus den weiterführenden Stellungnahmen der EU-Kommission ergibt sich ergänzend, dass für jede juristische Person ein eigener Kanal bereitgehalten werden muss. Konzernlösungen sind daher nicht ohne Weiteres möglich. Meldungen müssen innerhalb von 7 Tagen bestätigt und zeitnah, spätestens innerhalb von 3 Monaten, bearbeitet sein.

 

Ergeben sich für Krankenhäuser und für Sozialunternehmen aktuell Rechtspflichten?

Da es sich um eine EU-Richtlinie handelt, ist diese grundsätzlich zunächst nicht unmittelbar in den Mitgliedsstaaten gültig, es muss zunächst eine Umsetzung in nationales Recht erfolgen. Dafür war eine Frist bis zum 17.12.2021 gesetzt, die jedoch in Deutschland – wie in zahlreichen anderen EU-Staaten auch ohne das Inkrafttreten eines entsprechenden Gesetzes - verstrichen ist. Die neue Bundesregierung hat sich im aktuellen Koalitionsvertrag die Umsetzung der Richtlinie zwar zum Ziel gesetzt. Ein neuer Gesetzesentwurf liegt jedoch noch nicht vor.

 

Mit Datum vom 27.1.2022 reagierte nun die EU-Kommission und hat gegen Deutschland und 23 weitere Mitgliedsstaaten Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Es ist damit zu rechnen, dass eine Umsetzung nun zeitnah erfolgen wird, um weitere negative Konsequenzen zu vermeiden.

 

Des Weiteren könnte die Richtlinie aber auch ausnahmsweise unmittelbare Wirkung durch die fehlende Umsetzung nach Fristablauf entfalten. Dieses ist umstritten. Die dafür erforderliche hinreichende Bestimmtheit der Richtlinie ist nach der Meinung der Autoren gegeben. Des Weiteren muss jedoch auch ein subjektiv- öffentliches Recht gewährt werden. Dieses dürfte allenfalls gegenüber Körperschaften des öffentlichen Rechts zu bejahen sein.

 

Man könnte so zunächst auf die Idee kommen, dass somit zumindest für privatrechtliche Unternehmen im Moment keinerlei Nachteile gegeben sind, wenn kein Hinweisgebersystem eingerichtet ist, da hier die EU-Richtlinie keine unmittelbare Wirkung entfaltet. Dieses ist jedoch zu kurz gedacht, denn:

 

Die Frage nach den unmittelbaren Rechtspflichten ist die falsche Frage

Die Whistleblower-Richtlinie hat den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Blick, die ihrerseits zu Hinweisgebern werden. Die Rechtsprechung hat nationales Recht richtlinienkonform auszulegen, sodass sich eine mittelbare Wirkung der Richtlinie ergibt. Dieses hat zur Folge, dass sich eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer, sollte er sich negativen Konsequenzen aufgrund eines Hinweises ausgesetzt sehen, auf die Richtlinie berufen kann. Es ist zu erwarten, dass die zuständigen Gerichte bei einem fehlenden wirksamen Hinweisgebersystem zugunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers entscheiden dürften. Arbeitsrechtliche Sanktionen aufgrund von Falschmeldungen oder einer direkten Weitergabe einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers von Informationen an die Öffentlichkeit sind damit in der Praxis nicht durchsetzbar. 

 

Darüber hinaus wäre in der betrieblichen Praxis ohnehin abzuwägen, bis zu welchem Grade die Durchsetzung denkbarer arbeitsrechtlicher Sanktionen gegen eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer, der zum Hinweisgeber wurde, taktisch tatsächlich sinnvoll wäre. Die durch arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen ausgelöste öffentliche Aufmerksamkeit dürfte in vielen Fällen stark dagegen sprechen. Vor allem aber: Die Alternative für den Betreffenden - beim Fehlen eines internen Angebotes - ist in jedem Fall die Einschaltung staatlicher Stellen oder die Offenlegung des Hinweises gegenüber der Öffentlichkeit. Die Einrichtung spezialisierter Stellen wie beispielsweise der bayerischen Zentralstelle von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) ist ein klares Signal, dass die Staatsanwaltschaften von hohen Dunkelziffern nicht aufgedeckter Rechtsverstöße ausgehen, auch und gerade in der Gesundheitswirtschaft.

 

Zahlreiche Praxisfälle zeigen klar auf, dass die Chancen, einen aufgedeckten Rechtsverstoß mit dennoch begrenztem Reputationsschaden aufzuklären, um ein Vielfaches höher liegen, wenn man als betroffenes Unternehmen selbst zuerst von dem Verdacht erfährt. In allen anderen Fällen hat man nur noch geringe Chancen, als ein Unternehmen mit hohem Interesse an der Aufklärung von Rechtsverstößen wahrgenommen zu werden.

 

Bei nüchterner Betrachtung ergibt sich deshalb, dass die Frage, ob und wie weit eine rechtliche Verpflichtung besteht, zwar naheliegend, aber irreführend ist. Es geht faktisch nicht um das „ob“ eines Hinweisgeberkanals, sondern viel mehr um das „wie“ und um das „wann“. Um Krankenhäusern und Sozialunternehmen, die kurzfristig einen Hinweisgeberkanal ohne erhebliche Investitionen und Projektvorlaufzeiten einrichten wollen, eine Alternative zur hausinternen Lösung anzubieten, hat Rödl & Partner mit WhistleClue die Möglichkeit geschaffen, diese Funktion effizient anwaltlich auszulagern und dadurch Risiken und Ressourcenbelastung zu reduzieren.

 

 

 

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