Update Corona-Hilfen – Beachtung der beihilferechtlichen Höchstgrenzen im Konzernverbund auch bei gemeinnützigen Unternehmen und öffentlichen Trägern erforderlich

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veröffentlicht am​ 15. Juli 2021; Autor: Sebastian Heinke

 

Pfeife 


Aus der Praxis sind uns verschiedene Fälle bekannt, in denen etwa kommunale Träger die Antragstellung nicht konzernübergreifend koordiniert haben und die Berater unabhängig voneinander Anträge auf November- und Dezemberhilfe ohne Beachtung der beihilferechtlichen Konzernklausel stellten. Hier drohen ggf. Rücknahme oder Widerruf und Konsequenzen wegen leichtfertigen Subventionsbetruges für die Handelnden. In den Anträgen dürften unrichtige Angaben gemacht worden sein.

 

Am 30.4.2021 endete die Antragsfrist für Erstanträge der außerordentlichen Wirtschaftshilfen des Bundes (November- und Dezemberhilfe). Bis zum 31.7.2021 bestand für die Antragssteller, unter anderem gemeinnützige Unternehmen und öffentliche Träger, die Möglichkeit der Stellung von Änderungsanträgen. 


Die Coronapandemie geht auch für viele gemeinnützige und öffentliche Unternehmen mit erheblichen Umsatzeinbußen einher. Durch die November- und Dezemberhilfen konnten gemeinnützige und öffentliche Unternehmen, Selbstständige und Vereine, die von den Schließungen ab dem 2.11.2020 zur Bekämpfung der Pandemie betroffen waren, die außerordentliche Wirtschaftshilfe des Bundes beantragen und mithin einen Teil der Einbußen kompensieren. Unserer Auffassung nach stellte für viele (öffentliche) Verbundunternehmen das Beilhilferecht den größten Fallstrick bei der Beantragung der Hilfen dar.


Antragsberechtigt waren verbundene Unternehmen, entsprechend der EU-Definition in Artikel 3 Abs. 3 des Anhangs I zur Allgemeinen Gruppen-Freistellungsverordnung (EU) Nr. 651/2014. Danach gelten Unternehmen insbesondere als verbunden, wenn ein Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte eines anderen Unternehmens hält oder einen beherrschenden Einfluss ausübt. Daneben ist ein solcher Verbund auch bei Unternehmen, die durch ein oder mehrere Unternehmen verbunden sind, anzunehmen, „sofern diese Unternehmen ganz oder teilweise auf demselben Markt oder auf benachbarten Märkten tätig sind”.

 
Verbundene Unternehmen durften nur einen Antrag des gesamten Verbundes unter Beachtung der beihilferechtlich zulässigen Höchstgrenze stellen. Dieses Konsolidierungsgebot galt jedoch nicht für gemeinnützige und öffentliche Unternehmen, die folglich jeweils einen Antrag pro Einheit oder Betriebsstelle stellen durften. Als gemeinnützige Unternehmen gelten nach §§ 51 ff. der Abgabenordnung steuerbegünstigte Unternehmen, Organisationen und Einrichtungen unabhängig von ihrer Rechtsform.


Auch für diese Unternehmen waren jedoch ungeachtet der Ausnahmeregelung bei der Antragsberechtigung zwingend die beihilferechtlichen Höchstgrenzen für Unternehmen im beihilferechtlichen Sinne zu beachten, was bei öffentlichen bzw. gemeinnützigen Unternehmen in der Regel der übergeordnete Unternehmensverbund sein dürfte (III. 8 der Beihilferechts-FAQ).


Ein beihilferechtlicher Unternehmensverbund besteht auch im Rahmen kommunaler Beteiligungen.


Um die Einhaltung der Höchstgrenzen und eine korrekte Beantragung sicherzustellen, waren bei  Antragstellung alle im öffentlichen oder gemeinnützigen Verbund erhaltenen Beihilfen zu ermitteln und entsprechend in den Anträgen anzugeben. Die Ermittlung dieser Beihilfen im Konzern bedeutet für viele kommunale, kirchliche und gemeinnütze Antragsteller einen großen aber notwendigen Aufwand zur Vermeidung von Rückforderungs- und Haftungsrisiken.

 

Für öffentliche Unternehmen heißt es in 5.4 der FAQ der November- und Dezemberhilfen: „Bei einem kommunalen Unternehmen dürfte der maßgebliche Verbund zum Beispiel in der Regel auf Ebene der Kommune enden, da diese eine eigene öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft mit Selbstverwaltungsrecht ist.”


Dies wurde in Teilen so verstanden, dass Unternehmen, die nur durch die Beteiligung der Kommune verbunden sind, unterhalb der kommunalen Ebene als einzelne Unternehmen gelten würden, weil die Kommune selbst nicht einbezogen werde. Demnach könnte dann von einzelnen Unternehmen oder Gesellschaften des Verbundes jeweils der Höchstbetrag in Anspruch genommen werden. Dafür wurde auch der Erwägungsgrund Ziffer 4 zur Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 herangezogen, wonach „Unternehmen, deren einzige Beziehung darin besteht, dass jedes von ihnen eine direkte Verbindung zu derselben öffentliche Einrichtung hat, nicht als miteinander verbunden eingestuft werden.”


Diese Einschätzung geht unserer Auffassung nach jedoch über den beihilferechtlichen Unternehmensbegriff, auf den im Rahmen der Gewährung von November- und Dezemberhilfen eindeutig Bezug genommen wird, hinaus. Nach diesem ist die Höchstgrenze nicht auf jede einzelne Konzerngesellschaft anzuwenden, sondern auf das Gesamtunternehmen im beihilferechtlichen Sinne. Die kommunale Abgrenzung aus 5.4 der FAQ würde also nur nach oben und nicht nach unten erfolgen. Alle Beteiligungen der Kommunen, die die Anforderungen des Anhangs I der Verordnung EU Nr. 651/2014 erfüllen, sind zu berücksichtigen.


Dafür spricht neben dem Wortlaut des Begriffes Unternehmensverbund auch III. 8 der Beihilferechts-FAQ des Bundes, wonach „für die Zwecke des beihilferechtlichen Unternehmensbegriffes grundsätzlich keine Privilegierungen für öffentliche und gemeinnützige Unternehmen erkennbar sind”. So könne auf Ebene einer Kommune bzw. eines Landes im Rahmen der Bundesregelung Kleinbeihilfen insgesamt maximal 1,8 Millionen Euro beantragt werden, im Rahmen der Bundesregelung Fixkostenhilfe insgesamt maximal 10 Millionen Euro.


Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat sich zum Unternehmensbegriff für Kommunen, kommunale Betriebe und Unternehmen kürzlich allerdings folgendermaßen geäußert: Zum einen sind Unternehmen im Sinne der Regelung eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit. Weiterhin gilt, dass mehrere rechtlich selbständige Unternehmen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung als ein Unternehmen im beihilferechtlichen Sinne angesehen werden, wenn zwischen ihnen Kontrollbeteiligungen oder andere enge Verbindungen – wie bei einer Kommune und ihren kommunalen Unternehmen – bestehen.


Die Kommunen müssen daher bei ihren Beteiligungen abfragen, wie viel November- bzw. Dezemberhilfen oder andere Beihilfen insgesamt in Anspruch genommen wurden. Es hat eine Gesamtbetrachtung zur Feststellung des Erreichens der Schwellenwerte zu erfolgen.


Die Auslegung des Unternehmensbegriffs über die beihilferechtliche Regelung hinaus führt mithin zu Fehleinschätzungen über das Vorliegen eines verbundenen Unternehmens und zu fehlerhaften Beantragungen im Hinblick auf die Höchstgrenzen. Zu beachten ist insbesondere, dass bei falschen Angaben, eine (Teil-) Rückforderung der erhaltenen Hilfen nach §§ 48, 49 VwVfG droht. Daneben ist mit strafrechtlichen Konsequenzen wie der Verfolgung eines Subventionsbetruges nach § 264 StGB zu rechnen. Ein solcher ist neben der vorsätzlichen Begehung auch bei Leichtfertigkeit nach § 264 Abs. 5 StGB anzunehmen. Leichtfertigkeit setzt voraus, dass der Täter grob fahrlässig, „an der Grenze zum Vorsatz” gehandelt hat.


Antragstellern, die diese Thematik bisher vernachlässigt haben, ist zu raten, spätestens im Rahmen der bei Antragstellung durch einen prüfenden Dritten erforderlichen Schlussabrechnung die Eigenschaft des Konzernverbundes anzugeben und die entsprechenden Aufstellungen beizufügen. Die digitale Schlussabrechnung wird erst nach Ende des Förderzeitraums möglich sein, also nicht vor Juli 2021, spätestens aber bis zum 31.12.2021 (vgl. 3.12 der FAQ). Im Rahmen der Schlussabrechnung wird insbesondere geprüft, ob alle Voraussetzungen vorlagen und die maßgeblichen Versicherungen richtig sind – dies betrifft neben der Antragsberechtigung insbesondere die Eigenschaft als verbundenes Unternehmen.


Sollte eine Antragstellung für einzelne Einheiten aus einem Unternehmensverbund unter jeweiliger Erreichung der Höchstgrenze erfolgt sein, könnte spätestens im Rahmen der Schlussabrechnung eine sorgfältige Stellungnahme zu der Problematik verfasst werden, um strafrechtliche Konsequenzen zu minimieren. Änderungsanträge können nur bis zum 31.7.2021 erfolgen.

 

Bei Rückfragen und der beihilferechtlichen Aufarbeitung der Antragstellung rund um die Corona-Hilfen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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