Regelenergievermarktung aus den Netzersatzanlagen der Wasserversorgung

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veröffentlicht am 8. Februar 2016

 

Durch die Vermarktung der für die unterbrechungsfreie Wasserversorgung nötigen Netzersatzkapazitäten als Reserveleistung können Anlagenbetreiber aktuell einen deutlichen Zusatzerlös erwirtschaften. Wie so häufig steckt jedoch die Herausforderung der praktischen Umsetzung im Detail. Insbesondere Fragen des Netzzuganges, der Einspeisemessung und der Startzeit der Module sollten im Vorfeld genauestens analysiert werden.

 

Netzersatzanlagen (Notstromaggregate) verursachen signifikante Kosten für die permanente Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft und stehen doch den Großteil des Jahres ungenutzt in den Hochbehältern oder anderen Betriebsstätten der Wasserversorgungsunternehmen und Muss das eigentlich so sein oder könnten Netzersatzanlagen nicht neben ihrem eigentlichen Zweck vielleicht auch einen Beitrag zum betriebswirtschaftlichen Erfolg eines Wasserversorgungsunternehmens leisten? Die Antwort liegt auf der Hand: sie können! Allerdings müssen die Voraussetzungen stimmen. 
    
Notstromaggregate sind Eckpfeiler der Versorgungssicherheit und damit unabdingbar. Doch Notstromaggregate verursachen auch Kosten. Neben laufenden Kosten, die sich regelmäßig auf Wartung und den glücklicherweise selten eintretenden Notfall beschränken, zählen dazu auch kalkulatorische Kosten. Was die Erzielung von Erlösen betrifft, fristen Notstromaggregate hingegen bislang überwiegend ein Schattendasein. Nachvollziehbar, schließlich liegt deren originärer Zweck ja gerade nicht in der Erzielung von Erlösen, sondern in der Sicherstellung der Versorgung. Dabei könnten alleine für die Vorhaltung der elektrischen Leistung Einnahmen in beachtlicher Höhe generiert werden. So wäre ein mehr als ausreichender Kostenausgleich für die Anlagen möglich. Warum also nicht in die Vermarktung einsteigen und mit einem ohnehin vorhanden Betriebsvermögen Zusatzerlöse generieren? Die Antwort ist einfach: weil es auf die Beurteilung der möglichen Erlöse und Kosten sowie der grundsätzlichen Voraussetzungen vor Ort ankommt!
 
Erlösseitig stellt sich die Frage, welche Leistungen zur Vermarktung genutzt, und welche Preise hierfür veranschlagt werden können. Letzteres hängt insbesondere davon ab, welche Regelenergiequalität angeboten werden kann. Durch die Möglichkeit der Stromerzeugung im Falle einer erhöhten Netzlast (Folge: sinkende Netzfrequenz) kann durch die Netzersatzanlagen positive Reserveleistung bereitgestellt werden. Sollten die Anlagen die Leistung innerhalb von 5 Minuten bereitstellen können und alle weiteren Voraussetzungen erfüllt werden, kann eine Vermarktung als positive sekundäre Reserveleistung (SRL) erfolgen. Langfristig erzielbare Erlöse hierfür abzuschätzen ist bedingt durch einen volatilen Leistungspreis nur unter Unsicherheit möglich. In den vergangenen beiden Jahren hätten je Megawatt (MW) angebotene elektrische Leistung im Mittel zwischen 50.000 € und 65.000 € pro Jahr erlöst werden können.
 
Der Teufel steckt jedoch wie so häufig im Detail, denn ob eine Vermarktung der Kapazitäten die genannten wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt, ist erst nach der Durchführung mehrerer Prüfschritte feststellbar.
  
Zunächst sollte eine Bestandsaufnahme der jeweiligen Aggregate erfolgen, um mindestens in Erfahrung zu bringen, welche Kapazitäten zur Vermarkung genutzt werden können, in welchen Zeitspannen die Anlagen die volle Leistung zur Verfügung stellen können, ob ein Netzparallelbetrieb möglich ist und welches Messkonzept vorhanden ist. Ebenso sollte in einem Gespräch mit den zuständigen Netzbetreibern die späteren Anforderungen an eine Einspeisezusage ermittelt werden. In einem zweiten Schritt können die voraussichtlich erforderlichen Kosten für Umrüstung und Erfüllung der Vorgaben für die Einspeisezusage den möglichen Erlösen gegenübergestellt werden.
   
Nach dieser Vorprüfung gilt es, im Rahmen einer strukturierten Beschaffung ein Dienstleistungsunternehmen zu identifizieren, das die Vermarktung der Anlagen am Regelenergiemarkt abwickelt und die im Vorfeld erforderliche Präqualifizierung durchführt. Anmerkung aus der Praxis: Der Angebotsvergleich und die anschließenden Verhandlungen fördern hier regelmäßig Unterschiede in Höhe von über 50 Prozent in Bezug auf Dienstleistungsentgelt und Mindestvergütung zutage.
  
In der Praxis lässt sich feststellen, dass die Einspeisezusagen des Netzbetreibers und die daran geknüpften Anforderungen in einigen Fällen einen langen Atem erfordern und sich unter Umständen die Einbeziehung eines technischen Sachverständigen empfiehlt.
  
In den von Rödl & Partner begleiteten Fällen, wie beispielsweise der Vermarktung der Netzersatzanlagen eines großen Fernwasserversorgungsunternehmens in Bayern, steht jedoch nach aktuellem Kenntnisstand der baldigen Anlagenpräqualifikation nichts mehr im Wege. Sollte das Verfahren erfolgreich verlaufen, können die Netzersatzanlagen in diesem Fall über 4 MW positive sekundäre Reserveleistung zur Vermarktung anbieten. Zumindest hier wäre damit das Schattendasein der Notstromaggregate beendet. Dass durch die Vorhaltung flexibler Kapazitäten auch noch ein positiver Beitrag zur Energiewende geleistet wird, rundet das Bild auch in der öffentlichen Wahrnehmung noch ab.
    
 

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