Verrechnungspreise – Praxisbeispiel aus Ungarn: Ungarischer Lohnfertiger in der Betriebsprüfung

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Die Etablierung eines Lohnfertigers im Ausland ist in der Praxis eine gern genutzte Struktur, um insbesondere von Lohnkostenvorteilen zu profitieren. Aus dem Grund haben beispielsweise deutsche Automobilzulieferer weniger anspruchsvolle Montageprozesse in osteuropäische Länder verlagert. Die betriebswirtschaftlichen Vorteile können jedoch stark von steuerlichen Risiken beeinträchtigt werden. Nach herrschender Meinung wird einem Lohnfertiger generell eine stabile, positive Vergütung zugesprochen. Ergebnisschwankungen durch bspw. Unterauslastungen können demgemäß ein wesentliches steuerliches Risiko darstellen. Folgendes Praxisbeispiel zu Verrechnungspreisen behandelt Erfahrungen aus der Betriebsprüfung in Ungarn.


Vergütung des ungarischen Lohnfertigers

Die Tochtergesellschaft eines deutschen Automobilzulieferers in Ungarn ist als Lohnfertiger für die deutsche Muttergesellschaft tätig. Im Frühjahr 2014 begann in Ungarn durch die lokale Steuerbehörde eine Betriebsprüfung für das Geschäftsjahr 2012. Im Betrachtungszeitraum erwirtschaftete die ungarische Gesellschaft ein negatives Betriebsergebnis und führte keine Körperschaftssteuer ab. Den wesentlichen Prüfungsschwerpunkt legte die Finanzveraltung auf die konzerninternen Verrechnungspreise zwischen Ungarn und Deutschland.

 

Im Prüfungszeitraum bekam die ungarische Gesellschaft sowohl die erforderlichen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (RHB) als auch Bauteile von der deutschen Mittelgesellschaft beigestellt. Insofern verrechnete der ungarische Lohnfertiger maßgeblich seine reine Lohnarbeit gegenüber Deutschland. Die Verrechnungspreise gegenüber dem Ausland setzten sich aus den vorgegebenen Planstunden und dem kalkulierten Lohnstundensatz sowie einem von der Gruppe als angemessen erachteten Gewinnaufschlag i.H.v. 10% zusammen. Eine Verrechnungspreisdokumentation wurde gemäß ungarischer Vorgaben erstellt und der ungarischen Finanzbehörde fristgerecht vorgelegt.


Korrektur der Verrechnungspreise durch die Finanzverwaltung

Die Steuerbehörde in Ungarn bemängelte insbesondere die Verwendung von Planstunden zur Verrechnungspreisermittlung. Aus dem Vergleich zwischen den verrechneten Planstunden und der gesamten Stundenkapazität des Lohnfertigers schlussfolgerte die ungarische Finanzbehörde, dass der tatsächliche Zeitaufwand der ungarischen Gesellschaft weitaus höher gewesen sei. So wendete der Lohnfertiger auf den ersten Blick nahezu doppelt so viele Stunden auf, als mittels der bestehenden Verrechnungspreissystematik gegenüber dem deutschen Stammhaus abgerechnet werden konnten. Die Finanzbehörde korrigierte demgemäß die körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage um den sich ergebenden Mehrbetrag aus der Differenz der zur Verfügung gestandenen Kapazität und den verrechneten Planstunden, multipliziert mit dem aktualisierten Stundensatz, zzgl. 10% Gewinnaufschlag. Zusätzlich wurden ein Strafzuschlag und Verzugszinsen erhoben.


Einspruch gegen die Steuerfestsetzung – Nachweis der Fremdüblichkeit

Der Lohnfertiger reichte Einspruch gegen die Steuerfestsetzung bei der ungarischen Finanzverwaltung ein. Zur Verteidigung der Angemessenheit der Verrechnungspreise wurden folgende wesentliche Aspekte angeführt:
  • Grundsätzlich sehen die OECD Verrechnungspreisleitlinien (2010) keine allgemeingültige Regel vor, nach der die Kostenaufschlagsmethode anzuwenden ist (vgl. OECD GL, Kapitel 2, Textziffer 2.39 ff.).
    Folglich sind als Basis der Verrechnungspreisermittlung nicht zwingend die tatsächlichen Kosten anzusetzen, sondern vielmehr ist darauf zu achten, dass der Lohnfertiger seine Kosten über einen gewissen Zeitraum deckt.
  • Aufgrund der Insolvenz eines Großkunden der Unternehmensgruppe fehlte eine entsprechende Auslastung der ungarischen Mitarbeiter.
  • Insofern kann die Verrechnungspreisermittlung mittels Planstunden nicht generell als unangemessen verworfen und als Begründung für die schlechte Ertragslage des ungarischen Lohnfertigers angesehen werden.

 

Zum Nachweis der Fremdüblichkeit der konzerninternen Verrechnungspreise wurde dem Einspruch eine Datenbankstudie beigefügt. Mittels der vorgelegten Analyse (sog. Benchmarkanalyse) konnte eine fremdübliche Ergebnisbandbreite vergleichbarer Unternehmen aufgezeigt werden.


Einigung mit der ungarischen Finanzverwaltung

Aufgrund des Einspruchs der Gesellschaft wurde der erstinstanzliche Beschluss der Finanzbehörde revidiert. U.a. auf Basis der erstellten Datenbankstudie einigte sich der Lohnfertiger mit der ungarischen Finanzverwaltung auf das untere Quartil der fremdüblichen Ergebnisbandbreite als angemessene Vergütung der Lohnveredelung. Entsprechend wich die ungarische Finanzverwaltung von ihrer ursprünglichen Ansicht ab, die Vergütung des Lohnfertigers über die insgesamt zur Verfügung stehende Kapazität der ungarischen Gesellschaft zu ermitteln. Allerdings beharrte die Finanzverwaltung auf einer Vergütung entsprechend dem unteren Quartil der fremdüblichen Ergebnisbandbreite laut Benchmarkstudie. Dennoch konnte die Steuernachzahlung um 4/5 verringert werden.


Angemessene Vergütung eines Lohnfertigers im Auge behalten

Obwohl sich die ungarischen Verrechnungspreisgrundsätze grundsätzlich nach den OECD-Richtlinien ausrichten und hiernach eine Vollkostendeckung nicht zwingend vorgesehen ist, ist es mit Blick auf Routineleistungen eines Lohnfertigers auch in Ungarn schwierig, negative Ergebnisse zu rechtfertigen. Wie das Praxisbeispiel zeigt, können negative Ergebnisse trotz einer fremdüblichen Preisermittlung für die Verrechnung von grenzüberschreitenden Lieferungen und Leistungen eintreten, beispielsweise aufgrund von Auslastungsschwankungen. Demzufolge ist es gerade für in die gruppenweite Wertschöpfungskette integrierte Lohnfertiger wichtig, Kapazitätsauslastungsmechanismen zu finden. Dies gilt sicherlich auch für den umgekehrten Fall einer Überauslastung eines Lohnfertigers. Bezogen auf das Praxisbeispiel kann davon ausgegangen werden, dass z.B. die deutsche Finanzverwaltung Übergewinne bei einem ausländischen Lohnfertiger kaum akzeptieren wird.

zuletzt aktualisiert am 24.08.2016

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