ESRS S1 – S4

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​Nach mehreren Artikeln unserer Artikelreihe „Nachhaltigkeitsberichte unter der Lupe“, in denen wir Ihnen umweltbezogene „E“-Standards dargestellt haben, möchten wir Ihnen nun die „S“-Standards erläutern, die die nichtfinanzielle Berichterstattung über die sozialen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit von Unternehmen regeln.


Ivan Brož, Rödl & Partner Prag

Es ist wichtig, auch an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die „S“-Standards zusammen mit den übergreifenden Standards ESRS 1 und ESRS 2 interpretiert werden sollten: Sie sind wie alle anderen ESRS-Standards wie folgt aufgebaut: 
  • ​Ziele 
  • Verknüpfung mit anderen Standards 
  • Angabepflichten
- Unternehmenspolitik
- Strategie 
- Management von Auswirkungen, Risiken und Chancen
- Parameter und Ziele
  • Anlage A: Anwendungsanforderungen 

Da die „S“-Standards im Allgemeinen „verständlicher“ sind und die erforderlichen Angaben in der Regel einfacher ermittelt werden können als die durch „E“-Standards geregelten Angabepflichten, erläutern wir in unserem Artikel alle vier „E“-Standards.

In der folgenden Übersicht sind die verschiedenen Bereiche aufgeführt, die durch die S-Standards geregelt werden. Es schein offensichtlich zu sein, dass die Themen wie Zwangsarbeit, sozialer Schutz, Rechte der indigenen Völker usw. für in der EU ansässige Unternehmen nicht relevant bzw. mit keinen Risiken verbunden sind. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Die meisten Unternehmen gehören zu einer Wertschöpfungskette, die in die Nachhaltigkeitsberichterstattung stufenweise einbezogen wird (siehe unsere früheren Artikel) und Effekte außerhalb der EU hat, wo solche unerwünschten Phänomene nicht ausgeschlossen sind. 


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Die Standards unterscheiden zwischen Unternehmen mit bis zu 750 Mitarbeitern und Unternehmen, für die mehr Mitarbeiter tätig sind. Für diese relativ „kleinen“ Unternehmen ist es von Bedeutung, dass sie im ersten Jahr, in dem sie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind (d.h. im Nachhaltigkeitsbericht für das Jahr 2025), einige Angabepflichten nicht erfüllen müssen. Sie können die Verpflichtung zur Berichterstattung nach den Standards S2 - S4 um bis zu zwei Jahre verschieben. Von den Angabepflichten nach dem Standard S1 müssen diese „kleinen“ Unternehmen in den ersten beiden Jahren nur bestimmte Informationen offenlegen. Für viele Unternehmen kann diese Befreiung interessant sein, da die erforderlichen Informationen (Datenpunkte) in der Tat umfangreich sind, wie die folgende Tabelle zeigt:​


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Die Grundsätze für eine stufenweise Einführung der Angabepflichten sind in der Anlage C zum ESRS 1 - Angabepflichten/Anwendungsanforderungen in themenbezogenen ESRS, die zusammen mit den Allgemeinen Angabepflichten des ESRS 2 gelten, aufgeführt.

Wegen des Umfangs der einzelnen Standards soll dieser Artikel einen Überblick über ihre Bedeutung geben, des Weiteren bieten wir Ihnen Beispiele für einzelne Angabepflichten bzw. Datenpunkte. 

STANDARDS S1 UND S2​

Die Standards S1 und S2 sind sehr ähnlich. Sie regeln die eigene Belegschaft bzw. die Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette. Der Unterschied besteht vor allem in der Definition der nichtselbständigen Arbeit (der Beschäftigungsverhältnisse), die durch lokale gesetzliche Vorschriften geregelt wird. So fallen beispielsweise Freiberufler in der Tschechischen Republik unter den ESRS S2-Standard. In einigen anderen Staaten können die Freiberufler je nach der Definition der nichtselbständigen Arbeit durch den den ESRS-Standard S1 geregelt werden.

Einige Angabepflichten nach ESRS S1:​


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STANDARD S3​

Der ESRS S3-Standard befasst sich mit betroffenen Gemeinschaften. Betroffene Gemeinschaften werden für die Zwecke der ESRS-Standards definiert als „Personen oder Gruppen, die in demselben Gebiet leben oder arbeiten, das von den Tätigkeiten eines Berichtes erstattenden Unternehmens oder seiner vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette betroffen ist oder sein könnte. Betroffene Gemeinschaften können von Gemeinschaften, die unmittelbar neben der Betriebsstätte des Unternehmens leben (lokale Gemeinschaften), bis zu in weiterer Entfernung lebenden Gemeinschaften reichen. Zu den betroffenen Gemeinschaften gehören auch indigene Völker.“  

Im Einzelnen (u.a.):
  • Gemeinschaften, die in der Nähe der Betriebsstandorte, Fabriken, Anlagen oder sonstiger physischer Tätigkeiten des Unternehmens leben oder arbeiten, oder weiter entfernt lebende Gemeinschaften, die von den Tätigkeiten an diesen Standorten betroffen sind (z. B. durch verunreinigte Flüsse)  
  • Gemeinschaften entlang der Wertschöpfungskette des Unternehmens (z. B. Gemeinschaften, die vom Betrieb der Einrichtungen der Lieferanten oder von den Tätigkeiten von Logistik- oder Vertriebsunternehmen betroffen sind)
  • Gemeinschaften an einem oder beiden Endpunkten der Wertschöpfungskette (z. B. am Ort der Gewinnung von Metallen oder Mineralien oder der Ernte von Rohstoffen, oder Gemeinschaften in der Nähe von Abfallbewirtschaftungs- oder Recyclingeinrichtungen).

Unternehmen haben anzugeben, welche positiven und negativen Auswirkungen sie auf diese Gemeinschaften haben, welche Strategien und Maßnahmen sie zur Bewältigung dieser Auswirkungen ergreifen, welche Ziele sie sich gesetzt haben und wie sie Fortschritte in diesem Bereich messen.

STANDARD S4​

Ziel des Standards ESRS S4 ist es, über Auswirkungen auf Verbraucher und Endnutzer zu berichten. Zu den Angabepflichten gehören u.a.:  

  • Informationsbezogene Auswirkungen auf Verbraucher und/oder Endnutzer  
- Datenschutz
- Privatsphäre
- Meinungsfreiheit 
- Zugang zu (hochwertigen) Informationen 
  • Persönliche Sicherheit von Verbrauchern und/oder Endnutzern 
- Gesundheit und Sicherheit 
- persönliche Sicherheit 
- Kinderschutz  
  • Soziale Inklusion von Verbrauchern und/oder Endnutzern 
- Nichtdiskriminierung
- Zugang zu Produkten und Dienstleistungen 
- verantwortungsvolle Vermarktungspraktiken 

Im Bericht ist anzugeben, welche Maßnahmen von Unternehmen ergriffen wurden, um die Meinung von Verbrauchern und Endnutzern (Beschwerden) einzuholen. Wir bieten Ihnen zwei Beispiele: 

Vermeidung gesundheitsschädlicher Produkte: 
Ein Lebensmittelunternehmen könnte beispielsweise über einzelne Maßnahmen berichten, die es zum Schutz der Gesundheit seiner Kunden - der Verbraucher - ergriffen hat. Es könnte u.a. angeben, wie Produkte auf das Vorhandensein potenziell schä​dlicher Stoffe wie Pestizide oder Allergene geprüft werden. Des Weiteren könnten auch Prozesse erläutert werden, die der Qualitätssicherung während der Produktion dienen, und Kennzahlen wie die Anzahl der durchgeführten Tests oder den Prozentsatz der Produkte, die von Inspektion überwacht wurden. Sollten Probleme festgestellt werden (z. B. die Überschreitung von Grenzwerten für gefährliche Stoffe), sollte auch erläutert werden, wie sie behoben wurden und welche Maßnahmen ergriffen wurden, um ein erneutes Auftreten von Problemen zu verhindern. 

Maßnahmen gegen Verbraucherbeschwerden
Ein Unternehmen, das Elektronikartikel verkauft, sollte über ein Mechanismus verfügen, der es den Kunden ermöglicht, Probleme zu melden oder Beschwerden vorzubringen, z. B. über die Sicherheit oder die Funktionalität der Produkte. Dieser Mechanismus sollte zugänglich und transparent sein und ein Kundenfeedback ermöglichen. Im ESRS S4-Nachhaltigkeitsbericht sollte erläutert werden, wie viele Beschwerden eingegangen sind, wie schnell und wie erfolgreich sie bearbeitet wurden. Sollten einige Probleme schwerwiegende Auswirkungen haben (z. B. Verletzungsgefahr für die Kunden), sollte auch erläutert werden, wie sich die Lösung dieser Beschwerden auf andere Produktionsentscheidungen oder Entscheidungen über Produktentwürfe ausgewirkt hat.

Fazit​

In den ESRS-Standards sind über tausend Datenpunkte definiert, davon in den „S“-Standards etwa 40 %. Dies dokumentiert umfangreiche Angabepflichten im Bereich „soziale Auswirkungen“. Es ist daher wichtig, dem Bereich Soziales bereits vor Erstellung des Nachhaltigkeitsberichtes genügend Aufmerksamkeit zu widmen.

Auch an dieser Stelle empfehlen wir Ihnen, die Zeit zu nutzen, um die Prüfung der doppelten Wesentlichkeit vorzunehmen (siehe unsere früheren Artikel), aus der sich wesentliche Themen und der Umfang der Angabepflichten ergeben. Anschließend ist es erforderlich, sich Zugang zu allen erforderlichen Daten zu verschaffen, die wichtigsten Abteilungen einzubeziehen und interne Systeme für eine laufende Sammlung und Beschaffung erforderlicher Informationen zu entwickeln.

Wir sind gerne bereit, Sie dabei zu unterstützen. 

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Ivan Brož

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