Vorvertragliche Haftung und entgangener Gewinn

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​​​Wenn Parteien bei der Aushandlung eines Vertrages so weit fortgeschritten sind, dass der Abschluss eines Vertrages als hochwahrscheinlich erscheint, handelt nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch der Tschechischen Republik derjenige unredlich, der trotz der begründeten Erwartung der anderen Partei, dass der Vertrag abgeschlossen werden wird, die Verhandlungen über den Vertragsabschluss beendet, ohne dafür einen triftigen Grund zu haben. Hat die „enttäuschte“ Vertragspartei einen Anspruch auf entgangenen Gewinn wegen des nicht abgeschlossenen Vertrages? 


Václav Vlk, Rödl & Partner Prag

Es handelt sich um eine Situation, in der eine der Vertragsparteien berechtigterweise davon ausgeht, dass ihre Verhandlungen mit der anderen Vertragspartei über den Vertragsabschluss so weit fortgeschritten sind, dass der Vertrag abgeschlossen werden wird, und die andere Vertragspartei die Verhandlungen über den Vertragsabschluss gleichwohl ohne stichhaltigen Grund beendet. Das Gesetz erlegt der Partei, die die Vertragsverhandlungen in dieser Weise abgebrochen hat, auf, dem Vertragspartner einen hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. 

Eine unbegründete Beendigung von Vertragsverhandlungen begründet keinen Anspruch auf einen entgangenen Gewinn.​

Das Oberste Gericht der Tschechischen Republik befasste sich in seiner Entscheidung vom November 2023 (Rechtssache 23 Cdo 3191/2022) mit der Frage, ob ein solcher Schaden auch in einem entgangenen Gewinn wegen eines dergestalt nicht abgeschlossenen Vertrages bestehen kann. In der gegenständlichen Sache ging es darum, dass entgegen den Erwartungen eines Auftragnehmers kein Werkvertrag abgeschlossen wurde und der klagende Auftragnehmer gegen den beklagten Auftraggeber den Ersatz eines entgangenen Gewinns aus dem gegenständlichen Auftrag geltend machte, den der Auftragnehmer bei Abschluss eines Werkvertrages erlangt hätte. 

Das Oberste Gericht kam zu dem Schluss, dass die so genannte vorvertragliche Haftung eine Haftung für das Hervorrufen der Erwartung auf einen Vertragsabschluss ist, nicht jedoch eine Haftung für den nicht erfolgten Abschluss eines Vertrags. Der eigentliche nicht erfolgte Abschluss des Vertrages kann daher nicht als widerrechtlich betrachtet werden, und kann somit auch nicht als Grund für den Schaden angesehen werden. Ein widerrechtliches Handeln besteht in der Beendigung der Verhandlungen ohne einen gerechtfertigten Grund. Jede Person kann nämlich frei Verhandlungen über einen Vertrag führen, und es entsteht ihr keine Haftung, wenn der eigentliche Vertrag nicht abgeschlossen werden sollte. Die Verpflichtung, der anderen Partei einen Schaden zu ersetzen, greift jedoch infolge eines unredlichen Verhaltens einer Partei bei den Verhandlungen über den Abschluss eines etwaigen Vertrages. Folge des unredlichen Handelns einer Partei ist in einem solchen Fall nicht das Nichtzustandekommen des Vertrags (und somit auch nicht ein Zustand, bei dem der Vertrag bei einem redlichen Handeln abgeschlossen worden wäre), sondern das Entstehen einer Erwartung aufseiten der anderen Partei, dass ein Vertrag abgeschlossen werden wird (also ein Zustand, wenn diese Erwartung aufseiten der anderen Partei bei einem redlichen Handeln nicht entstanden wäre). Ein entgangener Gewinn aus einem nicht abgeschlossenen Vertrag (aus dessen Nichterfüllung) steht also nicht in kausalem Zusammenhang mit der Beendigung der Verhandlungen durch eine Partei über den Abschluss dieses Vertrages ohne triftigen Grund. Der klagende Auftragnehmer hatte daher mit seiner Klage keinen Erfolg.  

KONTAKT

Contact Person Picture

Mgr. Václav Vlk

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

Associate Partner

+420 236 1637 20

Anfrage senden

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu