Wer den Schaden hat… – Ist die „Schwarze Liste“ das richtige Instrument beim Preisbremsenmissbrauch ?

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veröffentlicht am 15. November 2023

 

Das Bundeskartellamt beabsichtigt nach Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 17. September 2023) die Namen von Energieversorger, welche trotz Inanspruchnahme der Beihilfen nach dem Strompreisbremsegesetz und dem Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz ihre Preise in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise geändert haben, öffentlich bekannt zu geben.

 

Seit März 2023 gelten die Energiepreisbremsen für Gas und Fernwärme sowie für Strom, rückwirkend auch für Januar und Februar 2023. Ziel der Preisbremsen ist, dass der Letztverbraucher durch eine Deckelung der Preise für bestimmte Entlastungskontingente für Gas, Wärme und Strom entlastet wird. Die Energieversorger erhalten dabei aus der Staatskasse Ausgleichszahlungen, deren Höhe durch die Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Arbeitspreis und dem durch die Preisbremse gedeckelten Arbeitspreis festgelegt wird.

 

Vor der Einführung der Energiepreisbremse gab es Seitens der Bundesregierung Befürchtungen, dass Versorgungsunternehmen den durch das Einheitshöchstpreissystem des EWPBG geschmälerten Wettbewerb dazu nutzen würden, dass sie ihre Preise missbräuchlich erhöhen und dadurch Ausgleichszahlungen des Staates erhalten. Dabei müssen Versorgungsunternehmen aber ihre Preise regelmäßig erhöhen, um bei laufenden Kostensteigerungen die Kostendeckung sicherzustellen, weil vertragliche Preisanpassungsmechanismen dies vorsehen oder sie auf die Entwicklung des Marktes reagieren müssen. Ob eine Preiserhöhung tatsächlich „missbräuchlich“ oder „sachlich gerechtfertigt“ im Sinne des § 27 Abs. 1 EWPBG bzw. § 39 Abs. 1 StromPBG ist, wird deshalb regelmäßig streitig sein. Dabei werden Unternehmen auch Rechtsschutz gegenüber Einschätzung der mit komplexen betriebs- und marktwirtschaftlichen Beurteilungen geforderten Behörden in Anspruch nehmen müssen. Um über das für die komplexen Untersuchungen von EWPB-Missbrauchsverfahren und den hierzu zu erwartenden Rechtsstreitigkeiten erforderliche Personal und Know-How zu verfügen, musste das Kartellamt deshalb zunächst eine neue Abteilung aufbauen.

 

Nun ermittelt diese Abteilung des Bundeskartellamts gegen unzählige Energieversorger. Dabei handelt es sich sowohl um große Energiekonzerne als auch um kleine und kleinste Stadtwerke, Regionalversorger, Discounter und Erneuerbare-Energien-Anlagenbetreiber.

 

Das Gesetz sieht neben anderen Sanktionen vor, dass die missbräuchliche Inanspruchnahme der Subventionen unter anderem auch mit Bußgeldern sanktioniert werden kann (§ 43 StromPBG/ § 38 EWPBG) und unrechtmäßig erlangte Ausgleichszahlungen zurückerstattet werden müssen (§ 39 StromPBG/§ 27 EWPBG).

 

Das Kartellamt will jedoch noch einen Schritt weitergehen und die Namen der Energieversorger, denen eine solche Ausnutzung zu Last fällt, veröffentlichen.

 

Dabei ist die gesetzliche Grundlage und die verfassungsrechtliche Zulässigkeit für ein derartiges Vorgehen fraglich.

 

Das Interesse der Energieversorger ist klar. Sie wollen nicht öffentlich an den Pranger gestellt werden und dadurch einen Imageschaden erleiden. Gerade für kleinere Stromversorger könnte dies verheerende Auswirkungen haben. Insbesondere gibt es keine wirksamen Rechtsschutzmittel gegen eine Veröffentlichung, da der immaterielle Imageschaden auch bei einer Rücknahme nicht ausgeglichen wird und monetär kaum zu bemessen ist.

 

Vor allem sehen die Energiepreisbremsengesetze mit der Rückzahlung der Subventionen und dem Bußgeld bereits empfindliche Sanktionen vor. Dass das Höchstpreissystem den Wettbewerb verfälscht, ist ein Systemfehler, den der Gesetzgeber trotz warnender Stimmen im Gesetzgebungsverfahren bewusst hingenommen hat. Insofern ist fraglich, ob eine weitere Sanktion der ohnehin schon durch die umfassenden Energiepreisbremsen-Verwaltungspflichten belasteten Versorger nicht gegen das Übermaß-Verbot verstößt.

 

Das EWPBG und StromPBG selber sehen keine unmittelbare gesetzliche Regelung zu einer Veröffentlichung missbräuchlicher Preiserhöhungen vor. Allerdings verweist § 27 Abs. 2 Satz 8 EWPBG unter anderem auch auf Kapitel 1 des Teils 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, welches auch § 61 GWB enthält. § 61 Abs. 3 GWB verpflichtet die Kartellbehörden zur Bekanntgabe von Missbrauchsverfügungen, sodass vertretbar ist, dass für die Ankündigung des Bundeskartellamts eine gesetzliche Grundlage besteht. Im allgemeinen Kartellrecht hat das Instrument der Bekanntgabe vor allem auch eine Rechtfertigung in der Geltendmachung von Schadensersatz durch die Kartellgeschädigten, die diesen in der Regel nur auf der Grundlage einer Missbrauchsverfügung geltend machen können und deshalb einen einfachen Zugang zu kartellbehördlichen Missbrauchsverfügungen brauchen, um zivilkartellrechtliche Ansprüche geltend machen und durchsetzen zu können. Im Preisbremsenrecht fehlt es an einer entsprechenden Interessenlage, sodass zweifelhaft ist, ob der mit der Regelung verbundene Eingriff in grundgesetzlich geschützte Rechte der Versorgungsunternehmen verhältnismäßig ist.

 

Energieversorger, gegen die ein Missbrauchsverfahren nach dem EWPBG oder StromPBG eingeleitet worden ist, sollten sich deshalb frühzeitig unter Hinweis auf eine mögliche Rechtswidrigkeit der Bekanntgabe ihrer Namen und die hieraus eventuell entstehenden Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen die mit der Bekanntgabe verbundene Imageschädigung zur Wehr setzen.

 

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