Solarpaket I: Änderungen im Bereich des Mieterstroms

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veröffentlicht am 27. Juli 2023​

 

Um den Ausbau von Erneuerbaren Energien zu beschleunigen, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz eine neue Photovoltaik-Strategie veröffentlicht. Die Umsetzung der neuen PV-Strategie soll im Rahmen der Solarpakete I und II folgen, wobei für das Solarpaket I bereits ein Referentenentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung vom 27. Juni 2023 veröffentlicht wurde. Im Rahmen des Solarpakets I werden insbesondere weitreichende Änderungen im Bereich des Mieterstroms umgesetzt, die auch für Gewerbe- und Industrieunternehmen von großer Relevanz sind.

Die neue PV-Strategie

Im ersten Halbjahr des Jahres 2023 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unter Einbeziehung einer Vielzahl von Akteuren eine neue PV-Strategie entworfen und veröffentlicht. Vor dem Hintergrund des Ziels, den Anteil erneuerbarer Energien am (Brutto-)Stromverbrauch in Deutschland von derzeit knapp über 40 Prozent auf 80 Prozent bis zum Jahr 2030 zu steigern, wurden elf Handlungsfelder im Bereich der PV-Stromerzeugung definiert, um der Installation neuer PV-Anlagen einen Schub zu verleihen. Denn für die Zielerreichung sind im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2023 (EEG 2023) 215 Gigawatt installierter Photovoltaik-Leistung im Jahr 2030 vorgesehen, sodass innerhalb weniger Jahre der jährliche Ausbau der Photovoltaik von gut 7 Gigawatt im Jahr 2022 auf 22 Gigawatt nahezu verdreifacht werden muss. Die Umsetzung der in der PV-Strategie beschriebenen Maßnahmen soll im Rahmen zweier Gesetzespakete, der Solarpakete I und II, erfolgen. Ende Juni hat das BMWK als Teil des Solarpakets I nun den „Entwurf eines Gesetzes zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung” vom 27.06.2023 vorgelegt. Mit dem Ziel, Solarenergie für Gewerbetreibende, Industrieunternehmen und Privatpersonen optimal zu platzieren, sind Änderungen im EEG 2023, im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und weiteren Gesetzen geplant.

 

Änderungen durch das Solarpaket I

Konkret werden im Solarpaket I und damit im Gesetzentwurf u.a. die Themenfelder „Meldevereinfachungen von Balkon-PV-Anlagen”, „Beschleunigung von Netzanschlüssen” und „Erschließung von Gebäuden im Außenbereich” adressiert, wobei im Folgenden der Fokus auf den Änderungen im Bereich des Mieterstroms und der Einführung der gemeinschaftlchen Gebäudeversorgung gelegt werden soll.

 

Gewerbetreibende als Bereitsteller von Mieterstrom

Bisher ist der Anwendungsbereich des geförderten Mieterstroms in § 21 Abs. 3 Satz 1 EEG 2023 eindeutig geregelt:

„Der Anspruch auf die Zahlung des Mieterstromzuschlags nach § 19 Absatz 1 Nummer 3 besteht für Strom aus Solaranlagen, die auf, an oder in einem Wohngebäude installiert sind, […]”

Im Gesetzentwurf findet eine Ausweitung des Anspruchs statt, indem der Mieterstromzuschlag nun für Strom aus PV-Anlagen gewährt wird, die auf, an oder in einem Gebäude oder einer Nebenanlage dieses Gebäudes installiert sind, solange er weiterhin an einen Letztverbraucher innerhalb dieses Gebäudes oder in Wohngebäuden oder Nebenanlagen in demselben Quartier, in dem auch dieses Gebäude liegt, und ohne Durchleitung durch ein Netz geliefert und verbraucht worden ist. Die Beschränkung auf Wohngebäude entfällt und so kann bspw. auch für Photovoltaik auf Gewerbeflächen eine Mieterstromförderung beansprucht werden. Einschränkend tritt gleichzeitig eine Regelung in Kraft, die besagt, dass bei Nicht-Wohngebäuden Letztverbraucher und Mieterstromanbieter keine verbundenen Unternehmen sein dürfen.

 

In Bezug auf Mieterstromverträge wird in § 42a EnWG die Beendigung eines Mieterstromverhältnisses weiter konkretisiert, indem nun unter anderem folgender Satz ergänzt wird: „Bei einer Beendigung des Mietverhältnisses endet der Mieterstromvertrag, ohne dass es einer ausdrücklichen Kündigung bedarf, mit der Rückgabe der Räume.”

 

Die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung – Funktionsweise und Einordnung zum bestehenden Mieterstrommodell

Mit der Einführung der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung wird ein neues Modell zur bürokratiearmen Lieferung von PV-Strom innerhalb eines Gebäudes geschaffen. Dachflächen im allgemeinen, aber insbesondere Dächer von Mehrparteienhäusern, bieten noch viel Potential für die Installation von PV-Anlagen. Während der Anwendungsbereich der Eigenstromerzeugung durch die verpflichtende Personenidentität von Letztverbraucher und Betreiber der PV-Anlage bisher eingeschränkt war, ermöglicht die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung nun die Vor-Ort-Nutzung von Solarstrom im Rahmen der Eigenstromversorgung u.a. für alle Parteien eines Mehrfamilienhauses, die somit von den wirtschaftlichen Vorteilen der Eigenversorgung durch das Nichtvorhandensein von Abgaben und Umlagen profitieren. Die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung ermöglicht somit – neben dem bestehenden Mieterstrommodell – eine breitere Partizipation der dezentralen PV-Stromerzeugung. Der im Rahmen der Gesetzesänderungen neu zu verfassende § 42b EnWG lässt aber über die gerade vorgestellten Lieferverhältnisse in Mehrparteienhäusern auch eine Belieferung von Letztverbrauchern in weiteren Konstellationen zu.Eine Gebäudestromanlage muss nicht zwingend auf einem Wohngebäude installiert werden, sondern kann auf einem Gebäude jeglicher Art installiert werden, so dass auch Industrie- und Gewerbeunternehmen mit Mietverhältnissen vom Solarstrom profitieren werden.

 

Voraussetzungen für die Nutzung des sog. Gebäudestroms sind:

  • Der Strom muss ohne Durchleitung durch ein Netz zum Letztverbraucher gelangen.
  • Die Strombezugsmengen des Letztverbrauchers müssen viertelstündlich gemessen werden.
  • Der Letztverbraucher muss mit dem Betreiber der Gebäudestromanlage einen Gebäudestromnutzungsvertrag abschließen.

Der Gebäudestromnutzungsvertrag legt unter anderem den Aufteilungsschlüssel des erzeugten Gebäudestroms zwischen den Letztverbrauchern fest. Die rechnerisch aufteilbare Strommenge ist begrenzt auf die Strommenge, die innerhalb eines 15-Minuten-Zeitintervalls in der Solaranlage erzeugt oder von allen teilnehmenden Letztverbrauchern verbraucht wird, je nachdem welche dieser Strommengen geringer ist. Die Aufteilung kann individuell geregelt werden, im einfachsten Fall erfolgt eine Verteilung zu gleichen Teilen, wobei die dem einzelnen Letztverbraucher im 15-Minuten-Zeitintervall zuzuteilende Menge durch den Stromverbrauch im gleichen Intervall begrenzt ist. Der Gebäudestromanlagen-Betreiber hat dem Verteilernetzbetreiber den Aufteilungsschlüssel mitzuteilen. Darüber hinaus sind im Gebäudestromnutzungsvertrag Vereinbarungen über den Betrieb und die Instandhaltung der Gebäudestromanlage sowie die Verteilung der Kostentragung zu treffen.

 

Der Gesetzentwurf sieht explizit keine Verpflichtung des Betreibers der Gebäudestromanlage vor, die umfassende Versorgung der teilnehmenden Letztverbraucher mit Strom sicherzustellen. Die Letztverbraucher haben weiterhin freie Lieferantenwahl, was die über den Gebäudestrom hinausgehende Stromversorgung betrifft. Insbesondere dieser Punkt stellt einen gewichtigen Unterschied zum bestehenden EEG-geförderten Mieterstrom dar.

 

Fazit

Für Energieversorgungsunternehmen ergibt sich aus den Änderungen, die mit dem Solarpaket I einhergehen, die Möglichkeit PV-Contracting-Modelle gezielter umzusetzen, um so die eigenen Geschäftstätigkeiten auszubauen, aber auch Mieterinnen und Mieter die Möglichkeit zu geben, Teil einer dezentralen Energieversorgung zu werden. Während viele Energieversorgungsunternehmen sich bisher, bedingt durch die hohe Komplexität des im Jahr 2017 eingeführten EEG-geförderten Mieterstrommodells und seinen Hürden, der Umsetzung von Mieterstrommodellen verwehrt haben, lässt sich die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung künftig unbürokratischer umsetzen.

 

Für energieintensive Unternehmen ergibt sich erstmals die Chance, mit eigenen PV-Erzeugungsanlagen am Mieterstrommarkt zu partizipieren. Und auch für Immobilienbetreiber von Wohngebäuden wie Wohnungsbaugenossenschaften lassen sich Mieterstrommodelle durch die geplanten Änderungen deutlich leichter umsetzen.

 

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Benjamin Hufnagel

Wirtschaftsingenieur (B.Eng.), M.A. Europäische Energiewirtschaft

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