Keine Schenkungsteuer bei gemeinsamer Luxus-Kreuzfahrt

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FG Hamburg, Urteil vom 12. Juni 2018 – 3 K 77/17, Revision eingelegt, Az. BFH: II R 24/18

 
veröffentlicht am 15. November 2018 / Lesedauer ca. 4 Minuten

von Tanja Creed  
 
Bei Lebensgefährten mit ungleichen Vermögens- bzw. Einkommensverhältnissen kann eine gemeinsame Lebensführung ungeahnte steuerliche Belastungen aufgrund von Schenkungen nach sich ziehen. Daneben besteht das Risiko von strafrechtlichen Sanktionen, wenn Anzeigepflichten nicht erfüllt werden.

 
In diesem Kontext hat das FG Hamburg jüngst entschieden, dass die Einladung zu einer gemeinsamen Luxus-Kreuzfahrt keine steuerbare Schenkung im Sinne des ErbStG darstellt, wenn die Mitreise „nur” als Begleitung des Reisenden möglich ist und die Begleitperson sich die Reise selbst nicht hätte leisten können (sog. gemeinsamer Konsum). Die Revision beim BFH ist anhängig.

 


Zugrundeliegender Sachverhalt

Im Streitfall wurde gemeinsamer (Luxus-)Konsum aufgrund der Kenntnisnahme durch das Finanzamt ausnahmsweise Gegenstand einer finanzgerichtlichen Entscheidung. Im Urteilsfall buchte der Kläger für sich und seine Lebensgefährtin eine gemeinsame, 5-monatige Luxus-Kreuzfahrt. Er übernahm sämtliche Kosten für Flug, Kreuzfahrt, Ausflüge und Verpflegung an Bord. Die Gesamtreisekosten beliefen sich auf etwa 545.000 Euro. Seine Lebensgefährtin hätte eine solche Reise nicht aus eigenen Mitteln finanzieren können. Der Kläger gab noch während der Reise eine Steuererklärung ab, in der er einen Teil der Kosten als steuerpflichtigen Erwerb seiner Lebensgefährtin deklarierte. Das zuständige Finanzamt beurteilte die Einladung zur Luxus-Kreuzfahrt insgesamt als steuerpflichtige Schenkung und setzte entsprechend Schenkungsteuer fest. Hiergegen wendete sich der Kläger.


Keine Bereicherung im Sinne des ErbStG

Das FG Hamburg gab dem Kläger recht. Die Einladung auf die Kreuzfahrt stelle im vorliegenden Fall weder durch Verschaffung eines eigenen Anspruchs gegenüber dem Reiseveranstalter noch im Hinblick auf die tatsächliche Durchführung eine steuerbare freigebige Zuwendung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Hierfür fehle es an der für eine freigebige Zuwendung erforderlichen Bereicherung bei der Lebensgefährtin. Im Einzelnen begründete das FG Hamburg seine Auffassung in einer umfangreichen Entscheidung wie folgt:


a. Vor der Reise: Kein frei verfügbares Forderungsrecht

Mit Buchung der gemeinsamen Reise durch den Kläger hat dessen Lebensgefährtin zwar ein eigenes Forderungsrecht gegen den Reiseveranstalter auf Durchführung der Reise erlangt nach § 328 Abs. 1 BGB (sog. echter Vertrag zugunsten Dritter). Dadurch sei allerdings keine Bereicherung der Lebensgefährtin eingetreten, da sie über ihr Forderungsrecht im Verhältnis zum Kläger nicht frei verfügen konnte. Denn die Mitreisende sollte die Reiseleistung „nur” als Begleitung des Reisenden erhalten (u.a. gemeinsame Suite). Ob die Mitreisende die Reise antreten durfte, hing von der Billigung und dem fortbestehenden Interesse des Klägers ab. Auf die „Mitnahme” durch den Kläger angewiesen, war es der Lebensgefährtin daher weder rechtlich noch tatsächlich möglich, ihre reisevertragliche Rechtsposition auf einen Dritten zu übertragen. Aufgrund dieser Verfügungsbeschränkung war die Lebensgefährtin nicht bereichert. Die unter Vorbehalt stehende „Mitnahme” war eine im überwiegend eigenen Interesse des Klägers liegende, reine Gefälligkeit zugunsten der Lebensgefährtin. Dem stand auch der hohe Wert der Reise nicht entgegen, weil der Reisepreis nicht außer Verhältnis zu den wirtschaftlichen Lebensumständen des Klägers stand.


b. Nach der Reise: Kein Wertausgleich von Luxusaufwendungen

Auch in der tatsächlichen Reisebegleitung durch die Lebensgefährtin liegt nach Auffassung des FG Hamburg keine steuerbare Schenkung im Sinne des ErbStG. Hierfür müsste dem Kläger ein Wertausgleich für die „Mitnahme” auf die Kreuzfahrt gegenüber der Lebensgefährtin zustehen, auf den er verzichtet. Vorliegend waren sich die Reisenden allerdings einig, dass die Lebensgefährtin die Reiseleistung unentgeltlich vom Kläger erhalten solle. Ein bereicherungsrechtlicher Wertersatzanspruch des Klägers besteht nach § 819 Abs. 1 i.V.m. § 814 Var. 1 BGB in einem solchen Fall aber nur dann, wenn sich die Lebensgefährtin tatsächlich eigene Aufwendungen für die Reise erspart hätte. Da aich die Lebensgefährtin eine solche Luxus-Kreuzfahrt aber nicht hätte leisten, die Aufwendungen daher nicht hätte tätigen können, hat sie sich auch keine solchen erspart (sog. Luxusaufwendungen). Aufgrund des Verbrauchscharakters der Reise war sie nach der Reise entreichert i.S.v. § 818 Abs. 3 BGB. Aus dem Grund bestand kein Wertersatzanspruch des Klägers und war die Lebensgefährtin nicht durch die Ersparnis eigener Aufwendungen bereichert im Sinne des ErbStG.


c. Erhebungsdefizit bei gemeinsamen Konsum

Nach Auffassung des FG Hamburg liegt bei wertender Zusammenschau der beiden vorgenannten Aspekte, dass die Mitreise „nur” als Begleitung möglich war und die Begleitperson sich die Reise selbst nicht hätte leisten können, ein sog. gemeinsamer Konsum vor. Da es in den Fällen gemeinsamen Konsums weder im rechtlichen noch im tatsächlichen Sinne zu einer Verschiebung von Vermögenssubstanz zugunsten der bedachten Person kommt, unterliege dieser nicht der Schenkungsteuer. Unerheblich muss deshalb auch sein, in welchem ggf. familienrechtlichen Verhältnis die gemeinsam konsumierenden Personen zueinander stehen. Der Mitkonsum durch einen Ehegatten oder Lebenspartner ist gleichermaßen wie der im Urteilsfall durch einen nichtehelichen Lebensgefährten nicht schenkungsteuerbar. Denn nach Ansicht des FG Hamburg würde es im Hinblick auf die Prüfungsbedürftigkeit jedes Einzelfalls im Falle der Besteuerung des gemeinsamen Konsums zu einem verfassungswidrigen Erhebungsdefizit kommen. Insbesondere Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften würden den geringen Freibetrag i.H.v. 20.000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) im 10-Jahreszeitraum regelmäßig überschreiten.


d. Revisionsverfahren

Die für den Steuerpflichtigen erfreuliche Entscheidung bringt etwas mehr Licht in den Bereich des „Luxuskonsums” innerhalb von Lebensgemeinschaften oder Ehen mit ungleichen Vermögens- bzw. Einkommensverhältnissen. Allerdings wurde die Revision mit der Frage der Schenkungsteuerbarkeit von gemeinsamem Konsum zugelassen. Unter Verweis auf das zu erwartende BFH-Urteil sollten deshalb weiterhin Steuererklärungen abgegeben und entsprechende Schenkungsteuerbescheide offen gehalten werden. In der Praxis sollte zudem auf echte Verträge zugunsten Dritter, die dem Dritten ein eigenes Forderungsrecht einräumen, möglichst verzichtet werden.

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