Grundsteuerbefreiung für vollstationäre Pflegeeinrichtungen

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​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 30. März 2023

 

Vollstationäre Pflegeeinrichtungen für schwere bis mittelschwere Demenzkranke stellen nach dem Urteil des Finanzgerichts Münster aus Dezember 20181 keine Wohnung dar. Damit unterliegen sie der Grundsteuerbefreiung des § 5 Abs. 1 GrStG.

 

Gegenstand des Urteils ist die grundsteuerliche Beurteilung einer vollstationären Pflegeeinrichtung.

 

Wird Grundbesitz für gemeinnützige Zwecke genutzt, ist dieser grundsätzlich von der Grundsteuer befreit.2 Dient der Grundbesitz allerdings zugleich Wohnzwecken, so greift die Steuerbefreiung nur in bestimmten, einzeln im Gesetz aufgeführten Fällen (§ 5 Abs. 1 GrStG). Gem. § 5 Abs. 2 GrStG sind Wohnungen allerdings stets steuerpflichtig, auch wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 GrStG vorliegen. Anders formuliert bedeutet dies: eine Feststellung des Einheitswertes hat also zu erfolgen, wenn es sich bei den einzelnen Bewohnerräumen der zu begutachtenden Pflegeeinrichtung um Wohnungen handelt.

 

Die im Urteilssachverhalt vorliegende Einrichtung betreut Patienten, die einen durchschnittlichen Pflegegrad der Stufe 3 und höher aufweisen. Die Versorgung der (Demenz-) Erkrankten ist in der Regel palliativ beziehungsweise hospizlich ausgerichtet. Eine eigenständige Verpflegung der Bewohner ist insofern nicht möglich. Die Hilfe und die ständige Betreuung des Fachpersonals ist unabdingbar.

 

Zum Ende der Verhandlungen urteilte das Finanzgericht Münster, dass bei der betrachteten vollstationären Pflegeeinrichtung nicht von Wohnungen auszugehen ist. Es begründete seine Entscheidung gegen die Einstufung der einzelnen Zimmer als Wohnungen wie folgt:

 

  1. Fremde Dritte haben Zugang. Für die Einordnung als Wohnung ist aber erforderlich, dass fremde Dritte keinen freien Zugang haben (bisherige BFH-Rechtsprechung). Im Urteilsfall verhält es sich gegenteilig. Das Pflegeheim ist für Besucher bis 18:00h jederzeit zugänglich. Nach 18:00h können Angehörige das Heim zwar nur betreten, wenn das Pflegepersonal dies zulässt und nach dem Klingeln den Haupteingang öffnet. Erlangt der Besucher den Eintritt, so kann er aber ungehindert über das Treppenhaus oder den Aufzug zu den verschiedenen Wohnbereichen kommen.
  2. Es fehlt an der Abgeschlossenheit der Wohnungen. Denn die Wohneinheiten sind unter anderem aus brandschutzrechtlichen Gründen zwar mit feuerfesten Türen, die eine Abtrennung der Wohneinheit zum Foyer bilden, zugänglich, aber nicht abschließbar. Demnach mangelt es laut Finanzgericht an dem Kriterium der Abgeschlossenheit, welches für eine Wohnung maßgebend ist.3
    § 181 Abs. 9 BewG definiert eine Wohnung als Zusammenfassung mehrerer Räume, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass die Führung eines selbständigen Haushalts möglich ist. Die Zusammenfassung der Räume muss eine von anderen Wohnungen oder Räumen, insbesondere Wohnräumen, baulich getrennte, in sich abgeschlossene Wohneinheit bilden und einen selbständigen Zugang haben.
  3. Die Zimmer haben keine Küche. Nach BewG ist es für das Vorliegen einer Wohnung erforderlich, dass die für die Führung eines selbständigen Haushalts notwendigen Nebenräume (Küche, Bad oder Dusche, Toilette) vorhanden sind. Die Wohnfläche soll mindestens 20 Quadratmeter betragen.
    Die Pflegeeinrichtung war so ausgestattet, dass es nur eine gemeinsame Küche für eine in sich geschlossene Wohneinheit gab. Die Bewohnerzimmer verfügten über ein herkömmliches Badezimmer und waren nicht zusätzlich mit einer Küchenzeile eingerichtet.
  4. Die vollstationäre Pflegeeinrichtung ist nicht mit einer Wohnung vergleichbar. Vielmehr bestehen zahlreiche Ähnlichkeiten mit einem Krankenhaus. Aufgrund der Patienten mit ihren hohen Pflegegraden und der fehlenden Eigenständigkeit ist das Wohnheim von Anfang an gezielt darauf ausgerichtet worden, der pflegerischen Versorgung zu dienen und denen ein Zuhause zu werden, die auf die notwendige Hilfe angewiesen sind.


Fazit: Nach dem Urteil des FG Münster handelt es sich bei Wohneinheiten in vollstationären Pflegeinrichtungen nicht um Wohnungen i.S.d. GrStG. Damit greift bei gemeinnützigen Einrichtungen für die entsprechenden Flächen die Grundsteuerbefreiung.

 


 

Quellen:

1 Urteil des FG Münster vom 13.12.2018, 3-K-34/16-EW

2 § 3 Abs. 1 Nr. 3 GrStG.

3 Anmerkung: Ob das Finanzgericht hier das Merkmal der „Abgeschlossenheit“ richtig ausgelegt hat, indem es von „theoretisch verschließbar“ mit einem Schlüssel ausging,  ist u.E. fraglich. Das BewG  spricht von „in sich abgeschlossene Wohneinheit“ und geht daher eher von „abgeschlossen“ i.S.v. „genau abgrenzbar“, „in sich geschlossene Einheit“ aus. Das Kriterium der „Abgeschlossenheit“ war am Ende aber nicht allein relevant für die Beurteilung durch das FG.

 

Autorin

​Pauline Schnittker

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