Early Tax Birds 8/2024: Bundeshaushalt von Kabinett beschlossen & Digitalsteuern in Kanada

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 8/2024 (15. – 21. Juli 2024)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 22. Juli 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,

​​das Bundeskabinett hat am 17. Juli 2024 den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025, den Finanzplan bis 2028 sowie die Eckpunkte für eine Wachstumsinitiative beschlossen – über den vorhergehenden Referentenentwurf hatten wir bereits berichtet. Mit einer „soliden und verlässlichen Finanzpolitik“ will die Bundesregierung dafür sorgen, dass Deutschland ein wichtiger Stabilitätsanker in Europa bleibt. Abzuwarten bleibt freilich, ob die „Ampel“ das Beschlossene über die verbleibende Legislaturperiode ohne internes Störfeuer mittragen wird. Ebenso abzuwarten bleibt, ob die Bundesregierung nicht doch noch an der Steuerschraube drehen wird, wenn offenbar werden sollte, dass die beschlossenen Sparmaßnahmen nicht ausreichen, um die bestehende Haushaltslücke zu schließen. Wie immer gilt: Wir halten Sie verlässlich informiert.​​​

Im Übrigen heißt es wie stets: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, sagen Sie es gerne w​eiter​ – wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Über Anregungen und Kritik freuen wir uns. Schreiben Sie dazu gerne eine E-Mail an: earlytaxbirds@roedl.com​.

Beste Grüße
Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam
  

​​Aktuelle Gesetzgebung​​

Stellungnahme BStBK zum Referentenentwurf eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024

Wie wir bereits in der vergangenen Woche berichtet haben, hat das BMF am 10. Juli 2024 den Referentenentw​urf eines zweiten Jahressteuergesetz 2024​ (2. JStG 2024) an die Verbände zur Stellungnahme herausgegeben. Die Frist zur Stellungnahme fiel dabei - wie in letzter Zeit leider häufiger zu beobachten - sehr kurz aus und ermöglichte vielmals keine dezidierte Auseinandersetzung mit den Vorhaben. Dennoch hat die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) am 17. Juli 2024 fristgerecht Stellung genommen​ und darin die vorgesehenen Tarifanpassungen zur Vermeidung einer kalten Progression positiv bewertet. Zudem wurde angemerkt, dass die in verschiedenen Gesetzen vorgenommenen Änderungen am Gemeinnützigkeitsrecht zwar zu begrüßen sind, jedoch keine systematische und umfassende Überarbeitung ersetzen. 

Wesentlicher Punkt der Anmerkungen war jedoch die geplante Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen. Dabei überrascht es kaum, dass die Beraterschaft, wie auch schon im Rahmen des Entwurfs eines Wachstumschancengesetzes, die Mitteilungspflicht nachdrücklich ablehnt. Dies wird auch mit dem am 12. Juli 2024 veröffentlichten Abschlussbericht der vom BMF eingesetzten Expertenkommission zur vereinfachten Unternehmenssteuer begründet (wir berichteten vergangene Woche), die eine Mitteilungspflicht für innerstaatliche Gestaltungen ebenfalls entschieden missbilligt. 
Selbstverständlich halten wir Sie über den weiteren Gesetzgebungsprozess auf dem Laufenden!

Regierungsentwurf für Bundeshaushalt 2025

​​Am 17. Juli 2024 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025, den Finanzplan bis 2028 sowie Eckpunkte für eine Wachsumsinitiative beschlossen. Darin sind Investitionen in Höhe von 78 Mrd. EUR geplant. Im Jahr 2024 wurde mit Investitionsausgaben von rd. 70,8 Mrd. EUR geplant. Die Investitionen sollen schwerpunktmäßig in Straßen- und Schienennetzen, digitale Infrastruktur, finanzielle Transaktionen, Verteidigung oder innere Sicherheit fließen. Zudem soll der Einkommensteuertarif entsprechend der Inflation angepasst werden oder steuerliche Verbesserungen für Unternehmen bei Abschreibungen, Forschungszulagen, der Förderung der Elekro-Mobilität oder der Verlängerung der Stromsteuersenkung ermöglicht werden. Zum 1. Januar 2025 sollen der Kinder- und Grundfreibetrag sowie das Kindergeld steigen. Ziel der Wachsumsinitiative ist die Erhöhung des mittel- und langfristigen Potenzialwachstums in Deutschland. Weitere Informationen zum  Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2025, den Finanzplan bis 2028 sowie Eckpunkte für eine Wachsumsinitiative​ finden Sie hier​. Sobald hinsichtlich der weiteren steuerlichen Aspekte der Wachstumsinitiative ein Gesetzesentwurf vorliegt, werden wir berichten. ​


​Neues aus der Finanzverwaltung 

Anhebung der Wertgrenze im Beschaffungsverfahren für Lieferungen berechtigter Personen zum NATO-Truppenstatut

Mit Schreiben vom 15. Juli 2024 hat das BMF die Wertgrenze für Lieferungen im sog. niederländischen Beschaffungsverfahren von 1.500 EUR auf 2.500 EUR angehoben. Die neue Wertgrenze soll für alle Umsätze gelten, die nach dem 31. Juli 2024 ausgeführt werden. Dies soll zur Erleichterung im Beschaffungsverfahren für Leistungen an berechtigte Personen führen. 

 

Neuigkeiten aus Europa und der OECD

Digitalsteuern in Kanada

In Kanada trat am 28. Juni 2024 der Digital Services Tax Act (DSTA) in Kraft. Der DSTA gilt rückwirkend für Umsätze ab dem 1. Januar 2022. ​Die DST ist eine 3 %-ige Steuer auf in-scope Umsätze, di​e vor allem aus „Online-Marktplatzdiensten", „Online-Werbung", „sozialen Medien" und der „​Monetarisierung von Nutzerdaten" stammen. Die Steuer gilt für große inländische und ausländische Unternehmen, die einen Schwellenwert von 750 Mio. EUR überschreiten sowie mehr als 10 Mio. kanadische USD mit kanadischen digitalen Dienstleistungsumsätzen umsetzen. Die Anwendung ist vor allem für Mandanten mit digitalen Aktivitäten in Kanada zu prüfen. Der Zeitpunkt der Einführung des DSTA überrascht, weil immer noch nicht klar ist, ob das Pillar 1-Vorhaben der OECD gescheitert ist. Auch die USA zeigten sich über den DSTA "not amused" und wollen Gegenmaßnahmen prüfen.

Überarbeiteter Entwurf einer „United Nations Framework Convention on International Tax Cooperation“ veröffentlicht

Am 18. Juli 2024 haben die Vereinten Nationen einen überarbeiteten Entwurf einer „United Nations Framework Convention on International Tax Cooperation“​ veröffentlicht. Wieder einmal wird die bemerkenswerte Geschwindigkeit deutlich, mit der sich die UNO in die Neugestaltung der internationalen Besteuerungsrechte einbringen will. Erst am 7. Juni 2024 war der “zero draft ToR” von der entsprechenden Ad-Hoc-Arbeitsgruppe veröffentlicht worden. Seitdem sind über 100 Stellungnahmen ausgewertet und verarbeitet worden, deren Inhalt nunmehr die Grundlage für die zweite Diskussionsrunde bilden soll, die vom 29. Juli bis 16. August in New York stattfinden wird. Wir halten Sie über die Entwicklungen natürlich weiter auf dem Laufenden.


Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden zum 

Informationsaustausch zu den Mindeststeuerregelungen im Rahmen von Pillar II

Dem Vernehmen nach erarbeitet die EU-Kommision zurzeit einen Vorschlag zur Ergänzung der Amtshilferichtline. Durch die sog. DAC9 soll ein Informationsaustausch hinsichtlich der globalen Mindestbesteuerung (Pillar II) erfolgen. Sobald konkrete Informationen in der Sache vorliegen, werden wir Sie hier darüber informieren.


​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

auslegung und steuerliche anerkennung von kapital-disproportionalen gewinnverteilungsabreden​​

Unser dieswöchiges Urteil der Woche ist die Entscheidung des ​BFH vom 16. April 2024 (VIII ​R 3/21​)  und befasst sich mit dem Fall einer vermögensverwaltenden Fondspersonengesellschaft nach ausländischem Recht und der steuerrechtlichen Anerkennung  und Auslegung sog. Carried Interest. Hierbei wurde vom BFH insbesondere in den Blick genommen, dass kapital-disproportionale Gewinnanteile aus Carried Interests auf Ebene der Fondsgesellschaft als Tätigkeitsvergütungen und Aufwendungen der Gesellschaft zu behandeln sind und dies in der Ermittlung der festzustellenden Einkünfte auf der Gesellschaftsebene zu berücksichtigen ist. Dabei hat die Entscheidung sowohl für die Ebene des Fonds als auch für die Ebene der Investoren und Initiatoren große Relevanz.


Der Streitfall betrifft nämlich sowohl die Frage, wie sich eine Behandlung der Carried Interest als Tätigkeitsvergütung oder als Gewinnanteil auf die Höhe der festzustellenden Einkünfte auswirkt, als auch die Frage, ob die Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag der Klägerin als kapital-disproportionale Gewinnverteilungsabrede oder als Vereinbarung einer Tätigkeitsvergütung auszulegen ist. Zudem war fraglich, ob eine solche Gewinnverteilungsabrede steuerrechtlich anzuerkennen ist, weil die Zurechnung der Einkünfte gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zwingend nach Kapitalanteilen zu erfolgen habe oder ob aus § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG abzuleiten sein soll, dass der Carried Interest für die Limited Partner und die Initiatoren auf der Fondsebene steuerrechtlich als verdeckte Tätigkeitsvergütung zu behandeln ist. Zu beachten ist dabei, dass der BFH im Grundsatz der Ansicht des FG entsprochen hat. Aufgrund eines Beiladungsmangels wurde jedoch zur erneuten Verhandlung und Entscheidung vor dem FG zurückverwiesen. Zur Verfahrensbeschleunigung im zweiten Rechtsgang weist der BFH für das FG auf das Folgende hin:


Soweit streitig ist, ob die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung als Gewinnverteilungsabrede oder als Vereinbarung einer verdeckten Tätigkeitsvergütung einzuordnen ist, hält der Senat daran fest, dass ein gewichtiges Indiz die tatsächliche Handhabung der Vereinbarung bei der Gesellschaft ist. Eine schuldrechtliche Tätigkeitsvergütung kann zwar auch im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden. Hiervon ist allerdings grundsätzlich nur auszugehen, wenn die Vergütung nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags als (handelsrechtliche) Ausgabe zu behandeln und auch zu zahlen ist, wenn kein Gewinn erwirtschaftet wird. Fehlt es an einer derartigen unmissverständlichen Vereinbarung, liegt im Zweifel eine Gewinnverteilungsabrede vor.


Gelangt das FG im zweiten Rechtsgang erneut zu dem Ergebnis, dass die Vereinbarungen auf Ebene der Klägerin eine Gewinnverteilungsabrede enthalten, ist weiter zu prüfen, ob diese steuerrechtlich anzuerkennen ist. Für die steuerrechtliche Anerkennung einer Gewinnverteilungsabrede ist erforderlich, dass sie im Gesellschaftsverhältnis begründet ist und einem Fremdvergleich standhält. Eine von der Gewinnverteilungsregel abweichende Zurechnung der Einnahmen und Werbungskosten anhand der Kapitalanteile würde bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften oder Zebragesellschaften jedoch nicht in Betracht kommen, wenn die Gesellschafter eine von diesem Maßstab abweichende, steuerrechtlich anzuerkennende Vereinbarung zur Einkünftezurechnung getroffen haben. Eine Behandlung der Carried Interest als Tätigkeitsvergütung anstatt als Gewinnanteil auf Ebene der Klägerin als Fondsgesellschaft, die den Initiatoren im Rahmen eines abgekürzten Zahlungswegs über die Gewinnverteilung gezahlt wird, lässt sich auch nicht aus § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ableiten.


Nach Ansicht des BMF erhöhen Gewinnanteile ein voll steuerpflichtiges Entgelt für diejenigen Dienstleistungen, die die mittelbar oder unmittelbar an der Fondsgesellschaft beteiligten Initiatoren zugunsten der Mitgesellschafter erbringen. Die Investoren einer Fondsgesellschaft würden den Initiatoren über die erhöhte Gewinnbeteiligung innerhalb der Gesellschaft gleichsam einen Teil ihrer Dividenden und Veräußerungserlöse im Wege eines Gewinnverzichts überlassen, was an der Qualität der Vergütung als Entgelt für eine erbrachte Dienstleistung aber nichts ändere. Eine Behandlung der Carried Interest als Tätigkeitsvergütung anstatt als Gewinnanteil auf Ebene der Klägerin ist nach Auffassung des BFH ebenfalls nicht aus § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG abzuleiten. Herauszustellen ist, dass die Auffassung des BFH dem BMF-Schreiben vom 16.12.2003, Rz. 24 entgegen steht. Eine Umqualifizierung des erhöhten Gewinnanteils in eine schuldrechtliche Tätigkeitsvergütung sei daraus nicht abzuleiten. Dass § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG nur auf Ebene des Carried Interest-Berechtigten oder einer Carry-Holder-Gesellschaft Wirkung entfaltet und keine Bedeutung für die Gewinnverteilung und Einkünfteermittlung auf Ebene der Fondsgesellschaft hat, ergibt sich auch aus dem Normzweck und der systematischen Verortung in § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG statt in den Regelungen zur Einkünfteermittlung gemäß § 20 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 oder § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 EStG.


§ 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG sei danach keiner Auslegung zugänglich, die die vom BMF-Schreiben getragene Sichtweise stützt. Weder wird der erhöhte Gewinnanteil in eine schuldrechtliche Tätigkeitsvergütung umqualifiziert, noch lässt sich aus dem Gesetzeswortlaut und Normzweck ableiten, dass die Regelung in die Gewinnverteilung und Einkünfteermittlung der Fondsgesellschaft hineinwirkt und auf dieser Ebene ein der Einkommensverwendung zuzurechnender Gewinnverzicht der Investoren stattfindet. Der Carried Interest–Berechtigte und die Investoren erzielen auf der Fondsebene vielmehr die ihnen im Rahmen der Gewinnverteilung zugewiesenen Beträge und Einkünfte (§ 20 Abs. 1, Abs. 2, § 23 EStG). Werbungskosten und Veräußerungskosten der Investoren können dabei aufgrund des Carried Interest nicht entstehen.



 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH​

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
VI R 31/21​
1​6. Mai 2024
Inländische Steuerpflicht von EU-Geldern im Rahmen von Frontex-Einsätzen​
X R 7/22
31. Januar 2024
Anforderungen an einen gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss zur Unterbrechung der Verfolgungsverjährung und zur Auslösung der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 7 AO
​​XI R 16/22
17. April 2024
​Mitwirkungspflichten des leistenden Unternehmers bei Abtretungen in Bauträgerfällen
I B 41/23 (AdV)
28. Juni 2024
Zur Nutzung des beSt eines Mitgesellschafters 
VIII R 2/22
3. Juli 2024
Revisionseinlegung durch das FA per Brief mit Eingang beim BFH nach dem 31. Dezember 2021 
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