Steuerliche Querverbünde: Neuer Entwurf des BMF-Schreibens

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 1. März 2016

 

Nach reiflichen Diskussionen und der zusätzlichen Einrichtung einer Arbeitsgruppe wurde nach nunmehr 17 Monaten der zweite Entwurf des BMF-Schreibens für die künftigen Kriterien der Zusammenfassung zweier ungleicher BgA mittels eines Blockheizkraftwerkes vorgelegt. Der Großteil der Vorgaben und Anforderungen wurde gegenüber dem ersten Entwurf nun deutlich verbessert und vereinfacht. Aufgrund des Wahlrechts hinsichtlich der Anwendung von „alten” oder „neuem” Recht können sich jedoch durchaus Auswirkungen ergeben, die ein möglichst baldiges Handeln erfordern, um noch in den Genuss der bisherigen Rechtsprechung zu gelangen.
 
 

​Bisherige Zusammenfassungskriterien

Maßgeblich für die Zusammenfassung von einem Versorgungs- BgA und einem Bäder BgA gemäß § 4 Abs. 6 KStG sind bisher die Verfügung der OFD Frankfurt vom 27. Juli 1995 (Az. S 2706 A – 16 – St II 12) und das BMF-Schreiben vom 12. November 2009 (Az. IV C 7 – S 2706/08/10004). Ausgehend davon konnte zwischen einem Versorgungs-BgA und einem Bäder-BgA dann ein steuerlicher Querverbund begründet werden, wenn zwischen den beiden BgA eine enge wechselseitige technischwirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht.
  
Für die Zusammenfassung von Versorgungs- und Bäderbetrieben haben sich in der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis folgende Grundsätze herausgebildet, anhand derer unseres Erachtens bewertet werden kann, ob die Zusammenfassung gewährt werden kann oder nicht.
 

Hiernach sind folgende Merkmale heranzuziehen:
  • Die Wirtschaftlichkeit eines BHKW soll durch ein Gutachten nach Maßgabe der VDI Richtlinien (VDI 2067) nachgewiesen werden.
     
  • Die Belieferung Dritter ist grundsätzlich unschädlich. Ein schädliches Lieferverhältnis aufgrund einer Überdimensionierung der Wärmeerzeugung ist erst dann anzunehmen, wenn das BHKW auch ohne den Bäderbetrieb noch wirtschaftlich wäre.
      
  • Eine enge wechselseitig technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht zwischen einem Versorgungs BgA und einem Bäderbetrieb wird aufgrund eines BHKW in der Regel dann steuerlich anerkannt, wenn der Versorgungs- BgA eine eigene Stromversorgungssparte hat und der mittels des BHKW erzeugte Strom in das örtliche Netz des Versorgungs- BgA eingespeist wird.
      
  • Zwischen einem Bäderbetrieb und einem BHKW als eigenständigem
    Versorgungsbetrieb besteht regelmäßig eine technisch-wirtschaftliche Verflechtung.

  
Die Finanzverwaltung hat die Gewichtigkeit der Verflechtung dann angenommen, wenn die Vorteile aus der technischen Verflechtung über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt mindestens 10 Prozent der steuerlichen Ersparnis durch den Verbund betragen.
 

Entwurf des BMF Schreibens vom 24. Juli 2014

Da die vorgenannten Kriterien an einigen Stellen benachteiligend wirken und einen hohen Interpretationsspielraum zulassen, sollten die Kriterien entsprechend eindeutiger gefasst werden. Hierzu wurde im Juli 2014 ein erster Entwurf des BMF-Schreibens mit der Bitte um Stellungnahme an die schwerpunktmäßig davon betroffenen Verbände versendet.
  
In diesem ersten Entwurf führt die Finanzverwaltung unter Ziffer 1 aus, dass eine technisch-wirtschaftliche Verflechtung dann möglich wäre, wenn das BHKW mehr als 50 Prozent der erzeugten Wärmeleistung an den Bäder-BgA abgibt. Unter Ziffer 5 des Entwurfes des BMF-Schreibens heißt es weiter, dass das Merkmal der Gewichtigkeit erst bei einer Wärmeabgabe von mindestens 80 Prozent aus Sicht des Bäder-BgA gegeben sei und aus Sicht des Versorgungs-BgA die vom BHKW erzeugte Stromkapazität den Eigenbedarf des Bäder BgA um mindestens 20 Prozent überschreite. Dies hätte konkret bedeutet, dass das zu verwendende BHKW 120 Prozent der im Bäder-BgA verbrauchten Strommenge erzeugen können muss
 
Im Hinblick auf die Merkmale der Gewichtigkeit haben sich u.a. der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie der Verband der kommunalen Unternehmen in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 3. September 2014 zu diesem Entwurf des BMF-Schreibens geäußert. In dieser Stellungnahme wird insbesondere darauf hingewiesen, dass sowohl das Wärmekriterium als auch das Stromkriterium zu hoch bemessen seien und bei Anwendung dieser Grundsätze die Kommunen zu eher kleineren BHKW gezwungen werden. Die einzig verbleibende Alternative bei größeren BHKWs wäre die ungenutzte Wärme an die Umgebung abzugeben. Dies wäre jedoch umweltpolitisch nicht tragbar und würde zudem aufgrund der Regelungen des Energiesteuer – und des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen im Rahmen des Betriebs eines BHKW führen, sodass ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich wäre.
 

BMF Schreiben vom 11. Dezember 2015

Auf die genannte Kritik hin hat das BMF unter der Federführung des Bundesamtes für Steuern eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich mit den neuen Voraussetzungen für einen steuerlichen Querverbund zwischen einem Versorgungs-BgA und einem Bäder-BgA mittels BHKW befassen soll. Am 11. Dezember 2015 hat das BMF den lang erwarteten zweiten Entwurf eines BMF-Schreibens zur Einbeziehung von Bädern in den steuerlichen Querverbund mittels BHKW vorgelegt. Im Vergleich zum Entwurf aus dem Jahr 2014, der überaus problematische Regelungen enthielt, zeigt sich das neue Papier deutlich verbessert und praxistauglicher.
    
Das BMF geht dabei weiterhin davon aus, dass ein Bad nur mit einem Versorger zusammengefasst werden kann, wenn dieser – zumindest auch – einen Stromvertrieb aufweist und/oder ein Stromnetz betreibt. Bislang forderte das BMF in diesem Zusammenhang jedoch, dass diese beiden Bereiche dem Versorger das „Gepräge” verleihen müssen. Aufgrund der hiergegen gerichteten Kritik hat das BMF diese Erfordernis im aktuellen Entwurf deutlich abgesenkt. Nunmehr soll es grundsätzlich unschädlich sein, wenn daneben noch weitere Versorgungssparten (Gasversorgung, Wasserversorgung) existieren. Entscheidend soll in solchen Fällen jedoch sein, dass der Stromvertrieb und/oder das Stromnetz nicht von untergeordneter Rolle sind.
 
Auch die in verschiedenen Vorentwürfen noch geforderten starren Kriterien in Bezug auf das Merkmal der „Verflechtung von einigem Gewicht” wurden von der Finanzverwaltung erheblich geändert. In Vorentwürfen hatte das BMF eine „Verflechtung von einigem Gewicht” erst dann angenommen, wenn 80 Prozent der im BHKW produzierten Wärme an das Bad geliefert werden und das BHKW 120 Prozent des im Bad benötigten Stroms produzieren kann. Nunmehr soll es ausreichen, wenn mit der vom BHKW gelieferten Wärme 25 Prozent des Wärmebedarfs des Bades abgedeckt werden. Daneben muss das BHKW über eine elektrisch installierte Leistung von mindestens 50 kW verfügen. Das frühere Erfordernis, dass die Vorteile der technischen Verflechtung über einen Zeitraum von fünf Jahren summiert mindestens 10 Prozent der steuerlichen Ersparnis betragen müssen, wurde insofern von der Finanzverwaltung aufgegeben.
 
Darüber hinaus greift der aktuelle Entwurf auch die Problematik der schädlichen Drittlieferung auf. In der Vergangenheit musste nachgewiesen werden, dass der Betrieb des BHKW ohne die Verbräuche des Bades nicht wirtschaftlich sei. Nur wenn dieses Kriterium erfüllt war, ging die Finanzverwaltung davon aus, dass keine schädliche Drittlieferung vorlag. In dem aktuellen Entwurf hat das BMF nunmehr ausgeführt, dass das BHKW dem Bad „dienen” muss. Dies soll nicht der Fall sein, wenn das BHKW Wärme auch an Dritte liefert und die Erträge hieraus im Verhältnis zur Gesamtwirtschaftlichkeit des BHKW zu hoch sind.
 
Das aktuelle Entwurfsschreiben sieht grundsätzlich eine Anwendung für alle offenen Fälle vor. Um jedoch den Kommunen entgegen zu kommen, enthält der Entwurf eine Optionsmöglichkeit, wonach auf Antrag die bisher geltenden Grundsätze bei Inbetriebnahme des BHKW bis zum 1. Januar 2017 angewendet werden können.
 

Zusammenfassung der Kriterien im Überblick

  1. Ein mobiles BHKW ist grundsätzlich ebenso für die Zusammenfassung eines Energieversorgungs-BgA und einem Bad- BgA geeignet, für die ausreichende Verflechtung müssen jedoch mindestens 50 Prozent der Wärmeleistung eines Jahres (vermutlich ist hier die Wärmemenge gemeint) aus dem mobilen BHKW an das Bad geliefert werden. Die Zeiten – und die anteiligen Kosten – in denen das BHKW nicht im Bad eingesetzt wird, sind nicht zu berücksichtigen.
       
  2. Ein (halbjährig geschlossenes) Freibad-BgA ist zur Zusammenfassung gleichermaßen geeignet.
      
  3. Die bilanzielle Zuordnung des BHKW ist kein maßgebliches Kriterium für die Zusammenfassung.
      
  4. Als Versorgungs-BgA kommen ausschließlich Elektrizitätsversorgungsunternehmen i.S. d. § 5 Nummer 13 EEG in Frage, die überwiegend Letztverbraucher versorgen oder Netzbetriebsunternehmen. Im Falle der Ausübung weiterer Tätigkeiten darf die Elektrizitätsversorgungs- oder Netzbetriebstätigkeit nicht von untergeordneter Bedeutung sein.
      
  5. Die gegenseitige Gewichtigkeit ist für beide BgA einzeln zu prüfen. Beispielsweise wäre die Gewichtigkeit gegeben, wenn das BHKW mindestens den Grundlastwärmebedarf (25 Prozent des Gesamtwärmebedarfes) des Bades abdeckt. Bei mobilen BHKW sind die Zeiträume heranzuziehen, in denen das BHKW im Bad-BgA betrieben wird. Aus Sicht des Energieversorgungs-BgA wäre die Gewichtigkeit ab einer installierten Leistung von 50 kW(el) gegeben.
     
  6. Die Höhe der Steuerersparnis reicht nicht für die Darlegung
    der Gewichtigkeit aus.
      
  7. Die Zusammenfassung ist nur möglich, wenn die Wirtschaftlichkeit gegeben ist. Nachzuweisen ist dies über ein VDIGutachten oder andere geeignete Berechnungsmethoden. Hierfür berücksichtigt werden dürfen die erzielten Vergütungen (z.B. EEG, KWKG) sowie auch Vorteile aus bestehenden Regelungen (z.B. Stromsteuerersparnis)
      
  8. Eine Wärmelieferung an Dritte ist nur unschädlich, insofern die wirtschaftlichen Vorteile aus der Drittlieferung die der Wärmelieferung an das Bad nicht übersteigen
      
  9. Für die Zeit ab der die Zusammenfassung berücksichtigt werden soll, ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Inbetriebnahme des BHKW entscheidend.

   

Zeitplan und Inkrafttreten

Nach dem das BMF das Schreiben am 11. Dezember 2015 an die beteiligten Verbände versandt hat, haben diese nunmehr bis Februar dieses Jahres Zeit, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen. Die zur Stellungnahme aufgeforderten Verbände waren Mitglieder der Arbeitsgruppe, weshalb davon auszugehen ist, dass es keine größeren Modifikationen mehr geben wird und das BMF-Schreiben voraussichtlich noch in der ersten Jahreshälfte 2016 verabschiedet werden wird.
  

Fazit

Es empfiehlt sich, die neuen Zusammenfassungskriterien bereits vor Inkrafttreten des BMF-Schreibens genau zu analysieren und die Auswirkungen auf den eigenen Querverbund zu bewerten. Besonders, wenn unter der bisherigen Rechtsprechung keine Zusammenfassung möglich war, z. B. da nur ein Freibad-BgA vorhanden ist, kann ein genauerer Blick lohnen, denn die Kriterien wurden in mancher Hinsicht deutlich gelockert. Wenn die neuen Kriterien für Ihren Querverbund oder Ihr geplantes Vorhaben als kritisch anzusehen sind, sollten sichernde Maßnahmen eingeleitet werden, um noch von den bisherigen Regelungen profitieren zu können. Sprechen Sie uns gerne an, um gemeinsame Lösungsansätze für Ihren Querverbund zu entwickeln.

Kontakt

Contact Person Picture

Marcel Reinke

Rechtsanwalt, Steuerberater

Associate Partner

+49 911 9193 - 3685

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Benjamin Hufnagel

Wirtschaftsingenieur (B.Eng.), M.A. Europäische Energiewirtschaft

Associate Partner

+49 911 9193 3570

Anfrage senden

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu