Rechte und Pflichten von Aufsichtsratsmitgliedern kommunaler Beteiligungsgesellschaften – Ein Überblick

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veröffentlicht am 1. März 2021
von Hans Fasen

 

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Neu entsandte oder gewählte Aufsichtsratsmitglieder einer Gesellschaft, an der die Kommune unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, sehen sich zu Anfang ihrer Amtszeit oftmals mit Aufgaben konfrontiert, die sie aufgrund fehlender Kenntnisse der rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Materie vor Herausforderungen stellen. Aber auch etablierte Aufsichtsräte stehen vor immer größeren Herausforderungen. Die Erwartungen an Aufsichtsräte und ihre Mitglieder steigen stetig an und werden von tagesaktuellen Entwicklungen beeinflusst.


Neue Regelungen – wie etwa die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) – haben die Anforderungen erhöht. Zusätzlich sind Aufsichtsräte gerade in Krisenzeiten wie der aktuellen Covid-19-Pandemie besonders gefordert. Aber auch andere aktuelle Diskussionen, wie beispielsweise im Wirecard-Skandal, rücken die Rolle der Aufsichtsräte zunehmend in den Fokus. Zur Unterstützung eines nach der Kommunalwahl neu konstituierten Aufsichtsrates empfiehlt sich daher die Einarbeitung im Rahmen eines Workshops, der die wesentlichen Aufgaben eines Aufsichtsratsmitglieds sowie die Rechte und Pflichten zusammenfasst.

 

Auch für die kontinuierliche Fortbildung der Aufsichtsratsmitglieder bieten sich Schulungen an. Mit dem Ende einer Wahlperiode endet für viele Aufsichtsratsmitglieder in kommunalen Beteiligungsgesellschaften (bspw. Stadtwerken) auch deren Amtszeit. In der Bundesrepublik fanden im Jahr 2020 in Bayern (15.3.) und Nordrhein-Westfalen (13.9.) Kommunalwahlen statt, im Jahr 2021 stehen diese in Hessen (14.3.) und Niedersachsen (12.9.) an, sodass sich die Besetzungen der – sofern qua Gesetz oder Satzung vorgesehenen – Aufsichtsräte in diesen Bundesländern bereits geändert hat oder in diesem Jahr ändern wird. Von einer Kommune in den Aufsichtsrat ihrer privatrechtlich organisierten Beteiligungsgesellschaften zu entsendende Mitglieder müssen über gewisse Mindestkenntnisse allgemeiner, wirtschaftlicher, organisatorischer und rechtlicher Natur verfügen, um alle normalerweise anfallenden Geschäftsvorgänge der Gesellschaft ohne fremde Hilfe verstehen und sachgerecht beurteilen zu können (BGH, Urteil vom 15.11.1982 – II ZR 27/82).

 

Diese vom BGH bereits früh entwickelten Grundsätze sind heute nach wie vor aktuell, werden sie doch vom Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) und dem Public Corporate Governance Kodex (PCGK) in deren Empfehlungskatalog für börsennotierte Gesellschaften und nicht-börsennotierte Gesellschaften des Bundes umgesetzt. Demnach soll der Aufsichtsrat so zusammengesetzt werden, dass seine Mitglieder „insgesamt über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen”, um das Amt ausüben zu können.

 

Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht selten – je nach beruflicher und fachlicher Vorprägung der Aufsichtsratsmitglieder – einer vorherigen Auseinandersetzung mit den wesentlichen Rechten und Pflichten eines Aufsichtsratsmitgliedes, um den vom BGH aufgestellten Anforderungen gerecht zu werden und Haftungsrisiken zu vermeiden. Ziel dieses Beitrags ist es, einen groben Überblick über die Rechte und Pflichten zu geben und die Komplexität der Arbeit eines Aufsichtsratsmitgliedes an zwei Beispielen zu verdeutlichen.

 

Bedeutsame Rechte und Pflichten im Überblick

Die weitreichenden Pflichten des Aufsichtsratsmitgliedes lassen sich im Kern auf die Grundnorm des § 111 Abs. 1 AktG zurückführen: „Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen”. Aus dieser knappen Zusammenfassung ergibt sich in der Gesamtschau gleichwohl ein „bunter Strauß” an Rechten und Pflichten, die wiederum in zahlreichen Einzelnormen des AktGs sowie – im Fall einer kommunalen Beteiligungsgesellschaft – den Kommunalverfassungen der Länder kodifiziert sind. Zudem werden die Grundpflicht und die weiteren sich aus ihr ergebenden Rechte und Pflichten durch die jeweilige Satzung konkretisiert. 

 

Grafik Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates


Im Zusammenhang mit der Überwachungsfunktion ist unter anderem stets die Pflicht eines Aufsichtsratsmitgliedes mitzudenken, die geschäftlichen Aufgaben wie ein ordentlicher und sorgfältiger Geschäftsleiter wahrzunehmen. Die ordnungsgemäße Pflichtenerfüllung geht immer auch mit einer zeitintensiven inhaltlichen Befassung mit den gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der Branchensituation, der Organisation und Führungsstruktur der kommunalen Beteiligungsgesellschaft sowie mit der finanziellen Situation und Leistungskraft einher. Dies ist nicht nur für erstmalig benannte Aufsichtsratsmitglieder relevant, vielmehr lohnt es immer, sein Fachwissen auf den aktuellsten Stand zu bringen.

 

Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass die Rechtsfolgen im Falle einer Pflichtverletzung und einem daraus resultierenden Schaden für die Gesellschaft eindeutig sind: Die persönliche (gesamtschuldnerische) Haftung der Mitglieder des Aufsichtsrates (§§ 93, 116 AktG). Diese gilt nicht nur für Mitglieder eines  gesetzlich vorgesehenen Aufsichtsrates einer AG, sondern über die Verweisungsnorm des § 52 GmbHG auch für den fakultativen (oder obligatorischen) Aufsichtsrat einer GmbH.

 

Da kommunale Beteiligungsgesellschaften in der weit überwiegenden Zahl der Fälle als GmbH organisiert sind, ist dies für das kommunale Aufsichtsratsmitglied besonders relevant. Im Zusammenhang mit der persönlichen Haftung eines Aufsichtsratsmitgliedes einer kommunalen Beteiligungsgesellschaft ist zwar stets auch die gesetzlich vorgesehene Haftungsfreistellung zu berücksichtigen (vgl. etwa § 113 Abs. 6 GO NRW, Art. 93 Abs. 3 BayGO), gleichwohl bleibt es dabei, dass sich ein genereller Haftungsausschluss prinzipiell verbietet.


Ein möglicher Schaden der Kommune bzw. des Kommunalunternehmens wird bestenfalls über eine D&O-Versicherung ersetzt – der immaterielle Schaden (bspw. Imageverlust) bleibt jedoch bestehen. Die vorgenannte Pflicht der ordentlichen und sogfältigen Geschäftsleitung steht im direkten Zusammenhang mit dem Einsichts- und Informationsrecht eines jeden Aufsichtsratsmitgliedes. Um eine ordnungsgemäße Überwachung der Geschäftsführung gewährleisten zu können, haben Aufsichtsratsmitglieder von diesem Recht Gebrauch zu machen. Auch wenn die Einsichtnahme in Dokumente und Einholung von Informationen für ein Aufsichtsratsmitglied unproblematisch erscheint, kann dies nicht selten zu Problemen führen. Da für das Verständnis der zur Verfügung gestellten Informationen unter anderem auch betriebswirtschaftliche,   bilanzrechtliche und – im Fall von Stadtwerken – energiewirtschaftsrechtliche Grundkenntnisse Voraussetzung sind, kann die Entscheidungsfindung von Aufsichtsratsmitgliedern durch mangelnde Vorkenntnisse entscheidend beeinflusst werden. Eine Befassung mit diesen Themen ist daher vor Übernahme des Aufsichtsratsmandates essenziell, insbesondere um das bereits angesprochene Haftungsrisiko zu minimieren.


Überwachungspflicht ist breit gefächert und erfordert oftmals Fachkenntnisse oder fachmännische Unterstützung

Wie bereits eben dargestellt, ergibt sich aus der Grundnorm des § 111 Abs. 1 AktG die wesentliche Überwachungspflicht der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat. Gegenstand der Überwachung sind die Ordnungsmäßigkeit, die Zweckmäßigkeit und die Wirtschaftlichkeit von Entscheidungen des Geschäftsführungsorgans.

 

Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf den strategischen Entscheidungen der Unternehmensführung im Sinne einer „Ex-ante-Kontrolle”. Deshalb setzen wichtige strategische Richtungsentscheidungen wie zum Beispiel die Genehmigung des Wirtschaftsplans oder zustimmungspflichtige Rechtsgeschäfte eine entsprechende Befassung und Genehmigung durch den Aufsichtsrat voraus.


Durch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) wurden die Überwachungspflichten in § 107 Abs. 3 S. 2 AktG weitergehend konkretisiert. Danach umfasst der Pflichtenkanon des Aufsichtsrats auch die Überwachung des Rechnungslegungsprozesses sowie die Überwachung der Wirksamkeit des Internen Kontrollsystems (IKS), des Risikomanagementsystems (RMS) und des Internen Revisionssystems (IRS). Ferner wird auch das Compliance Management System (CMS) zu den für den Aufsichtsrat relevanten Kontrollsystemen gezählt. 

 

Grafik Kontrolsystem Aufsichtsrat


Gerade die Erweiterung der Überwachungspflichten um die unternehmerischen Kontrollsysteme hat zu Diskussionen geführt, ob und inwieweit gerade bei nebenberuflich ausgeübten Aufsichtsratstätigkeiten die gleichen Anforderungen wie an börsennotierte Unternehmen gestellt werden können. Klarstellend wird insoweit im PCGK ausgeführt, dass sich auch die Aufsichtsräte kommunaler Unternehmen diese Überwachungsaufgaben ebenfalls zu eigen machen sollen.

 

Instrumente des Aufsichtsrates zur Erfüllung der Überwachungspflicht

In zentralen Bereichen seiner Überwachungstätigkeit stützt sich der Aufsichtsrat auch (aber nicht ausschließlich) auf die Ergebnisse der Arbeit des Abschlussprüfers. Dies betrifft namentlich die Jahresabschlussprüfung mit anschließender Diskussion in der Bilanzsitzung sowie die im kommunalen Umfeld obligatorische Erweiterung des Prüfungsauftrags um die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung nach § 53 HGrG. 


Insbesondere können Aufsichtsrat und Abschlussprüfer auch gesonderte Prüfungsschwerpunkte vereinbaren. Auch in anderen Bereichen können Wirtschaftsprüfer und (Rechts-)Berater die Überwachungstätigkeit effizient unterstützen. So hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) mit den Prüfungsstandards der 980er Reihe über die letzten Jahre gesonderte Standards für die Prüfung der unternehmerischen Kontrollsysteme herausgegeben.

 

Derartige Prüfungen sind durchaus skalierbar und können auch an weniger komplexe Kontrollsysteme und die Anforderungen kleinerer Kommunalbeteiligungen angepasst werden.


Vor dem Hintergrund der stetigen Konkretisierung und Erweiterung der Überwachungsfunktion des Aufsichtsrates ist eine Unterstützung durch externe Prüfer und Berater zu empfehlen. Schlussendlich kann dies die Aufsichtsräte aber nicht von ihren Pflichten entbinden. Aus diesem Grund sind ergänzende  Aufsichtsratsschulungen ein sinnvolles Instrument, damit sich Aufsichtsratsmitglieder ein eigenständiges Urteil bilden können.

 

Aufsichtsräte im Krisenfall besonders gefordert

Bei drohender Schieflage eines Unternehmens haben Aufsichtsräte ihre Überwachungsfunktion vorausschauend zu verstärken. Hierzu gehört sicher auch, die aktuellen Entwicklungen in der Covid-19-Pandemie und ihre Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens kritisch im Blick zu  behalten. Bei betroffenen Unternehmen ist hierbei oftmals entscheidend, nicht nur den Status quo aufzunehmen, sondern auch den Blick in die nahe und fernere (3 bis 5+ Jahre) Zukunft zu richten. Der von kommunalen Beteiligungsunternehmen zwingend aufzustellende Wirtschaftsplan allein stellt in Krisenzeiten oftmals kein hinreichendes Instrumentarium dar, sondern es können insbesondere im Hinblick auf Liquiditäts- und Finanzierungsplanung detailliertere und längerfristige Prognosen erforderlich sein (ggf. unter Einbeziehung verschiedener Szenarien).

 

Krisenzeiten legen oftmals auch Schwachstellen offen, die in der Vergangenheit unentdeckt geblieben sind oder schlichtweg keine Rolle gespielt haben. Waren die Steuerungs- und Überwachungsinstrumente in der Vergangenheit wirklich geeignet oder hätte ein wirksames Risikofrühwarnsystem nicht schon früher Alarm schlagen müssen? Ist ein geeignetes Notfallmanagement implementiert und wie geht die Unternehmensführung mit der Situation um? Diese und zahlreiche andere Fragen erfordern gerade in Krisenzeiten einen involvierten Aufsichtsrat.

 

Mögliche Interessenkonflikte sollten erkannt und Umgangen werden

Neben den soeben dargestellten Grundaufgaben von Aufsichtsratsmitgliedern, die sich insgesamt auf die Überwachungsfunktion zurückführen und aus dieser ableiten lassen, ergeben sich in kommunalen Beteiligungsgesellschaften nicht selten Sonderprobleme, die zumeist auf einen Widerstreit von Interessen der Kommune als Gesellschafterin und der Gesellschaft selbst zurückzuführen sind. Derartige Sonderkonstellationen entstehen zumeist dann, wenn sich Regelungen des Kommunal- und Gesellschaftsrechts gegenüberstehen, die gegenteilige oder abweichende Regelungsinhalte aufweisen. Unter anderem tritt diese Problematik in den beiden folgenden Fällen auf:

 

Grundsätzlich sind Aufsichtsratsmitglieder zur Verschwiegenheit über vertrauliche Berichte und Beratungen der Gesellschaft verpflichtet, § 116 S. 2 AktG. Demgegenüber sehen die Kommunalverfassungen der Länder vom Inhalt her weitgehend identische Regelungen in Bezug auf Berichtspflichten von Aufsichtsratsmitgliedern in kommunalen Beteiligungsgesellschaften vor.

 

So heißt es bspw. in § 113 Abs. 5 GO NRW: „Die Vertreter der Gemeinde haben den Rat über alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung frühzeitig zu unterrichten. Die Unterrichtungspflicht besteht nur, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.”

 

In der Praxis steht das Aufsichtsratsmitglied dann oftmals vor einer Abwägungsentscheidung zwischen den Interessen der Kommune und denen der Gesellschaft. Fraglich ist hier stets, ob die gesellschafts- oder die kommunalrechtliche Regelung ausschlaggebend für das Verhalten des Aufsichtsratsmitgliedes ist. Im Grundsatz wird in einem solchen Fall gemäß Art. 31 GG (Bundesrecht bricht Landesrecht) die bundesgesetzliche Regelung der kommunalrechtlichen vorgehen. Gleichwohl sieht § 394 AktG wiederum eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht des Aufsichtsratsmitgliedes in kommunalen Beteiligungsgesellschaften vor. Diese gilt gemäß § 394 AktG nur dann, sofern es sich bei den Inhalten der Beratungen um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft handelt.

 

Eine derartige Entscheidung über die Qualität des Inhalts der Beratungen wird dem Aufsichtsratsmitglied nicht selten schwerfallen, da für den Begriff „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse” keine eindeutige und allgemein anerkannte Definition existiert. Insofern ist in diesen Konstellationen stets mit besonderer Vorsicht und Sorgfalt zu agieren, da ein Verstoß gegen die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht gemäß §§ 116 S. 2 i.V.m. 93 Abs. 2 S. 1 AktG zu einer Haftung des Aufsichtsratsmitgliedes gegenüber der Gesellschaft führen kann (siehe zur Enthaftungsmöglichkeit oben).


Ein weiterer und ebenfalls zentraler Sachverhalt, bei dem es regelmäßig zu widerstreitenden Interessen von Kommune und Gesellschaft kommt, sind Weisungen des Gemeinderates gegenüber dem Aufsichtsratsmitglied. In diesem Zusammenhang ergibt sich dem Grunde nach stets ein Interessenkonflikt in der Person des Aufsichtsratsmitgliedes, der sowohl zu dessen Haftung gegenüber der Gesellschaft führen kann, gleichzeitig nach den Empfehlungen des DCGK zu einer Beendigung des Aufsichtsratsmandats führen soll. Die Empfehlungen haben zwar keinen Gesetzescharakter und sind dem Grundsatz nach nur auf die Aktiengesellschaft anwendbar, gleichwohl nehmen die Anerkennung und das Befolgen der Empfehlungen des DCGK in den vergangenen Jahren – auch im Zusammenhang mit kommunalen Beteiligungsgesellschaften in der Rechtsform einer GmbH – stetig zu. Hinsichtlich einer teilweisen Haftungsfreistellung des Aufsichtsratsmitgliedes gegenüber der Gesellschaft gelten die oben dargestellten Grundsätze gleichermaßen.


Der Interessenkonflikt des Aufsichtsratsmitgliedes ergibt sich in diesem Fall abermals aufgrund des  Auseinanderfallens des Regelungsgehalts der meist identischen kommunalrechtlichen Normierungen und den Grundsätzen des Gesellschaftsrechts. Das Kommunalrecht sieht eine grundsätzliche Pflicht der Aufsichtsratsmitglieder vor, die Interessen der Kommune zu verfolgen. Bspw. heißt es in § 113 Abs. 1 GO NRW dazu:

 

„Die Vertreter der Gemeinde in Beiräten, Ausschüssen, Gesellschafterversammlungen, Aufsichtsräten oder entsprechenden Organen von juristischen Personen oder Personenvereinigungen, an denen die Gemeinde unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, haben die Interessen der Gemeinde zu verfolgen. Sie sind an die Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse gebunden.”

 

Hieraus folgt insoweit eine unmittelbare Verpflichtung der  Aufsichtsratsmitglieder, sich im Rahmen einer Abstimmung an die Beschlüsse des Rates zu halten. Stehen diese Beschlüsse nun im Widerspruch zu den wirtschaftlichen Interessen oder dem sonstigen Wohl der Gesellschaft, führt das Befolgen der Beschlüsse des Rates und einer entsprechenden Abstimmung automatisch zu einer Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Pflicht, das Handeln stets am Unternehmensinteresse auszurichten und die Interessen der Gesellschaft damit zu fördern. Auch in diesem Fall wird aufgrund der Gesetzessystematik des Kommunalrechts sowie der grundgesetzlichen Regelung des Art. 31 GG, ein Handeln im Sinne des Unternehmens und entgegen den Weisungen des Rates geboten sein.

 

Etwas anderes soll nach einer Entscheidung des OVG NRW (OVG NRW, Urteil vom 24.4.2009 – 15 A 2592/07 – ) nur dann gelten, wenn die Anwendung der aktienrechtlichen Bestimmungen betreffend die Weisungsfreiheit im Gesellschaftsvertrag für den Aufsichtsrat abbedungen und im Übrigen gesellschaftsvertraglich ein Weisungsrecht nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird. Insofern bedarf es  stets einer Prüfung der Satzung, um festzustellen, ob die grundsätzliche kommunalrechtliche Weisungsgebundenheit der Aufsichtsratsmitglieder durch aktienrechtliche Regelungen eingeschränkt oder aufgehoben wird.

 

Zusammenfassung

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass von einer Kommune in eine Beteiligungsgesellschaft gewählte oder entsendete Aufsichtsratsmitglieder zu Anfang ihrer Amtszeit stets mit unbekannten und somit herausfordernden Aufgaben konfrontiert werden, die – bei unzureichender Vorbereitung – zu nicht unerheblichen Problemen für die Gesellschaft und die Aufsichtsratsmitglieder selbst führen können. Dies hängt zum einen mit der komplizierten Regelungssystematik der kommunal- und gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zusammen, deren Verständnis durch die Empfehlungen der Kodizes zur verantwortungsvollen Unternehmensführung (DCGK, PCGK) noch erschwert wird. Des Weiteren sind – gerade auf den Energiemärkten – vertiefte Kenntnisse der einschlägigen Vorschriften des EnWGs und der sonstigen energiewirtschaftlichen Regelwerke erforderlich, um die wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge der zu treffenden Beschlüsse zu verstehen. All dies wird ohne eine entsprechende Vorbereitung der Aufsichtsratsmitglieder auf ihre Aufgaben kaum abzubilden sein.


Gleichzeitig ist es für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft auch von entscheidender Bedeutung, dass die Aufsichtsratsmitglieder über ihre Rechte und Pflichten und ihre zukünftigen Aufgaben aufgeklärt werden. Anderenfalls können Haftungsrisiken für die Gesellschaft, die Aufsichtsratsmitglieder und die entsendende Kommune entstehen.

 

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