EWA-Quote fällt auf 82 % – warum Fördermittel und Kooperationen immer wichtiger werden

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veröffentlicht am 20. Februar 2025

 

Die aktualisierte Potenzialanalyse des BMDV zeigt eine deutliche Veränderung: Die eigenwirtschaftliche Ausbauquote (EWA-Quote) sinkt von 91 auf 82 Prozent. Was bedeutet das konkret für kommunale Telekommunikationsunternehmen (TKUs), Stadtwerke und Kommunen? Ist der eigenwirtschaftliche Ausbau in vielen Regionen nun kaum noch möglich – oder braucht es eine präzisere Analyse der tatsächlichen Potenziale? Unser aktueller Beitrag analysiert die Hintergründe, ordnet die Methodik ein und zeigt auf, welche Rolle Fördermittel, Kooperationen und innovative Verlegemethoden künftig spielen werden.

 

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat im Dezember 2024 eine aktualisierte Potenzialanalyse zum eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Veränderung: Die eigenwirtschaftliche Ausbauquote (EWA-Quote) sinkt von 91 Prozent auf 82 Prozent.1 Der Rückgang der EWA-Quote verdeutlicht, dass sich die Rahmenbedingungen für den privatwirtschaftlich finanzierten Glasfaserausbau in Deutschland weiter verschärfen. Vor diesem Hintergrund rückt die gezielte Nutzung von Fördermitteln stärker in den Fokus – insbesondere in Gebieten, in denen ein Ausbau ohne öffentliche Unterstützung nicht mehr wirtschaftlich darstellbar ist.


Die EWA-Quote misst, wie viele Haushalte und Gewerbestandorte in einem Gebiet eigenwirtschaftlich mit Glasfaser erschlossen werden können. Sie basiert auf Modellberechnungen, die Investitionskosten, Tiefbauaufwand und Marktbedingungen einbeziehen. Mit der aktuellen Neuberechnung wurden insbesondere höhere Tiefbaukosten und differenzierte Investitionsobergrenzen berücksichtigt. Diese Methodenanpassungen führen dazu, dass sich das eigenwirtschaftliche Ausbaupotenzial in vielen Gebieten verringert. In der Praxis bedeutet dies, dass Glasfaservorhaben vermehrt hinsichtlich ihrer Förderfähigkeit, Kooperations-möglichkeiten und Finanzierungsoptionen untersucht werden müssen.


Kommunale Akteure müssen also ihre Ausbau- und Kooperationsstrategien überdenken.

Interkommunale Zusammenarbeit, Open-Access-Modelle oder Partnerschaften mit etablierten Netzbetreibern bieten Möglichkeiten, den Ausbau effizient und wirtschaftlich tragfähig zu gestalten.2 Ebenso gewinnt die präzise Wirtschaftlichkeitsanalyse einzelner Ausbaugebiete an Bedeutung. Eine fundierte Bewertung von Kostenstrukturen, bestehenden Infrastrukturen und regionalen Marktbedingungen sind unerlässlich, um verbleibende Potenziale realistisch einzuschätzen und nachhaltige Investitionsentscheidungen zu treffen.

 

Wie kann die EWA-Quote interpretiert werden?

Bei der Interpretation der EWA-Quote, insbesondere im Vergleich zur Glasfaserquote, ist Vorsicht geboten: Die EWA-Quote bezieht sich ausschließlich auf eigenwirtschaftliche Ausbaugebiete, während bei der Glasfaserquote auch Gebiete berücksichtigt werden, in denen gefördert ausgebaut wurde. Um das Ausbaupotential zu bestimmen, welches unter Berücksichtigung des aktuellen Ausbaustands noch vorliegt, kann daher nicht direkt die Differenz aus EWA-Quote und Glasfaserquote herangezogen werden.3


Das Beispiel Bayern illustriert diese Aussage: Im Freistaat Bayern liegt die EWA-Quote bei 67 % – in etwa zwei Dritteln des Bundeslands wäre also eigenwirtschaftlicher Glasfaserausbau möglich. Die Glasfaserquote liegt bei 31 %, nahezu ein Drittel ist also bereits erschlossen.4 Der naheliegende Schluss, dass noch 36 % eigenwirtschaftlich ausgebaut werden können, ist jedoch nicht zulässig: Mit über 1,5 Milliarden Euro an Landesfördermitteln hat Bayern seit 2014 gezielt Regionen mit hohem Investitionsbedarf unterstützt. Es wurden also bereits Gebiete erschlossen, in denen der Ausbau nicht eigenwirtschaftlich umgesetzt wurde – diese sind nun auch in der Glasfaserquote verrechnet. Die Differenz i.H.v. 36 % ist somit lediglich als Untergrenze für das verbleibende Ausbaupotential zu interpretieren. Das tatsächliche eigenwirtschaftliche Ausbaupotenzial wird darüber liegen.


Doch nicht nur die Differenz der EWA-Quote zur Glasfaserquote ist für jeden Einzelfall kritisch zu hinterfragen – auch die EWA-Quote selbst hat bezüglich struktureller und historischer Faktoren kleinere Schwächen. Insbesondere ist hier die Nichtberücksichtigung der zeitlichen Komponente des Glasfaserausbaus zu nennen: In der EWA-Quote sind die aktuellen Rahmenbedingungen berücksichtigt, der gleichzeitige Ausbau unter diesen Rahmenbedingungen in allen Kommunen ist jedoch allein aus Kapazitätsgründen unmöglich. Somit ist die tatsächlich realisierbare EWA-Quote auch von der Entwicklung der Rahmenbedingungen während des Ausbauzeitraums abhängig.
Die EWA-Quote und auch deren Vergleich zur Glasfaserquote kann ein guter Indikator für das Potenzial des Glasfaserausbaus sein – wie bei anderen Kennzahlen auch wird der konkrete Wert dieser Kennzahl jedoch erst durch genaues Einordnen in das Projektumfeld wirklich aussagekräftig.

 

Beispielsweise kann es Gebiete geben, in denen aufgrund ungewöhnlicher Baubedingungen und damit einhergehend hohen Investitionskosten trotz hoher EWA-Quote nicht eigenwirtschaftlich ausgebaut werden kann. Im Gegensatz dazu dürften auch Gebiete existieren, die entgegen einer niedrigen EWA-Quote durch synergiebedingt preiswerten Ausbau flächendeckend erschlossen werden können. Die EWA-Quote kann somit die Richtung des Ausbaus aufzeigen, erspart jedoch nicht die präzise Untersuchung der Rahmenbedingungen.

 

Was bedeutet das für kommunale Akteure?

Die gesunkene EWA-Quote darf nicht als Signal verstanden werden, dass kein weiterer eigenwirtschaftlicher Ausbau mehr möglich ist. Vielmehr ist die Situation komplexer geworden und erfordert eine detailliertere Prüfung der Ausbaupotenziale. Konkret bedeutet das für kommunale TKUs, Stadtwerke und Kommunen:

 

  • Fördermittel gewinnen weiter an Bedeutung
    Da der eigenwirtschaftliche Ausbau in vielen Gebieten schwieriger wird, müssen Kommunen noch gezielter prüfen, welche Förderprogramme für sie infrage kommen. Der Übergang von eigenwirtschaftlichem zu gefördertem Ausbau muss strategisch geplant werden, um eine maximale Synergie zwischen Markt- und Fördermitteln zu erzielen.
  • Kooperationsmodelle sind unverzichtbar
    In Regionen mit geringer Wirtschaftlichkeit kann ein Ausbau oft nur gemeinsam mit anderen Akteuren gelingen. Interkommunale Kooperationen zwischen Stadtwerken, Landkreisen und Kommunen gewinnen an Bedeutung. Open-Access-Modelle können helfen, Netze effizienter auszulasten und langfristig wirtschaftlich zu betreiben.
  • Innovative Ausbauverfahren zur Kostensenkung nutzen
    Gestiegene Tiefbaukosten sind ein zentraler Faktor für die sinkende EWA-Quote. Kommunale Akteure müssen daher kosteneffiziente Verlegemethoden prüfen. Mindertiefe Verlegung, alternative Trassenführungen und moderne Microtrenching-Techniken bieten Möglichkeiten zur Reduzierung der Ausbaukosten.
  • Sorgfältige Standortanalysen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen
    Die Potenzialanalyse liefert nur eine grobe Modellrechnung – eine eigene detaillierte Wirtschaftlichkeitsprüfung bleibt essenziell. Kommunale Akteure sollten lokale Gegebenheiten (bestehende Infrastruktur, Marktdynamik, Förderhistorie) in ihre Planungen einbeziehen.

Fazit: Die EWA-Quote als Orientierung – aber nicht als Entscheidungskriterium
Die gesunkene EWA-Quote zeigt, dass der Glasfaserausbau anspruchsvoller wird, bedeutet aber nicht, dass kein weiterer eigenwirtschaftlicher Ausbau möglich ist. Vielmehr müssen Kommunen, Stadtwerke und TKUs nun noch gezielter prüfen, welche Geschäftsmodelle und Finanzierungsstrategien tragfähig sind. Förderung, Kooperation und innovative Verlegemethoden sind entscheidende Hebel, um auch unter schwierigeren Rahmenbedingungen erfolgreiche Ausbauprojekte zu realisieren.


Es gilt nun, strategische Weichen für die kommenden Jahre zu stellen – mit einer fundierten Datenanalyse, individuellen Wirtschaftlichkeitsprüfungen und einer klaren Vision für den langfristigen Glasfaserausbau. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die eigene Ausbaustrategie zu hinterfragen und zukunftssicher auszurichten. Wir unterstützen Sie dabei – mit fundierten Analysen, maßgeschneiderten Kooperationsmodellen und rechtlicher Expertise.


Lassen Sie uns gemeinsam den Weg für nachhaltigen Glasfaserausbau ebnen und sprechen Sie uns an!

 

Quellen:

1 BMDV 2024: BMDV - Potenzialanalyse

2 Kooperationen im Glasfaserausbau – Chance für die Verbesserung der Breitbandversorgung unter Aufbau eines Infrastrukturassets | Rödl & Partner

3 vgl. WIK Report, S. 5 ff.

4 datenblatt-potenzialanalyse-eigenwirtschaftlicher-ausbau-bba-12-24.xlsx

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