Keine ausschreibungsfreie Vergabe von Planungsleistungen im Zusammenhang mit der Errichtung von Telekommunikationsnetzinfrastruktur

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​veröffentlicht am 15. Juli 2021

 

Die Vergabekammer Westfalen vertritt die Auffassung, dass Planungsleistungen für die Errichtung einer passiven Telekommunikationsnetzinfrastruktur nicht unter die Bereichsausnahmen des § 116 Abs. 2 GWB (für Aufträge) bzw. des § 149 Nr. 8 GWB (für Konzessionen) fallen. § 116 Abs. 2 GWB erfasse nur solche Aufträge, die den öffentlichen Auftraggeber in die Lage versetzen, das öffentliche Kommunikationsnetz nach Erledigung des Auftrags zu betreiben. Planungsleistungen als vorbereitenden Maßnahme seien noch deutlich von diesem Ziel entfernt

 

In dem von der Vergabekammer Westfalen bei der Bezirksregierung Münster (Beschluss vom 21.10.2020, VK1 – 21/20) entschiedenen Fall informierte die Antragsgegnerin über die Auftragsvergabe von Ingenieurleistungen zur Planung einer passiven NGA-Netzinfrastruktur für die flächendeckende Versorgung ihres Stadtgebietes sowie zweier Nachbargemeinden.


In der Bekanntmachung wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass nach ihrer Einschätzung kein förmliches Vergabeverfahren notwendig sei, da ein Fall der Bereichsausnahme nach § 116 Abs. 2 GWB vorliege, wonach das förmliche Vergaberecht nicht anwendbar sei. Sie bezog sich damit auf die sog. und auch hier bereits mehrfach thematisierten telekommunikationsspezifischen Bereichsausnahmen, nach denen für Aufträge, die hauptsächlich dazu dienen, einem öffentlichen Auftraggeber die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze zu ermöglichen, keine Ausschreibung erforderlich ist.

Die Antragstellerin rügte den Ausschluss ihres Angebotes und reichte einen Nachprüfungsantrag ein.

Die Vergabekammer hat diesem Nachprüfungsantrag im Ergebnis stattgegeben. Sie teilt die Auffassung der Antragstellerin, wonach die zu beschaffenden Planungsleistungen nicht unter die Bereichsausnahme des § 116 Abs. 2 GWB fallen.

Für ein Bereitstellen im Sinne des § 116 Abs. 2 GWB muss der öffentliche Auftraggeber nach Auffassung der Vergabekammer Westfalen unmittelbaren Zugriff auf den elektronischen Kommunikationsdienst bzw. das öffentliche Kommunikationsnetz, ggfs. vermittelt durch einen Dritten, der als Betreiber fungiert, innehaben. § 116 Abs. 2 GWB erfasst nur solche Aufträge, die den öffentlichen Auftraggeber in die Lage versetzen, das öffentliche Kommunikationsnetz nach Erledigung des Auftrags zu betreiben. Planungsleistungen als vorbereitende Maßnahme zur Errichtung einer passiven NGA-Netzinfrastruktur seien noch deutlich von diesem Ziel entfernt.

Dass § 116 Abs. 2 GWB nicht die Anschaffung und sämtliche zur Herstellung eines Netzes erforderlichen Aufträge und Wettbewerbe erfassen kann, ergibt sich nach Ansicht der Vergabekammer auch aus dem historisch zu ermittelnden Sinn und Zweck der Vorschrift.

Die Entscheidung dürfte den Streit um den Anwendungsbereich der gesetzgeberisch unglücklich gefassten Norm weiter befeuern. Die Begriffe des Bereitstellens und des Betriebs können auf unterschiedlichste Weise ausgelegt werden. Die hier streitgegenständlichen Planungsleistungen sind conditio sine qua non für das Bereitstellen des Telekommunikationsnetzes – können also nicht hinweggedacht werden, ohne dass nicht notwendigerweise auch die Errichtung des Netzes wegfiele. In einem Umfeld, in dem der Gesetzgeber durch das politisch klar kommunizierte Ziel eines flächendeckenden Glasfaserausbaus, eine zeitnahe Umsetzung der Marktakteure erwartet, ist die vorgenommene Auslegung der Vergabekammer – und insbesondere der Verweis auf den historischen Gesetzgeber – kontraproduktiv. Eine rasche Klärung dieser Rechtsunsicherheit durch eine erneute gesetzgeberische Überarbeitung oder eine obergerichtliche Klärung wären hier sicher wünschenswert. Ob die Entscheidung der Vergabekammer bestands- bzw. rechtskräftig wurde oder noch beim OLG Düsseldorf anhängig ist, bleibt abzuwarten.

 

 

 

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