Diskussion um Eckpunktepapier von BMWi/BMVI zur TKG-Novelle

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Das anlässlich der bis zum 21.12.2020 umzusetzenden Novelle des TKG erschienene Eckpunktepapier von BMWi/BMVI schlägt gerade in Verbandskreisen weiter hohe Wellen. Diverse Änderungen könnten in der derzeit vorgeschlagenen Form weitreichende Konsequenzen haben. Bei der Festlegung zukünftiger Geschäftsmodelle sollte die Diskussion im Auge behalten werden.

 

Am 20. Dezember 2018 ist der Europäische Kodex für die elektronische Kommunikation (EECC) in Kraft getretenen. Neben der Zusammenfassung von bisher vier europäischen TK-Richtlinien in einem Dokument soll die Förderung des Zuganges zu und die Nutzung von sogenannten „Netzen mit sehr hoher Kapazität” als neues Regulierungsziel eingeführt werden. In verschiedenen Themenbereichen wie z.B. der Marktregulierung, der Frequenzpolitik, dem Schutz der Endnutzer, dem institutionellen Gefüge und dem Universaldienst werden durch den EECC die Weichen für die nächsten Jahre gestellt.


Der EECC ist bis zum 21. Dezember 2020 in nationales Recht umzusetzen. Die Umsetzung berührt Fragen, die zum einen in die federführende Zuständigkeit des BMWi, zum anderen in die des BMVI fallen. Daher erfolgt die Durchführung des anstehenden Gesetzgebungsvorhabens in einem einheitlichen Prozess.
Das am 21.02.2019 herausgegebene gemeinsame Eckpunktepapier des BMWi sowie des BMVI enthielt erste Vorschläge zur Änderung des TKG. Die Eckpunkte orientierten sich am Aufbau des Gesetzes und sollten mögliche Schwerpunktthemen der TKG-Novelle wiedergeben.

 

Die mögliche TKG-Novelle ist seitdem Gegenstand umfangreicher Diskussionen diverser Marktteilnehmer, insbesondere in Verbandskreisen. Die Hauptthemen lassen sich folgenden Oberpunkten zuordnen:

 

1. Allgemeiner Teil
2. Planungs- und Informationsinstrumente
3. Marktregulierung
4. Zugang, Zusammenschaltung und Entgelte
5. Verbraucherschutz
6. Frequenzvergabe
7. „DigiNetzG”
8. Universaldienst

 

Einige Beispiele sollen den Diskussionsstand nachfolgend kurz darstellen.

 

Zu 1:

Unter anderem der Umgang mit § 6 TKG ist regelungsbedürftig. Neben einer Abschaffung der Meldepflicht kommt auch eine Erweiterung auf rufnummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste (OTT) in Betracht. Die Frage dieser Erweiterung auf OTT´s lag – auf der Grundlage der derzeitigen Rechtslage – dem EuGH zur Prüfung vor (Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 11. November 2015 – 21 K 150/15; Oberverwaltungsgericht Münster, Urteil vom 26. Februar 2018 – 13 A 17/16 setzt Verfahren aus und legt EuGH vor). Es wurde erwartet, dass der EuGH Gmail sowie weitere interpersonelle Kommunikationsdienste in konsequenter Fortführung seiner Entscheidung zu Skype (Urteil vom 5. Juni 2019, Az.: C 142/18) wohl als Telekommunikationsdienste ansehen würde. Damit hätte die BNetzA zum Missfallen der Anbieter zu einer „Superbehörde“ avancieren können. Mit Entscheidung vom 13.06.2019 hat der EuGH nun entschieden: Anbieter von Webmail-Diensten gelten nicht als elektronischer Kommunikationsdienst im Sinne des EU-Rechts. Nach der Klärung der EU-rechtlichen Fragen ist nun das Oberverwaltungsgericht Münster wieder zuständig - und dürfte nach dem Urteil des EuGH ebenfalls Google recht geben. Diese Entscheidung sollte zu einem Aufatmen bei weiteren OTT-Diensteanbietern führen, die kein Interesse daran haben können, der Aufsicht der Bundesnetzagentur zu unterfallen. Inwiefern die Entscheidung auch nochmal Bewegung in den Gesetzgebungsprozess bringt, bleibt abzuwarten.

 

Zu 2:

Zu begrüßen ist hier insbesondere das Vorhaben der Behörden, die Unternehmen nicht mit zusätzlichen Planungsinstrumenten zu belasten. Dass der Breitbandatlas die Anforderungen des Art. 22 EECC bereits größtenteils erfüllt, lässt hoffen, dass jedenfalls keine weiteren Planungstools neben die derzeit bereits implementierte Struktur treten dürften.

 

Zu 3:

Betreffend die Marktregulierung ist mit einigen Neuerungen zu rechnen. Dies betrifft einmal das „Double-Lock-Veto“ der Kommission gegen Regulierungsverfügungen, wenn BEREC (Body of European Regulators for Electronic Communications) die erheblichen Zweifel teilt. Außerdem ist ein längerer Zeitraum für die Überprüfung regulierter Märkte vorgesehen. Verbandsseitig wird kritisiert, dass nicht allein die Entlassung aus, sondern auch das Unterfallen unter eine Regulierung Gegenstand des geplanten Fast-Track-Verfahrens sein sollte.

 

Zu 4:

Insbesondere die symmetrische Zugangsregulierung dürfte hier interessant werden, die bereits in der geltenden Fassung des TKG nur in engen Grenzen zulässig ist. Die Behörden betonen, negative Investitionsanreize vermeiden zu wollen. Die unabhängig von einer marktbeherrschenden Stellung im DigiNetzG vorgenommene symmetrische Zugangsregulierung hat zu nicht unerheblicher Marktunsicherheit geführt und könnte im Zuge der Erneuerung des TKG nochmal Gegenstand der Überarbeitung werden – so liest sich zumindest der Wunsch der Verbände.

 

Zu 7:

Aus dem Gesamtpaket dürfte dem Großteil der Marktteilnehmer insbesondere die Diskussion um die – zum Teil unglücklichen – Regelungen des DigiNetzG bekannt sein. Während wohl auf Basis der EECC keine umfassende Notwendigkeit zur Anpassung der bestehenden Normen gegeben sein dürfte, sollten die Behörden die Regelungen der §§ 77a ff. TKG anhand der gewonnenen Markterkenntnisse auf den Prüfstand stellen, um Investitionsanreize zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Auf jeden Fall zu vermeiden ist die Möglichkeit der Abwälzung von Baukosten auf den Initiator der Maßnahme. Überarbeitungsbedürftig sind jedenfalls die unvollständigen Ablehnungsgründe, die Eingrenzung des Begriffs „Baus aus öffentlichen Mitteln”, die Regelungen zur Grundstücks- und Gebäudenutzung sowie auch den Umgang mit dem Begriff des Versorgungsnetzes. Hier sollte eine Analyse der Entscheidungspraxis der Bundesnetzagentur erfolgen, die zum Teil zu weitreichenden Verpflichtungen der öffentlichen Hand im Zusammenhang mit Koordinierung und Mitnutzung kommt – und zwar selbst dann, wenn eine Anspruchsmehrheit vorliegt. Es bleibt abzuwarten, wie die Behörden die Vorschläge und Anregungen der Verbände und sonstigen Marktteilnehmer aufnehmen.

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Andreas Lange

Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), Rechtsanwalt

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