Kein Kostenersatzanspruch der Trägerin einer Abwasserbeseitigungseinrichtung für die Selbstverlegung einer Telekommunikationsleitung

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Nach dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz steht dem Betreiber einer besonderen Anlage (z.B. ein Versorgungsunternehmen, das Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung ist) nicht die Befugnis zu, eine – bei Ausbauarbeiten störende – Telekommunikationsleitung zu verlegen oder zu verändern. Nach § 75 Abs. 2 Satz 1 TKG kann der Betreiber einer besonderen Anlage von dem wegebenutzungsberechtigten Telekommunikationsunternehmen allenfalls beanspruchen, dass dieses die Telekommunikationslinie verlegt oder verändert. Nimmt der Betreiber einer besonderen Anlage die Verlegung oder Veränderung der störenden Telekommunikationsleitung selbst oder durch einen Dritten vor, kann er weder Ersatz der aufgewendeten Kosten verlangen noch hat er einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch.

 

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 28. November 2018 – Az. 6 A 10009/18) hatte über eine Klage zu entscheiden, im Rahmen derer die Trägerin der Abwasserbeseitigungseinrichtung in ihrem Stadtgebiet die Erstattung von Kosten, die ihr im Zusammenhang mit der Änderung und Verlegung einer Telekommunikationslinie des beklagten Telekommunikationsunternehmens entstanden sind, verlangt.

 

Im Zuge der Erneuerung eines Abwasserkanals fand die Klägerin beim Ausschachten der Baugrube ein Kabelpaket der Beklagten unmittelbar auf der Kanaltrasse vor. Sie wies die Beklagte auf deren Pflicht zur Kostentragung für eine Kabelverlegung hin und regte an, dies mit dem Bauunternehmen zu organisieren, das mit der Kanalerneuerung beauftragt war. Nachdem die Beklagte eine diesbezügliche Zusage nach drei Tagen nicht gegeben hatte, ließ die Klägerin selbst das im Gehweg liegende Kabel seitlich verlegen und sichern. Zu diesem Zweck brauchte die Telekommunikationslinie nicht verlängert zu werden. Nach Abschluss der Bauarbeiten verbleib das Kabelpaket in dem verbreiterten Graben zwischen der Kanaltrasse und der Grenze zu den Anliegergrundstücken. Die Klägerin forderte von der Beklagten, auf der (vermeintlichen) Grundlage der §§ 75 Abs. 2 S. 1, 74 Abs. 1 und § 75 Abs. 3 TKG die Erstattung der entstandenen Mehraufwendungen für die Verbreiterung der Trasse, für die Umverlegung der Leitung und für die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen. Dies lehnte Beklagte ab. Die von der Klägerin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die maßgeblichen Bestimmungen des TKG begründeten einen Anspruch des Trägers einer erneuerungsbedürftigen besonderen Anlage (beispielsweise eines Abwasserkanals) gegenüber der Beklagten auf Vornahme der Änderung, Verlegung bzw. Sicherung einer vorhandenen Telekommunikationslinie, wenn sonst die Maßnahmen an der besonderen Anlage unterbleiben müssten oder wesentlich erschwert würden. Diese Regelung schließe es aus, dass der Träger der besonderen Anlage die an einer Telekommunikationslinie gebotenen Maßnahmen – wie die Klägerin – selbst vornehme und Erstattung der dafür aufgewendeten Kosten verlange.

 

Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bestätigte diese Entscheidung nun. Ein Anspruch ergebe sich weder aus den Bestimmungen des TKG noch aus der entsprechenden Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die auftragslose Geschäftsführung. Ebenso wenig sei ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegeben. Zwar könne die Klägerin bei einem unterstellten Vorliegen der hierfür maßgeblichen Voraussetzungen die (vorübergehende) Änderung der Telekommunikationslinie im Gehweg von der Beklagten beanspruchen. Die Selbstvornahme sei der Klägerin allerdings nicht gestattet. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz schlussfolgert dies aus der Entscheidungspraxis des Bundesverwaltungsgerichts. Stellt sich nämlich nach Errichtung einer Telekommunikationslinie heraus, dass sie den Widmungszweck eines Verkehrsweges nicht nur vorübergehend beschränkt oder die Vornahme der zu seiner Unterhaltung erforderlichen Arbeiten verhindert oder die Ausführung einer von dem Unterhaltungspflichtigen beabsichtigten Änderung des Verkehrsweges entgegensteht, so ist die Telekommunikationslinie, soweit erforderlich, abzuändern oder zu beseitigen (§ 72 Abs. 1 TKG). Die dazu gebotenen Maßnahmen an der Telekommunikationslinie hat der Nutzungsberechtigte nach § 72 Abs. 3 TKG auf seine Kosten zu bewirken. Aus der mit § 72 Abs. 3 TKG übereinstimmenden Vorschrift des § 53 Abs. 3 TKG a. F. hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschluss vom 28. März 2003 – 6 B 22.03) den Schluss gezogen, dass nur der Nutzungsberechtigte befugt ist, die erforderlichen Arbeiten auszuführen; die Bestimmung schließe es aus, dass die hinsichtlich des Verkehrsweges unterhaltungspflichtige Behörde die gebotenen Arbeiten an der Telekommunikationslinie selbst vornehme. Der Straßenunterhaltungspflichtige sei – so heißt es in dieser Entscheidung weiter –  auch nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag in entsprechender Anwendung von §§ 677 ff. BGB berechtigt, die gebotenen Maßnahmen zu bewirken, da § 53 TKG a. F. den zur Durchführung der Maßnahme Berechtigten abschließend benenne.

 

Wenn schon – so das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz – die Sicherstellung der Erhaltung der Widmungsfunktion der Straße, nämlich dem öffentlichen Verkehr zu dienen, ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht dazu berechtigt, eine aktuell störende Telekommunikationsleitung selbst zu verändern oder verändern zu lassen, kann der Träger der Abwasserbeseitigungseinrichtung dazu erst recht nicht befugt sein, wenn § 75 Abs. 2 Satz 1 TKG ihm lediglich die Möglichkeit einräumt, die Verlegung oder Veränderung einer störenden Telekommunikationsleitung zu verlangen (so auch OVG NW, Urteil vom 15. Mai 2014 – 20 A 525/12 –, DVBl 2014, 1203; insoweit nicht beanstandet von BVerwG, Urteil vom 29. April 2015 – 6 C 32.14 –, BVerwGE 152, 101). Greife er gleichwohl zur Selbstvornahme, stehe ihm kein Anspruch auf Ersatz der dafür aufgewendeten Kosten zu.

 

Im konkreten Fall konnte die Klägerin ihren Anspruch auch nicht auf sonstige Vorschriften des TKG (z.B. § 74 Abs. 1 TKG § 75 Abs. 3 TKG, „Schutzvorkehrungen”) stützen. Für die Anwendung der zivilrechtlichen Bestimmungen über die auftragslose Geschäftsführung fehle die planwidrige Regelungslücke, ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch scheide wegen des abschließenden Charakters der telekommunikationsrechtlichen Spezialregelungen aus.

 

Versorgungsunternehmen haben diese Rechtsprechung bei der Umsetzung von Verlegungsarbeiten zu beachten, um nicht eine vermeidbare Kostenlast zu verursachen. Im Falle der Verweigerung eines Telekommunikationsunternehmens sollte jedenfalls zunächst der auf die Vornahme selbst gerichtete Anspruch durchgesetzt werden.

 

 


 

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Andreas Lange

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