Referentenentwurf des Reallabore-Gesetz geht in die Verbändeanhörung

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 30. Oktober 2024​


Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat einen Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Erprobung von Innovationen in Reallaboren und zur Förderung des regulatorischen Lernens” (Reallabore-Gesetz, ReallaboreG) veröffentlicht.

Ziel des Gesetzes

Das Ziel des ReallaboreG ist, Innovationen zu fördern und die praktische Erprobung der Innovationen leichter zu ermöglichen.

Darüber hinaus soll das sogenannte „regulatorische Lernen” verbessert werden. Durch den Transfer der in Reallaboren gesammelten Erkenntnisse und einer darauf aufbauenden Evaluation soll es dem Gesetzgeber erleichtert werden, den bestehenden Rechtsrahmen unter Berücksichtigung der Chancen und Risiken für Wirtschaft und Gesellschaft anzupassen.

Regelungsinhalt

Ist in Fachgesetzen (z.B. § 1i Straßenverkehrsgesetz (StVG) oder § 2 Abs. 7 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) eine Experimentierklausel/Erprobungsklausel vorhanden, richtet das ReallaboreG bestimmte Anforderungen an die beteiligten Akteure. So enthält das ReallaboreG ein Berücksichtigungsgebot, welches die für die Erprobungsgenehmigung zuständigen Behörden dazu anhält, bei ihrer Ermessensentscheidung auch die oben genannten Ziele des ReallaboreG zu berücksichtigen.

Daneben ist vorgesehen, dass das BMWK ein Jahr nach Inkrafttreten des ReallaboreG ein sogenanntes „Reallabore-Innovationsportal” einrichtet. Dessen Aufgabe soll es sein, die Akteure bei der Umsetzung von Reallaboren zu beraten, Informationen über Umsetzung und Auswirkung von Reallaboren zu sammeln und bereitzustellen, sowie die Möglichkeit zu bieten, Bedarf für neue Reallabore oder gesetzliche Experimentierklauseln anzumelden.

Verpflichtete des ReallaboreG, sich zu beteiligen bzw. Daten an das Reallabore-Innovationsportal zu senden, sind nur die Genehmigungsbehörden, die ein Reallabor/Erprobungsbetrieb genehmigen, nicht hingegen die Betreiber des jeweiligen Reallabors. Die Behörde hat das Portal über die Genehmigungsentscheidung in Kenntnis zu setzen. Andere Akteure sind zu einer Bereitstellung von Daten nicht verpflichtet. Erkenntnisse  aus den Reallaboren, die die Genehmigungsbehörde nicht hat, dürfen daher nur im Einverständnis mit dem Betreiber an das Portal gesendet werden.

Bewertung für die Praxis

Vom ursprünglichen Konzept des ReallaboreG, welches das BMWK Ende 2021 veröffentlichte und Mitte 2023 darüber die Fachöffentlichkeit konsultierte, ist bei genauerer Betrachtung nur noch die Austausch-Plattform geblieben. Dies wird in zahlreichen Stellungnahmen zu dem Entwurf bemängelt.

Vorgesehen war ursprünglich die Schaffung:
  1. übergreifender Standards für Reallabore
  2. einer Rechtlichen Grundlage für neue Reallabore in wichtigen Innovationsbereichen (Artikelgesetz)
  3. Verankerung eines Experimentierklausel-Checks in der Gesetzgebung
  4. Einer zentralen Anlaufstelle (sogenannter „One-Stop-Shop”)

Übergreifende Standards für die Gestaltung und Durchführung von Reallaboren haben keinen Eingang in den Referentenentwurf gefunden, sodass das damit verfolgte Ziel, attraktive Bedingungen für die Erprobung von Innovationen und Förderung regulatorischen Lernens zu schaffen, zunächst nicht in der Klarheit erreicht wurde, wie es gewünscht worden ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass diese einheitlichen Standards für eine Vielzahl von Sektoren Geltung erlangt hätten, eine Einigung auf „einheitliche Standards” für verschiedene Branchen kann daher eine Herausforderung darstellen. 

Das noch im Rahmen der Konsultation genannte Ziel eines Artikelgesetzes, welches neue Experimentierklauseln im Rahmen verfassungsrechtlicher Möglichkeiten in mehrere bestehende Fachgesetze einfügt wurde offenbar aufgegeben. Damit wurde vorerst der Ansatz aufgegeben, Experimentierklauseln in weitere bestehende Gesetze einzufügen und dort für eine einfachere praktische Erprobung von Innovationen zu sorgen. Das Gesetz ist mithin nur anwendbar für Bereiche, in denen bereits Experimentier- und Erprobungsklauseln bestehen. Im Mobilitätsbereich sind dies derzeit § 1i StVG, welcher die Erprobung von automatisierten und autonomen Fahrfunktionen im öffentlichen Straßenverkehr ermöglicht, sowie § 2 Abs. 7 PBefG, welcher die praktische Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel erlaubt. 

Ziel des Experimentierklausel-Checks war es, dass der Gesetzgeber sich selbst eine Prüfpflicht bei der Erarbeitung oder Novellierung von Gesetzen auferlegt. Dies vor dem Hintergrund, dass die Möglichkeit des „Ausprobierens” so bereits im Gesetzgebungsprozess mitgedacht werden sollte um innovativen Leistungen Vorschub zu leisten. Durch das Entfallen dieser Vorgabe, besteht die Gefahr, dass normative Flexibilität, dort wo möglich und hilfreich, nicht angeboten wird und Innovationen so im schlimmsten Fall verhindert werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Referentenentwurf hinter den Hoffnungen und Erwartungen Vieler zurückgeblieben ist. Da es sich bisher um den ersten Referentenwurf handelt, ist es jedoch gut möglich, dass es aufgrund der Resonanz der Fachöffentlichkeit noch Anpassungen und Verbesserungen gibt und sich der Kritik angenommen wird.

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