Entwurf der Straßenverkehrs-Fernlenkverordnung steht auf wackeligen Füßen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 30. Oktober 2024

Das Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) hat im Juni 2024 den Referentenentwurf für eine „Straßenverkehrs-Fernlenkverordnung (StVFernLV)” zur Einführung teleoperierter/ferngelenkter Fahrzeuge in die Verbändeanhörung gegeben (wir berichteten hier​).


In dem Beschluss der Verkehrsministerkonferenz (VMK) vom 9. und 10. Oktober 2024 in Duisburg stellt diese nun fest, dass die Ermächtigungsgrundlage, auf die der Entwurf gestützt ist (namentlich § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 18 StVG) nicht für die Einführung der StVFernLV herangezogen werden könne.


Die Ermächtigungsgrundlage erlaubt es dem BMDV, „soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen über allgemeine Ausnahmen von Verkehrsvorschriften (…) zu erlassen”.


Hier war im Rahmen der Verbändeanhörung bereits kritisiert worden, dass durch die Einführung teleoperierter Fahrzeuge keine Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Verkehrs erkennbar werde, da entsprechende Fahrzeuge nach wie vor von einem menschlichen Fahrzeugführer gesteuert würden. Der Unterschied sei lediglich, dass sich der Fahrzeugführer nicht mehr innerhalb, sondern außerhalb des Fahrzeuges befinde, wodurch der Mensch als Hauptursache von Fehlern jedoch nicht beseitigt werde. Im Falle eines Funkabrisses würde die Sicherheit des Straßenverkehrs sogar weiter gefährdet, da der aus der Ferne lenkende Fahrzeugführer nun keinen Einfluss mehr auf das Fahrzeug nehmen, sondern dieses nur unkontrolliert anhalten könne.


Auf Unverständnis war insbesondere gestoßen, warum in der Verordnung zwar ausdrücklich davon gesprochen wurde, dass das ferngelenkte Fahren als Brücken- und Unterstützungstechnologie für das autonome Fahren dienen solle, sich dieser Ansatz aber nicht in den Normen wiederfinde. In der Verordnungsbegründung hatte es dazu etwa geheißen, dass autonome Fahrzeuge an der Grenze ihres Betriebsbereiches ferngelenkt weiterfahren könnten, um z.B. in einen anderen Betriebsbereich zu fahren, wo sie ihre Fahrt dann autonom fortsetzten könnten. Es fehle in den Normen aber die naheliegende Vorgabe, dass es sich bei ferngelenkten Fahrzeugen gleichzeitig um autonome Fahrzeuge handeln müsse.


Vor dem Hintergrund der Verordnungsbegründung mit der Beschreibung des ferngelenkten Fahrens als Brückentechnologie für das autonome Fahren war insbesondere auf Unverständnis gestoßen, warum man die Verordnung nicht auf die dafür passendere Ermächtigungsgrundlage in § 1j Abs. 2 StVG gestützt habe, die explizit „zur Erprobung neuartiger Fahrzeugsteuerungseinrichtungen” geschaffen worden sei.


Jedoch setze § 1j Abs. 2 StVG den Einsatz autonomer Fahrzeuge voraus, was mit der StVFernLV entgegen ihrer Begründung offenbar nicht angestrebt worden sei. Vielmehr werde mit dem Verordnungsentwurf versucht, ferngelenkte Fahrzeuge alternativ und nicht als Unterstützung für autonomen Fahrzeugen zu etablieren. Hier wurde Kritik insbesondere dazu laut, dass man bei autonomen Fahrzeugen deutlich höhere Sicherheitsanforderungen gestellt habe, als dies nun für ferngelenkte Fahrzeuge vorgesehen sei. Denn während autonome Fahrzeuge technisch so ausgestattet sein müssten, dass sie das Verhalten ihrer Umgebung wahrnehmen und antizipieren könnten, sei für ferngelenkte Fahrzeuge lediglich gefordert worden, dass diese über Abstandhalter und Notbremsassistenten verfügten, die das Fahrzeug jedoch nicht in die Lage versetzen, z.B. querende Verkehrsteilnehmer zu erkennen oder im Rahmen eines Bremsvorgangs noch auszuweichen. Hier würden nach Kritik der Fachöffentlichkeit zwei äußerlich ähnliche Technologien (es befindet sich bei autonomen als auch bei ferngelenkten Fahrzeugen kein Fahrzeugführer mehr innerhalb des Fahrzeuges) unterschiedliche Sicherheitsmaßstäbe angesetzt, was aus rechts- und gesellschaftspolitischer Sicht nicht nachvollziehbar sei.


Bewertung für die Praxis

Der Beschluss der VMK ist für das BMDV nicht bindend, sodass es grundsätzlich die Möglichkeit hat, die Verordnung auch entgegen rechtlicher Bedenken der VMK zu erlassen.


Es ist jedoch davon auszugehen, dass das BMDV die genannten Kritikpunkte genau prüfen wird. Da der Verordnungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt daher noch nichts in Stein gemeißelt und es muss abgewartet werden, was die weiteren Schritte des BMDV sind.


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