Update zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung eines Blockheizkraftwerkes

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veröffentlicht am 31. März 2022​

 

Mit einem Urteil vom 16.06.20211 haben die Richter des Finanzgerichts Köln entschieden, dass die seitens der Finanzverwaltung im Rahmen des Betriebs eines Blockheizkraftwerks unterstellte Lieferfiktion den erzeugten Strom betreffend nicht mit den Vorgaben des Umsatzsteuerrechts vereinbart werden kann.

 

Demnach ist nur für den tatsächlich an den vorgelagerten Netzbetreiber gelieferten und vergüteten Strom zwingend eine umsatzsteuerpflichtige Ausgangslieferung anzunehmen. Der dezentral vom Anlagenbetreiber selbst verbrauchte Strom kann – soweit der KWK-Anlagenbetreiber das nicht möchte – nicht vom Finanzamt als steuerpflichtige Lieferung angesehen werden.

 

Gegen das Urteil wurde seitens des Finanzamts Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.

 

Auch viele gemeinnützige Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Einrichtungen der Wohlfahrtspflege haben PV-Anlagen auf den Dächern ihrer Gebäude installiert oder betreiben eigene BHKWs. Daher ist das Urteil nicht nur für „echte Energieversorger“ von Bedeutung, sondern betrifft auch einen Großteil der gemeinnützigen Einrichtungen.

 

Am 16.06.2021 ist seitens des Finanzgerichts Köln ein Urteil zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Blockheizkraftwerken ergangen.

 

Dieses Urteil möchten wir zum Anlass nehmen und auf die aktuelle umsatzsteuerrechtliche Behandlung für den mit einem Blockheizkraftwerk produzierten Strom eingehen:

 

Aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung

Einhergehend mit der Gewinnung von Wärme erfolgt bei dem Betrieb eines Blockheizkraftwerkes stets auch die Produktion von Strom. Dieser wird üblicherweise überwiegend seitens des Anlagenbetreibers selbst verbraucht. Lediglich mit der Produktion einhergehende Überschüsse werden in das Stromnetz des vorgelagerten Netzbetreibers eingespeist.

 

Nimmt der Anlagenbetreiber eine Vergütung nach dem EEG oder einen Zuschlag nach dem Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (kurz „KWKG”) in Anspruch, so ist nach Auffassung der Finanzverwaltung für umsatzsteuerrechtliche Zwecke davon auszugehen, dass der gesamte mit dem Blockheizkraftwerk erzeugte Strom vollständig an den vorgelagerten Netzbetreiber veräußert wird. Für den produzierten und selbst verbrauchte Strom ist ein Rückkauf des Anlagenbetreibers vom vorgelagerten Netzbetreibers anzunehmen.

 

Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht zieht diese Lieferfiktion folgende Konsequenzen nach sich:

 

  1. Die Lieferung des fiktiv veräußerten Stromes vom Anlagenbetreiber an den vorgelagerten Netzbetreiber unterliegt der Umsatzsteuer.
  2. Für die Bemessung des umsatzsteuerpflichtigen Entgelts sind auch die im Rahmen des KWKG erhaltenen Zuschläge einzubeziehen.
  3. Der selbst verbrauchte Strom gilt als Rückkauf und unterliegt ebenfalls der Umsatzsteuerpflicht. Aus Sicht des Anlagenbetreibers ist zu prüfen, ob dieser zurückgekaufte Strom für umsatzsteuerfreie Ausgangsleistungen verwendet wird und somit kein Recht zum Vorsteuerabzug aus dieser Eingangsleistung besteht.
  4. Für die im Zusammenhang mit dem Blockheizkraftwerk empfangenen Eingangsleistungen (z.B. Reparaturen, Anschaffungskosten, Gasbezug) kann der Anlagenbetreiber einen anteiligen Vorsteuerabzug im Verhältnis der Stromerzeugung in Anspruch nehmen.

 

Urteil des Finanzgerichts Köln

 

Die Richter des Finanzgerichts (FG) Köln hatten im Rahmen des Verfahrens darüber zu entscheiden, ob die seitens der Finanzverwaltung für umsatzsteuerrechtliche Zwecke angenommene Lieferfiktion mit dem Steuergesetz vereinbar ist.

 

Den Ausführungen der Richter folgend erhält der vorgelagerte Netzbetreiber im Urteilssachverhalt weder aufgrund der vertraglichen Regelungen noch auf Grund der physikalischen Gegebenheiten tatsächlich eine Verfügungsmacht über den selbst verbrauchten Strom des Anlagenbetreibers.

 

Die Verschaffung der Verfügungsmacht stellt aus umsatzsteuerlicher Sicht jedoch einen wesentlichen Tatbestand für die Annahme eines steuerbaren und steuerpflichtigen Vorgangs dar, da nur dann eine Lieferung im Sinne des UStG vorliegt.

 

Aus diesem Grund ist die seitens der Finanzverwaltung angenommene Lieferfiktion für den seitens des Anlagenbetreibers selbst verbrauchten Strom nach Auffassung des FG Köln nicht haltbar – zumindest dann nicht, wenn die Lieferfiktion sich nachteilig für den Anlagenbetreiber auswirkt, da er nicht zum Vorsteuerabzug aus der (ebenfalls fiktiven) Rücklieferung berechtigt ist. Denn nach dem Gesetz ist eine Umsatzsteuerpflicht nur für den tatsächlich in das öffentliche Netz eingespeisten Strom gegeben.

 

Konsequenzen des Urteils für die Umsatzbesteuerung

Zusammenfassend betrachtet ergeben sich folgende Konsequenzen aus dem Urteil der Richter des Finanzgerichts Köln:

 

  1. Nur noch der tatsächlich in das öffentliche Stromnetz eingespeiste und vergütete Strom unterliegt zwingend der Umsatzsteuerpflicht.
  2. Für den selbst dezentral verbrauchten Strom ist kein umsatzsteuerpflichtiger Rückkauf mehr anzunehmen.2 Insofern entfällt auch die Prüfung, ob hier ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden kann.
  3. Der Vorsteuerabzug für im Zusammenhang mit dem Betrieb des Blockheizkraftwerks in Anspruch genommenen Eingangsleistungen beschränkt sich allein auf den Anteil für den tatsächlich eingespeisten und veräußerten Strom.

 

Revision bei dem Bundesfinanzhof

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung wurde seitens des Finanzgerichts Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen und auch durch das Finanzamt eingelegt.

 

Fazit

Gemeinnützige Einrichtungen oder juristische Personen öffentlichen Rechts sollten die Entwicklung im Auge behalten: erhalten Sie vom Netzbetreiber auch zukünftig Rechnungen, die den gesamten produzierten Strom als an den Netzbetreiber geliefert betrachten und im Gegenzug die Rücklieferung ausgewiesen wird, sollten sie eine Rechnungskorrektur beantragen und ggf. – soweit dies nicht fruchtet und die Rücklieferung einen für die Einrichtung relevanten Umfang hat – die entsprechenden Steuerbescheide offen halten.
 

 

1Urteil des FG Köln vom 16.06.2021, 9-K-1250/19, EFG 2021, S. 1943.​ 

2Dies ergibt sich automatisch aufgrund der Beurteilung, dass der dezentral verbrauchte Strom nicht als (fiktiv) an den Netzbetreiber geliefert gilt. 

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Christian Munker

Steuerberater

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