Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) vom 12.01.2022

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​​veröffentlicht am 28. Februar 2022; Autoren: Julia Agapova und Dr. Mathias Lorenz​​


Mit Schreiben vom 12.01.2022 hat das Bundesministerium der Finanzen gezielt den AEAO in einigen Teilen erneut angepasst. Die Anpassung des AEAO geht auf die Umsetzung der Gemeinnützigkeitsreform ein, die mit dem Jahressteuergesetz 2020 am 29.12.2020 in Kraft getreten ist. Die wesentlichen Änderungen des AEAO betreffen die Ausführungen der Finanzverwaltung zur politischen Betätigung gemeinnütziger Organisationen, zur Erleichterung bei Kooperationen steuerbegünstigter Körperschaften sowie zum planmäßigen Zusammenwirken solcher Körperschaften. Weitere Anpassungen erfolgten bei der Mittelverwendung sowie bei den Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung. Zudem fasste die Finanzverwaltung ihre Aussagen zu bestimmten Zweckbetrieben der Flüchtlingshilfe und der Inklusionsbetriebe neu.

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Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über die wesentlichen Änderungen des AEAO zum 12.01.2022.
 

Gemeinnützige Zwecke

In AEAO zu § 52 Nr. 9 wurde ein neuer Absatz hinzugefügt, wonach die „politische Bildung nicht förderbar ist, wenn sie eingesetzt wird, um die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen, z. B. durch einseitige Agitation oder unkritische Indoktrination”.

 
Zudem stellt die Finanzverwaltung klar, dass politische Zwecke nicht zu den gemeinnützigen Zwecken im Sinne des § 52 AO gehören (= kein eigenständiger steuerbegünstigter Zweck).

 
Allerdings ist einer steuerbegünstigten Körperschaft die politische Betätigung als Mittel zur Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gestattet, wenn dies der Verfolgung ihrer steuerbegünstigten Zwecke dient und parteipolitisch neutral bleibt (= politische Betätigung als Mittel zur Verwirklichung satzungsmäßiger steuerbegünstigter Zwecke).

 
Ausdrücklich klargestellt wurde, dass vereinzelte Stellungnahmen zu tagespolitischen Themen außerhalb der steuerbegünstigten Satzungszwecke nicht zu beanstanden sind, z. B. ein Aufruf eines Sportvereins für Klimaschutz oder gegen Rassismus (= politische Betätigung außerhalb der satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke).

 

Selbstlosigkeit

Eine Eigengesellschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts kann steuerbegünstigt sein, auch wenn sie bei der Erfüllung hoheitlicher Pflichtaufgaben der Trägerkörperschaft (z. B. Durchführung des bodengebundenen Rettungsdiensts) eingebunden ist. Dabei verfolgt sie keine vordergründig eigennützigen Interessen ihres Gesellschafters. Allerdings muss die Eigengesellschaft für die von ihr erbrachten Leistungen eine angemessene Vergütung erhalten.

 
Des Weiteren äußert sich die Finanzverwaltung nun auch zu den Kriterien für die Feststellung von Mittelfehlverwendungen durch überhöhte Vergütungen an den Geschäftsführer einer gemeinnützigen Körperschaft. Es sind dabei die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung zu berücksichtigen.


Kooperationen gemeinnütziger Organisationen und das planmäßige Zusammenwirken

Der AEAO stellt klar, dass das planmäßige Zusammenwirken zwischen steuerbegünstigten Körperschaften neben den Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen auch Warenlieferungen umfasst.

 
In Bezug auf die Nennung einzelner Kooperationspartner in der Satzung ergeben sich Erleichterungen gegenüber der am 6. August 2021 veröffentlichten Fassung des AEAO. So genügt es „bei mehreren Kooperationspartnern”, „wenn diese anhand der Satzung konkret nachvollziehbar sind, beispielsweise bei einer Kooperation innerhalb eines Konzern- oder Unternehmensverbundes”. Hier reicht die Bezeichnung des Konzerns oder des Unternehmensverbundes. Eine Aufstellung der einzelnen Kooperationspartner ist der Finanzverwaltung nur bei Beginn und bei Änderung der Kooperation zusätzlich zur Satzung vorzulegen. Jedoch bleibt es trotz dieser Erleichterung bei dem sogenannten „doppelten Satzungserfordernis,” wonach in den jeweiligen Satzungen der Kooperationspartner die Kooperation aufgenommen sein muss.

 
Ferner wird klargestellt, dass das planmäßige Zusammenwirken bereits unter bestimmten Voraussetzungen vor der zivilrechtlichen Wirksamkeit (d.h. vor der Registereintragung) erfolgen kann. Voraussetzung ist, dass bei den kooperierenden Körperschaften darüber ein wirksamer Organbeschluss vorliegt und, dass die Körperschaft, die sich für ihre Steuerbegünstigung in diesem Fall auf die Kooperation beruft, auch zivilrechtlich schon anerkannt ist.

 
Demgegenüber muss bei Servicegesellschaften, die nur aufgrund einer Kooperation nach § 57 Abs. 3 AO die Steuerbegünstigung erlangen können, die zivilrechtliche Wirksamkeit bereits zum Beginn des Veranlagungszeitraums vorliegen (§ 60 Abs. 2 AO).

 

Mittelweitergabe

Der geänderte AEAO legt fest, dass unter den Begriff „Mittel” auch Nutzungsüberlassungen, Warenlieferungen und Dienstleistungserbringung fallen.


Anforderungen an die tatsächliche Geschäftsführung

Der neue AEAO zu § 63 Nr. 6 stellt klar, dass „geringfügige Verstöße, beispielsweise gegen das Mittelverwendungsgebot des § 55 AO, nicht den Entzug der Gemeinnützigkeit rechtfertigen.”

 

Krankenhäuser

Die Finanzverwaltung stellt klar, dass “bei Leistungen, die ein Arzt im Rahmen seiner Nebentätigkeitserlaubnis und damit außerhalb seiner dienstvertraglichen Pflichten im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit erbringt und der vom Patienten erteilte Behandlungsauftrag durch den Arzt auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko erfüllt wird“, diese Leistungen sozialversicherungsrechtlich vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst sind. Hierbei reagiert die Finanzverwaltung auf die allgemein anwendbare Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vom 6.6.2019 (V R 39/17, BStBl II S. 651)


Erweiterung der Zweckbetriebe

Flüchtlinge zählen regelmäßig zu den von § 53 AO erfassten hilfsbedürftigen Personen. Daher ist bei den Tätigkeiten zur Unterbringung, Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen die Prüfung der Voraussetzungen des § 53 AO nicht erforderlich. Die Einrichtungen dürfen nicht des Erwerbs wegen betrieben werden, § 66 Abs. 2 AO.

 
Auch der AEAO zu § 68 Nr. 7 erfährt umfangreiche Ergänzungen zu den Inklusionsbetrieben. Neben der steuerlichen Anerkennung von Inklusionsbetrieben auf Basis der sozialrechtlichen Einordnung wurde auch die Quotenberechnung in den AEAO aufgenommen. Danach bedarf es für die steuerliche Eignung als Zweckbetrieb insgesamt einer Beschäftigungsquote von mindestens 40 % der dort genannten Personengruppen.

 

Fazit

Die Änderungen des neuen AEAO bitten den gemeinnützigen Körperschaften Rechtssicherheit, insbesondere profitieren die Körperschaften von der Erleichterung bei Ausführung von Kooperationen. Der Anwendungserlass ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

 

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Quelle: BMF-Schreiben vom 12.01.2022, BStBl. I 2022, 82

 

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Dr. Mathias Lorenz

Diplom-Kaufmann, Steuerberater, Zertifizierter Berater für Gemeinnützigkeit

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