Hinweisgeberportal für anonyme Hinweise auf Korruptionsdelikte im Gesundheitswesen in Bayern freigeschaltet – was nun?

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veröffentlicht am 4. November 2021

 

Bayern gründete bereits im September 2020 die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG). Als Ergänzung wurde diesen Monat ein Hinweisgeberportal freigeschaltet, auf welchem anonym Hinweise abgegeben werden können. Wie diese Entwicklung zu werten ist und wie Sie agieren, statt reagieren um mögliche Reputationsschäden durch Whistleblowing abzuwenden, zeigen wir Ihnen in unserem Beitrag.

 

Status Quo

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich gab vor einigen Wochen bekannt, dass in Bayern ab dem 01.10.2021 ein Hinweisgeberportal freigeschaltet wird, in welchem anonyme Hinweise bei Verdacht von Korruption im Gesundheitswesen abgegeben werden können.


Bereits im September 2020 wurde die bayerische Zentralstelle von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) gegründet. Diese ist bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelt, um gegen kriminelle Machenschaften in diesem hochsensiblen regulierten Markt vorzugehen. Die Hinweisgeberplattform stellt nun ein weiteres Instrument zur Bekämpfung dar. Der bayerische Justizminister führte dazu aus, dass die Dunkelziffer bei Betrug und Korruption gerade im Gesundheitswesen groß sei und deswegen künftig auf anonyme Hinweisgeber gesetzt werden würde.

Man wolle mit der Plattform gezielt gegen die schwarzen Schafe der Branche vorgehen.
Konkret angesprochen werden sollen etwa Beschäftigte im Gesundheitswesen, Patienten und deren Angehörige. Gesucht werden Vermögensstraftaten wie zum Beispiel abgerechnete Leistungen, die gar nicht oder anders erbracht wurden, blanko ausgestellte Unterschriften für angebliche Behandlungen oder wenn Geld gezahlt wurde, damit mit bestimmten Medikamenten behandelt wird.

 

Anonyme und offene Hinweise möglich 

Hinweise können sowohl namentlich als auch anonym abgegeben werden. Die Besonderheit besteht darin, dass Ermittler dank eines „geschützten Postkastens” auch auf anonyme Zuschriften antworten und Rückfragen stellen können, ohne dass es zu einer Enthüllung der Identität kommt.

Bei der Plattform handelt es sich zunächst um ein vierjähriges Pilotprojekt.

 

Öffentliche Plattformlösungen als weitverbreitete Maßnahmen

In einzelnen Bundesländern gibt es bereits ähnliche Plattformen zur Meldung von vermeintlichen Steuerstraftaten, NRW prüft gerade die Einführung eines ähnlichen Modells für die Meldung von Korruptionsfällen bei Amtsträgern. Es ist somit davon auszugehen, dass diese Art der Plattformen in Zukunft zunehmen wird. Es kann damit davon ausgegangen werden, dass sich Meldeplattformen für das Gesundheitswesen bald nicht nur auf Bayern beschränken.

Von einer Zunahme ist auch alleine deshalb auszugehen, weil hiermit der EU-Richtlinie zum Thema Whistleblowing Rechnung getragen wird (EU-Richtlinie 2019/1937 vom 23.10.2019).
Diese sieht ein dreistufiges Meldesystem vor, als zweite Stufe soll die Möglichkeit geschaffen werden, Verstöße an staatliche Stelle zu melden. Die Richtlinie greift im Moment bei Verstößen gegen das Unionsrecht. Bis zum 17.12.2021 haben die Mitgliedstaaten Zeit diese in nationales Recht umzuwandeln. Das Gesetzgebungsverfahren ist in Deutschland allerdings aufgrund unterschiedlicher Auffassungen vorerst zum Stillstand gekommen, die Frist wird nicht mehr eingehalten werden können. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Länder durch die Schaffung von Meldeplattformen bereits jetzt versuchen die zweite Stufe rechtskonform abzubilden.

 

Kritik an den Meldeplattformen

Die Meldeplattformen bergen nach Auffassung einiger Vertreter auch einige Nachteile. Zum einen wird ins Feld geführt, dass mit solchen öffentlichen Prangern Denunzianten erleichtert würde, etwaige Falschmeldungen abzugeben. Ein weiterer großer Nachteil: Werden Meldung sofort an öffentliche Stellen weitergeleitet, können betroffene Unternehmen und Einrichtungen bei etwaigen Vorwürfen nur noch reagieren und nicht mehr agieren. Imageschäden sind daher nicht ausgeschlossen.

 

Was können Sie proaktiv tun? Vertrauen schaffen!

Fakt ist: Es gibt diese Meldeplattformen und sie werden künftig – wie auch immer – genutzt werden. Klar ist aber auch: Die Wahrscheinlichkeit der Nutzung öffentlicher Meldeplattformen wird immer davon abhängen, wie groß das grundsätzliche Vertrauen der Meldenden ist, sich direkt an das Unternehmen zu wenden, um dort ihr Anliegen vorzutragen und vor allem, ob es überhaupt eine Möglichkeit zur Meldung im Unternehmen gibt.

Es ist daher – von der aktuellen Rechtslage ausgehend – aus unserer Sicht in jedem Falle sinnvoll, proaktiv ein entsprechendes Meldesystem für das eigene Unternehmen aufzubauen und vorzuhalten. Hier wird Mitarbeitenden und Dritten ermöglicht, ebenfalls anonym, mögliche Delikte direkt dem Unternehmen zu melden. Solange es sich nicht um böswillige Falschmeldungen handelt, sind die Meldenden ebenfalls vor Repressalien geschützt. Das Unternehmen selbst kann auf diese Meldungen proaktiv reagieren und sinnvoll mit ihnen umgehen. Dies schafft Vertrauen sowohl intern als auch extern. Es können so Strafzahlungen und damit finanzielle Schäden sowie Imageschäden verhindert mindestens aber reduziert werden, da die Rechtsprechung Transparenz, Umsichtigkeit und Vorsorge bereits in verschiedenen Urteilen begünstigend gewertet hat.

Des Weiteren bietet jede Meldung auch immer die Möglichkeit Schwachstellen zu beheben und sich damit stetig zu verbessern.

Durch neu entstehende Meldeplattformen der Länder und des Bundes wird die Gefahr von externen Meldungen immer größer. Durch die Präsenz dieses Themas in der aktuellen öffentlichen Diskussion entsteht bei einigen Beteiligten vielleicht überhaupt erst die Idee einer Meldung von Missständen, zumal sie deutlich erleichtert wird.

Es ist hier also schnelles Handeln gefragt, um mögliche Nachteile frühestmöglich zu verhindern. Handeln Sie jetzt um vom Reagieren wieder ins Agieren zu kommen!

Gerne beraten und unterstützen wir Sie bei der Einführung eines geeigneten Hinweisgebersystems.

Kontakt

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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Carina Richters

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