Weiterhin keine Umsatzsteuerbefreiung bei Personalgestellungen durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen für Tätigkeiten im Verwaltungs- und Leitungsbereich

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veröffentlicht am 30. November 2020

 

[Quelle: BMF-Schreiben vom 03.09.2020; Anpassung von Abschnitt 4.27.1 UStAE an die neue Rechtslage]


Mit der Neufassung von Abschnitt 4.27.1 Absatz 2 UStAE durch das BMF-Schreiben vom 03.09.2020 hält die Finanzverwaltung an ihrer bisherigen Auffassung fest, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 27 Buchstabe a UStG nur dann erfüllt sind, sofern die Einrichtung, der das Personal gestellt wird, steuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchstabe b), Nr. 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie Nr. 23 und 25 UStG erbringt und zugleich die überlassene Person unmittelbar in den jeweiligen steuerbegünstigten Bereichen (als Pfleger, Betreuer, Arzt, Lehrer etc.) tätig wird.

Personalgestellungen durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen an entsprechende Einrichtungen für Tätigkeiten in den Bereichen Verwaltung und Geschäftsleitung fallen somit nach der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Nr. 27 a UStG. Die in Literatur und Rechtsprechung hiergegen vorgebrachten Bedenken bleiben von der Finanzverwaltung weiterhin unberücksichtigt.
 
Nach § 4 Nr. 27 a) UStG ist die Gestellung von Personal durch religiöse und weltanschauliche Einrichtungen u.a. für die in § 4 Nr. 14 Buchstabe b), Nr. 16, 18, 21, 22 Buchstabe a sowie Nr. 23 und 25 UStG genannten Zwecke steuerfrei.

Der unionsrechtliche Begriff der „religiösen und weltanschaulichen Einrichtungen” ist noch nicht abschließend geklärt. Absatz 1 des neu gefassten Abschnitts 4.27. UStAE beschränkt sich leider nur darauf die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 18/1529, S. 77) wiederzugeben, wonach alle Einrichtungen, die den Schutz des Artikels 4 Abs. 1 und 2 GG und des Artikels 140 GG in Verbindung mit Artikel 137 der Weimarer Reichsverfassung in Anspruch zu nehmen berechtigt sind, z. B. Kirchen in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, geistige Genossenschaften oder Mutterhäuser, darunter fallen. U.E. können damit auch privatrechtliche organisierte kirchliche Einrichtungen von Caritas und Diakonie unter den Begriff gefasst werden können.

Die „Gestellung von Personal” umfasst dabei die Gestellung von selbständigem, nicht beim leistenden Unternehmer abhängig beschäftigtem, wie z.B. die Gestellung von Mitgliedern oder Angehörigen der Einrichtungen, sowie die Gestellung abhängig beschäftigter Arbeitnehmer.1

Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung sind erfüllt, wenn die Einrichtung, der das Personal gestellt wird, steuerfreie Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b, 16, 18, 21, 22 Buchst. a, 23 und 25 ausführen (Krankenhausbehandlung, ärztliche Heilbehandlung in Krankenanstalten, Sozialfürsorge, soziale Sicherheit, Kinder- und Jugendbetreuung, Erziehung, Schul- und Hochschulunterricht sowie Aus- und Fortbildung).2
Nach Auffassung der Finanzverwaltung muss für das Eingreifen der Steuerbefreiung die weitere Voraussetzung vorliegen, dass die überlassene Person in diesem steuerbegünstigten Bereich unmittelbar tätig wird, also konkret in der Kinderbetreuung, in der Pflege etc. arbeitet. Personalgestellungen für Tätigkeiten in der Verwaltung oder im Bereich der Geschäftsführung fallen demnach nicht unter die Steuerbefreiung, auch wenn die Einrichtung selbst entsprechende Leistungen erbringt.

In der steuerlichen Literatur3 wird dieses weitere Erfordernis mit guten Gründen infrage gestellt. Mit der Steuerbefreiung, die auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. k MwStSystRL beruht, soll erreicht werden, dass bei Personalgestellungen verhindert wird, dass sich die Kosten für die von der Empfängereinrichtung erbrachten steuerfreien Ausgangsleistungen nach den Nummern 16, 18, 21, 22 Buchst. a sowie nach den Nummern. 23 und 25 UStG durch eine Mehrwertsteuer auf das Gestellungsgeld erhöhen, weil insoweit kein Recht zum Vorsteuerabzug besteht. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die gestellte Person selbst „unmittelbar” an der Ausführung dieser steuerfreien Leistung mitwirkt, oder ob sie nur mittelbar an der Ausführung der steuerfreien Leistung mitwirkt. Entscheidend ist lediglich, dass die Kosten der Gestellung zu den Kosten der genannten Tätigkeiten, d.h. der steuerfreien Ausgangsumsätze gehören.4

 

Das ist aber auch der Fall, wenn das gestellte Personal bei einer Verwaltungstätigkeit in der Empfängereinrichtung tätig wird, sofern diese nur steuerfreie Ausgangsumsätze tätigt, sodass die Gestellungskosten stets auch Kostenelemente dieser steuerfreien Ausgangsumsätze darstellen.

In einer Entscheidung zu Art. 132 Abs. 1 Buchs. K MwStSystRL hatte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz5 entsprechendes vertreten. Höchstrichterliche Rechtsprechung ist hierzu jedoch bisher, soweit ersichtlich, noch nicht ergangen.

Durch das BMF-Schreiben vom 03.09.2020 stellt die Finanzverwaltung klar, dass sie an ihrer bisherigen Auffassung festhält und eine Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 27 a UStG bei Personalgestellungen für eine reinen Verwaltungs- oder Geschäftsführungstätigkeit z.B.an Pflegeeinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten weiterhin nicht in Betracht zieht.


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1 UR 2020, 858
2 BeckOK UStG/Ehrt, 24. Ed. 19.2.2020, UStG § 4 Nr. 27 Rn. 24.
3 Vgl. Tehler in: Rau/Dürrwächter, UStG, 187. Lieferung, 05.2020, § 4 Nr. 27 UStG, Rn. 68r,
4 Vgl. Hüttemann, UR 2018, 577-582, Aufsatz: „Zur Umsatzsteuerpflicht der Gestellung von Ordensangehörigen nach nationalem Steuerrecht und Unionsrecht”
5 Urteil vom 27.11.2008, 6 K 2348/07
6 Vgl. auch FinMin. Schleswig-Holstein, Erlass v. 28.11.2013 – VI 358 – S 7187-002

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Dr. Christian Ortloff

Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsmediator (IHK), Fachberater für das Gesundheitswesen (DStV e.V.)

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