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veröffentlicht am 30. Januar 2020
Im Rahmen des Verfahrens hatten die Richter des Bundesfinanzhofes (BFH) darüber zu entscheiden, ob die Umsätze aus dem von einem Integrationsbetrieb betriebenen Bistro, sowie der Zurverfügungstellung einer öffentlichen Toilette dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
Unstrittig ist die Tatsache, dass diese von der Integrationseinrichtung unterhaltenen Tätigkeiten einem steuerfreien Zweckbetrieb (§ 68 Nr. 3 Buchst. c UStG) zuzuordnen sind. Im Rahmen einer Außenprüfung hat das Finanzamt jedoch die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für diese Ausgangsumsätze versagt.
Die Richter des Bundesfinanzhofes schlossen sich im Rahmen ihres Urteils der Auffassung des Finanzamtes an. Nach der Urteilsbegründung ist die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Zweckbetriebe (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG) nur dann anwendbar, wenn
Der Gesetzeswortlaut ist nach Auffassung der Richter eng auszulegen. Daher sind beide Voraussetzungen im zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht erfüllt.
Der Betrieb des Bistros, sowie der öffentlichen Toiletten stehen sehr wohl im Wettbewerb mit anderen Unternehmen, welche vergleichbare Leistungen anbieten. Darüber hinaus wird mit den Tätigkeiten kein satzungsmäßiger Zweck der Einrichtung „selbst verwirklicht”, denn die einzelnen Gastronomieleistungen des Bistros, sowie auch die Zurverfügungstellung der öffentlichen Toiletten dient in erster Linie den Zwecken der Besucher (Verbraucher) und der Nutzer, die nicht vom gemeinnützigem Zweck der Einrichtung erfasst werden. Begünstigt, nach den Vorgaben des Gesetzes, wären demnach nur Leistungen gegenüber behinderten Personen.
Das Urteil betrifft insbesondere Integrationsbetriebe, aber auch Werkstätten für behinderte Menschen. Zum einen werden die hier erbrachten Leistungen meist nicht zur Selbstverwirklichung steuerbegünstigter, satzungsmäßiger Zwecke erbracht, da der Empfängerkreis meist außerhalb des geförderten Personenkreises liegt. Zum anderen stehen diese Einrichtungen – dem Wesen entsprechend – immer in unmittelbaren Wettbewerb zu anderen Unternehmern. Aus diesem Grund wird die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 % zukünftig für derartige Betriebe nicht mehr möglich sein.
Aktuell ist noch fraglich, wie das Bundesministerium für Finanzen mit dem Urteil umgehen wird. Denkbar wäre etwa eine Veröffentlichung im Bundessteuerblatt – was eine allgemeine Anwendung des Urteils nach sich ziehen würde – oder die Belegung des Urteils mit einem sog. Nichtanwendungserlass.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind nur die am Verfahren beteiligten Personen (nach § 110 FGO) an die Urteilsentscheidung gebunden. Wenn das Bundesministerium jedoch profiskalisch entscheidet und das Urteil im Bundessteuerblatt veröffentlicht, sollten alle betroffenen Einrichtungen Ihren Leistungsumfang überprüfen und strittige Ausgangsumsätze gegebenenfalls zukünftig dem Regelsteuersatz von 19 % unterwerfen.
Kompass Gesundheit und Soziales Ausgabe 01/2020
Christian Munker
Steuerberater
Associate Partner
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Gesundheits- und Sozialwirtschaft