Kann die Wohlfahrtspflege auch für 2017 noch steuerfrei sein?

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veröffentlicht am 30. Oktober 2018

Autoren: Dr. Mathias Lorenz und Sabrina Raschkowski

 

[BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2017]

 

Die Quersubventionierung von defizitären Bereichen mit gewinnbringenden Tätigkeiten der Wohlfahrtsbetriebe steht im Fokus der Finanzverwaltung. Eine genaue Einteilung der Zweckbetriebe sowie die separate Ermittlung des Ergebnisses und des konkreten Finanzierungsbedarfs ist für die Steuererklärungen 2017 zwingend erforderlich, um nicht die Steuerbefreiungen zu gefährden.

 

Hintergrund

Mit seinem Schreiben vom 6. Dezember 2017 hat das Bundesministerium der Finanzen den Begriff der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre geprägt und gibt Kriterien zur Identifikation des steuerlich nicht begünstigte Erwerbsstrebens von Wohlfahrtsbetrieben vor.


Die Finanzverwaltung möchte eine Quersubventionierung innerhalb verschiedener Zweckbetriebe unterbinden. Zweckbetriebe der Wohlfahrtspflege sind nur dann nach § 66 AO begünstigt, wenn diese nicht des Erwerbs wegen betrieben werden. Es gilt also nachzuweisen, dass in der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre keine schädliche Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird. Davon ist jedoch auszugehen, wenn ein planmäßiges Streben nach Vermögensmehrung verfolgt wird, das den konkreten Finanzierungsbedarf übersteigt.


Mit der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre bleiben die Tätigkeiten der Wohlfahrtspflege nicht auf den Bereich des § 66 AO begrenzt, sondern auch andere zweckbetriebliche und ideelle Tätigkeiten gehören dazu, wenn sie dem Wohl hilfsbedürftiger Menschen dienen.


Betroffen von dieser Verwaltungsanweisung sind alle steuerbegünstigten Einrichtungen, die hilfsbedürftige Menschen fördern, wie beispielsweise Wohlfahrtseinrichtungen, Alten- und Pflegeeinrichtungen, Kinder- und Jugendfürsorge sowie Krankenhäuser und Medizinische Versorgungszentren.


Eine Quersubventionierung übriger Zweckbetriebe sowie ideeller Tätigkeiten mit Gewinnen aus dem Bereich der Wohlfahrtspflege wurde nur noch bis Ende 2016 akzeptiert.


Die Steuererklärungen 2017 müssen somit genaue Wertangaben über den Gewinn der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre und deren Finanzierungsbedarf enthalten. Diese Zahlen lassen sich nicht ohne Weiteres aus einem Dokument der Rechnungslegung wie etwa dem Jahresabschluss ablesen.

 

Was ist zu tun?

  1. Identifikation und Abgrenzung zu anderen Zweckbetrieben
    Alle steuerbegünstigten Einrichtungen müssen ihre einzelnen Tätigkeiten entsprechend der jeweiligen Zweckbetriebsvorschriften entweder ihrer wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre zuordnen oder davon abgrenzen. Es bedarf also einer eindeutigen und verlässlichen Zuordnung.
  2. Gewinnermittlung für die Tätigkeiten der Wohlfahrtspflege
    Um das schädliche Erwerbsstreben überprüfen zu können, müssen Einrichtungen der Wohlfahrtspflege das tatsächliche Ergebnis der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre ermitteln und in den Steuererklärungen ab 2017 angeben.
  3. Bestimmung des konkreten Finanzierungsbedarfs
    Übersteigen die erzielten Gewinne den Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre, wird diese mit Erwerbsstreben geführt. Somit muss neben dem tatsächlichen Ergebnis auch der konkrete Finanzierungsbedarf ermittelt und in den Steuererklärungen 2017 eingetragen werden. Dabei kann die Erzielung von Gewinnen in gewissem Umfang – z.B. zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – geboten sein, ohne in Konflikt mit dem Zweck der steuerlichen Begünstigung zu stehen.

 

Dringender Handlungsbedarf

Nachdem die Nichtbeanstandungsregelung ab dem Veranlagungszeitraum 2017 nicht mehr gilt, besteht dringender Handlungsbedarf zur Etablierung von innerbetrieblichen Strukturen (z.B. in der Kostenrechnung), um die notwendigen Nachweise erbringen zu können.


Die Wohlfahrtseinrichtung hat die Pflicht diese Nachweise für begünstigende Tatsachen vorzuhalten. Die Anerkennung einer Tätigkeit als Zweckbetrieb nach § 66 AO bildet die Voraussetzung für die Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer.


Im schlimmsten Fall droht die Steuerpflichtigkeit für gewinnträchtige Tätigkeiten der Wohlfahrtspflege, während Verluste aus anderen Zweckbetriebsbereichen nicht angerechnet werden dürfen.

 

 

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