Neuerungen bei Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege – Bestimmung der „wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre”

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veröffentlicht am 18. Januar 2018

 

Am 6. Dezember 2017 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen einen koordinierten Ländererlass zu „Vollzugsfragen bei Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO”. Hintergrund der neuen Regelung ist der Versuch zu bestimmen, wann ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege „des Erwerbs wegen” tätig wird. Gelangt man zu dem Ergebnis, dass ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege „des Erwerbs wegen tätig” wird, entfällt die Steuerbefreiung im Bereich der Ertragsteuern und entstehende Überschüsse sind zu versteuern.

 

​[BMF-Schreiben vom 6. Dezember 2017 zu Vollzugsfragen bei Zweckbetrieben der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO]

 

Mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 veröffentlichte die Finanzverwaltung das bis dato einzige Schreiben zum geänderten Anwendungserlass zur Abgabenordnung des § 66 AO (wir berichteten hierzu bereits in den früheren Kompass-Beiträgen aus den Ausgaben Nr. 02/2016 und Nr. 08/2016).

 

Darin legte sie fest, dass eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege nur dann als steuerbefreiter Zweckbetrieb anzusehen ist, wenn er „nicht des Erwerbs wegen” betrieben wird. Nach Auffassung der Finanzverwaltung wird er aber „des Erwerbs wegen” betrieben, wenn damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf der jeweiligen Wohlfahrtspflegeeinrichtung übersteigen. Es wird auch konkretisiert, dass ein Handeln „des Erwerbs wegen” vorliegt, wenn durch die Gewinne der Einrichtung andere Zweckbetriebe nach §§ 65, 67, 67a und 68 AO bzw. die übrigen ideellen Tätigkeiten mitfinanziert werden.

 

Wie nachgewiesen werden soll, ob eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege i.S.d. § 66 AO „Gewinne im Zweckbetrieb” anstrebt, war jedoch für die konkrete Anwendungspraxis nirgends geregelt. Der bisherige Wortlaut der Finanzverwaltung legte jedoch nahe, Planungsrechnungen und Gewinnermittlungen getrennt nach den einzelnen Zweckbetrieben zu erstellen.

 

Diese Forderung nach „getrennten Planungen” für die einzelnen Bereiche wurde nun zum Teil wieder aufgeweicht. Entgegen der damaligen Ansicht muss nicht für jeden einzelnen Zweckbetrieb eine gesonderte Abrechnung erstellt werden. Allerdings ist zu prüfen, welcher Zweckbetriebsvorschrift der Abgabenordnung einzelne Leistungen zuzuordnen sind. Hierbei wird auf die sog. „wohlfahrtspflegerische Gesamtsphäre” abgestellt. Nach dem neuen Schreiben der Finanzverwaltung gehören hierzu folgende Bereiche:

 

  • Wohlfahrtspflegeeinrichtungen i. S. d. § 66 AO
  • Zweckbetriebe i. S. d. § 68 AO, soweit diese auch die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllen
  • Zweckbetriebe i. S. d. § 67 AO
  • Ideelle Tätigkeiten, für die die Voraussetzungen des § 66 AO vorlägen, wenn sie entgeltlich wären

 

Es ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung die im neuen BMF-Schreiben genannte großzügige Billigkeitsregelung für die Wohlfahrtseinrichtungen nicht noch weiter vereinfachen wird. Daher ist dringend zu empfehlen, eine entsprechende Gewinn- und Finanzierungsbedarfsermittlung für die „wohlfahrtspflegerische Gesamtsphäre” zu erstellen.


Nach unserer Erfahrung haben Betriebsprüfer vor der Veröffentlichung dieses BMF-Schreibens bereits verstärkt Nachweise zur Gewinnermittlung der Zweckbetriebe angefordert. Generell gilt: begünstigende Tatsachen, die Voraussetzung für die Steuerbefreiung sind, müssen vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werden. Aufgrund des neuen BMF-Schreibens wird die Finanzverwaltung in der Zukunft sicherlich noch detaillierter die ​​​entsprechenden Nachweise einfordern, um Einrichtungen als steuerbefreiten Zweckbetrieb anzuerkennen.



Autoren: Anka Neudert und Jan-Claas Hille

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