Pflegemarkt wird zur drittstärksten Säule der Gesundheitswirtschaft

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 21. Dezember 2017

 

Mit 46,7 Milliarden Euro liegt der Umsatz der stationären und der ambulanten Pflege im Jahr 2015 noch leicht über dem Umsatz der Apotheken und damit an dritter Stelle der Gesundheitsbranche. Die privaten Anbieter wachsen dauerhaft überproportional. Auch für die Zukunft wird ein dynamisches Wachstum des Gesamtmarktes erwartet. Die Investitionsfähigkeit der Branche ist gut entwickelt, namentlich im Bereich der privaten Anbieter.

 

[Pflegeheim Rating Report, medhochzwei Verlag, Heidelberg]

 

Im Verlag medhochzwei ist der „Pflegeheim Rating Report” erschienen, der unter Federführung des RWI erstellt wurde. Er analysiert insgesamt 432 Jahresabschlüsse von Pflegeeinrichtungen aus den Bilanzjahren 2014 und 2015. Die Stichprobe repräsentiert etwa 15 Prozent des Pflegeheimmarktes.


Die besondere Marktdynamik des Pflegesektors wird gerade im Langzeitvergleich deutlich. So nennen die Autoren für das Jahr 2015 eine Zahl von insgesamt 2,9 Millionen pflegebedürftigen Menschen. Von diesen wurden 783.000 Menschen vollstationär sowie weitere 692.000 Menschen durch ambulante Dienste versorgt. Gegenüber dem Jahr 1999 bedeutet dies eine Zunahme um 42 Prozent.


Dementsprechend hat sich die wirtschaftliche Bedeutung der Pflegebranche insgesamt erhöht: Mit einem Gesamtumsatz von 46,7 Mrd. Euro im Jahr 2015 (13,7 Prozent Anteil an den Gesundheitsausgaben) steht die Branche inzwischen an dritter Stelle der Gesundheitsanbieter, hinter Krankenhäusern und Arztpraxen.


Die Autoren rechnen bis zum Jahr 2025 mit einer Zahl von insgesamt 3,8 Millionen Pflegebedürftigen, bis 2030 dann mit 4,1 Millionen. Im Rahmen von Szenarioberechnungen steht bis zum Jahr 2030 einem erwarteten jährlichen Anstieg der Pflegebedürftigen um 2,0 Prozent eine überproportionale Steigerung der stationären Bewohner (durchschnittlich + 2,4 Prozent p.a.) wie auch der ambulanten Klienten (durchschnittlich + 2,2 Prozent p.a.) gegenüber. Je nach dem angesetzten Szenario wird sich das Marktvolumen der Pflegebranche bis zum Jahr 2030 auf bis zu 66 Mrd. Euro erhöhen, was einem durchschnittlichen jährlichen Marktwachstum von 2,3 Prozent entsprechen würde.


Die Privatisierung hat dabei in dem Zeitraum 1999 bis 2015 eine ununterbrochen hohe Dynamik gezeigt. Die Zahl der stationären Pflegeplätze hat sich in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt (Faktor 2,18), während die Zahl der Pflegeplätze bei freigemeinnützigen Trägern im selben Zeitraum um lediglich 25 Prozent gestiegen ist. Bei den öffentlich-rechtlichen Trägern wurden im Jahr 2015 sogar 22 Prozent weniger stationäre Pflegeplätze vorgehalten als 1999.


In der vollstationären Pflege gibt es erhebliche regionale Preisunterschiede. So ist die Spreizung beispielsweise zwischen dem westlichen Teil des Rheinlands (über 95,12 Euro/Tag für stationäre Pflege und Unterkunft und Verpflegung) und Sachsen-Anhalt (bis max. 71,67 Euro für dieselbe Leistung) besonders groß, sie beträgt knapp 33 Prozent. Für den Vergleich wurde ein Durchschnittspreis aus den Pflegestufen bzw. Pflegegraden gebildet.


Analog bestehen hinsichtlich der Auslastung erhebliche regionale Unterschiede. So liegt seit dem Jahr 2000 die durchschnittliche Auslastung in den neuen Bundesländern konstant unter derjenigen in den alten Bundesländern (für das Jahr 2015: 88,3 Prozent im Osten, 93,9 Prozent im Westen).


Mit einer Beschäftigtenzahl von 1,086 Millionen Beschäftigten im Jahr 2015 gehört der Pflegesektor zu den sehr großen Arbeitgebern in Deutschland. Die Autoren rechnen für die Zukunft mit sich weiter verschärfenden Personalengpässen in der Pflegewirtschaft. Sie erwarten daher für die Zukunft eine stärkere Spreizung zwischen den Einkommen der Fachkräfte und denen der Hilfskräfte. Die von den Autoren angemahnten Bemühungen um Bürokratieabbau und für den verstärkten Einsatz arbeitssparender Techniken weisen auf ein Digitalisierungsdefizit in der Pflegebranche hin.


Gemäß der von den Autoren gewählten Definitionen waren im Jahr 2015 74 Prozent der Heime im wirtschaftlichen Sinne „voll investitionsfähig” und weitere 6 Prozent „schwach investitionsfähig”, mithin zusammen 78 Prozent generell investitionsfähig. Bei den privaten Trägern liegt diese Quote der investitionsfähigen Einrichtungen weit über dem Durchschnitt. Bei den öffentlich-rechtlichen Anbietern wurden dagegen nur 36 Prozent der Häuser als „voll investitionsfähig” bewertet.


Die Autoren rechnen damit, dass die Kapitalreserven der Gesetzlichen Pflegeversicherung ohne weitere Beitragserhöhungen im Jahr 2023 aufgebraucht sein werden. Im Bereich der Steuerungsmaßnahmen verweisen die Autoren auf die denkbare weitere Anhebung des Renteneintrittsalters und auf die ihrer Einschätzung nach noch unterschätzte Wirkungsmöglichkeit des Konzepts „Reha vor Pflege”.

 

Kontakt

Contact Person Picture

Christoph Naucke

Betriebswirt (Berufsakademie), Zertifizierter Compliance Officer, Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV, Prüfer für Interne Revisionssysteme (DIIR), Datenschutzauditor (TÜV), IT-Auditor IDW

Associate Partner

+49 911 9193 3628

Anfrage senden

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu