Haftung des Geschäftsführers bei fehlender Zustimmung des Sachwalters

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veröffentlicht am 29. Juni 2017


​Autorin: Jana Wollmann

 

Nach dem in diesem Beitrag erläuterten Beschluss des Finanzgerichts Münster haftet ein GmbH-Geschäftsführer nicht für solche Steuerschulden, deren Zahlung der Sachwalter im vorläufigen Insolvenzverfahren ausdrücklich nicht zugestimmt hat.

 

[FG Münster, Beschluss vom 03.04.2017 - 7 V 492/17 U]

 

I. Sachverhalt:

Die Geschäftsführer einer GmbH haben für diese einen Insolvenzantrag verbunden mit einem Antrag auf Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung gestellt. Das Insolvenzgericht ordnete die vorläufige Eigenverwaltung an und bestellte einen Rechtsanwalt zum vorläufigen Sachwalter. Zugleich ordnete das Insolvenzgericht in seinem Beschluss gem. §§ 270a, 21 I 1 InsO an, dass Zahlungen aus dem Steuerschuldverhältnis i.S.v. § 37 AO sowie Zahlungen auf Beiträge der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung i.S.v. § 266a StGB nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters geleistet werden dürfen. Der Sachwalter erklärte, dass er einer Zahlung der Beiträge der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung sowie der Zahlung von Steuern während des vorläufigen Insolvenzverfahrens ausdrücklich nicht zustimme. Das Finanzamt erließ jeweils einen Haftungsbescheid nach §§ 191 I i.V.m. §§ 69, 34 AO gegenüber den Geschäftsführern für Umsatzsteuerrückstände der GmbH in Höhe einer Quote von 39,10 Prozent, weil sie Forderungen anderer Gläubiger in einem höheren Umfang bedient hätten als die Steuerforderungen. Gegen die Haftungsbescheide legten die Geschäftsführer form- und fristgerecht Einspruch ein und beantragten zugleich die Aussetzung der Vollziehung.

 

II. Aus den Gründen:

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts bestünden im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Haftungsbescheide, das Finanzamt dürfte die Geschäftsführer nach summarischer Prüfung zu Unrecht im Rahmen der sogenannten Geschäftsführerhaftung gem. §§ 191, 69, 34 AO in Anspruch genommen haben.

 

Die Antragsteller wären zwar als Geschäftsführer der GmbH als deren gesetzliche Vertreter gem. § 35 I GmbHG zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft verpflichtet, sie hätten ihre Pflichten als Geschäftsführer jedoch nicht grob fahrlässig verletzt, ­so das Finanzgericht Münster. Das Gericht hat dabei zu Recht das Verschulden der Geschäftsführer mit der Begründung verneint, dass im Streitfall das Insolvenzgericht gem. §§ 270a, 21 I 1 InsO angeordnet hatte, dass Zahlungen aus dem Steuerschuldverhältnis i.S.v. § 37 AO nur mit Zustimmung des vorläufigen Sachwalters geleistet werden durften. Diese Zustimmung hatte der Sachwalter später auch ausdrücklich versagt. Den Geschäftsführern könnte im Streitfall bereits aufgrund der Beachtung der insolvenzgerichtlichen Anordnung kein vorwerfbares grobes Verschulden nachgewiesen werden. Das Gericht ließ jedoch dahinstehen, ob die Anordnung eines solchen Zustimmungsvorbehalts durch das Insolvenzgericht insolvenzrechtlich im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung zulässig ist oder nicht.

 

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Mediator & Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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