Herbeiführung einer Schwangerschaft als therapeutischer Zweck – Umsatzsteuerbefreiung der Lagerung von eingefrorenen Eizellen

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​​​​​​veröffentlicht am 8. Oktober 2015

 

BFH 29.07.2015 

 

Die Umsatzsteuer auf die Lagerung von Geweben und dgl. ist umstritten. Mit Urteil vom 29.07.2015 hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun entschieden, dass die Lagerung eingefrorener Eizellen durch einen Arzt umsatzsteuerfrei ist, wenn damit ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, z.B. die Herbeiführung einer weiteren Schwangerschaft. Dabei kommt es nicht auf die ausdrückliche Äußerung eines entsprechenden Kinderwunsches an. Nach Ansicht der Finanzverwaltung würde diese Lagerung der Umsatzsteuer unterliegen, wodurch betroffene Paare finanziell stärker belastet wären.​​​


Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die eine Praxis für Reproduktionsmedizin betrieb, in der die komplette Diagnostik und Therapie von Paaren mit Kinderwunsch stattfand. Den Patientinnen wurden Eizellen entnommen, befruchtet und anschließend eingefroren („kryokonserviert”) und gelagert. Die Lagerung erfolgte zunächst für 2 Jahre. Kurz vor Ablauf der Lagerungszeit mussten die Patienten mitteilen, ob das gelagerte Material vernichtet oder die Lagerung der Eizellen gegen ein bestimmtes Entgelt verlängert werden sollte. Die Klägerin behandelte sowohl den ärztlichen Eingriff, die erstmalige Lagerung der gefrorenen Eizellen als auch die Fortsetzung der Lagerung als steuerfreie ärztliche Leistung. 
 
Das Finanzamt dagegen wollte die Fortsetzung der Lagerung als umsatzsteuerpflichtig behandeln und argumentierte wie folgt: Das Einfrieren und Lagern von Eizellen sei für sich gesehen keine (steuerfreie) Heilbehandlungsleistung und könne daher nur als Nebenleistung steuerfrei sein. Ein therapeutischer Zweck der Lagerung (und damit eine „eigene Heilbehandlungsleistung”) sei allerdings erst dann zu bejahen, wenn ein über den ersten Behandlungsvertrag und die erste Schwangerschaft hinausgehender Kinderwunsch vorhanden sei. Ob ein solcher vorliegt, wollte das Finanzamt anhand des Eintretens einer „vorab geplanten erneuten Schwangerschaft” festmachen.
 
Der Bundesfinanzhof widersprach dieser Argumentation im Grundsatz nicht, machte allerdings einen weiteren Kinderwunsch nicht am Eintreten einer Schwangerschaft fest. Das Gericht entschied – im Interesse der Patienten – dass bereits der ausdrückliche Wunsch zur Weiterlagerung der eingefrorenen Eizellen (gegen entsprechendes Entgelt) ausreichend sei, um den therapeutischen Zweck der Lagerung zu dokumentieren. Es komme nicht darauf an, ob die Paare ausdrücklich einen weiterhin vorliegenden Kinderwunsch geäußert haben. 
  
Somit ist es der Argumentation der Richter zu verdanken, dass entsprechende Behandlungen für die Paare nicht noch kostspieliger werden. 



Autorin: Anka Neudert

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