Zytostatikalieferungen sind umsatzsteuerpflichtig – aber nicht immer

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In unserem Kompass 12/2013 berichteten wir über die Entscheidungen des BFH vom 31.07.2013 zur ertragsteuerlichen Behandlung der Lieferung von Zytostatika aus der Krankenhausapotheke.

 

Zur umsatzsteuerlichen Behandlung hatte der BFH zuvor bereits unter dem 15.05.2012 dem EuGH drei Fragen vorgelegt. Von diesen Fragen hat der EuGH nun eine beantwortet und die Sache dem BFH zur weiteren Prüfung zurückgegeben.

Der EuGH entschied,

 

  • dass Lieferungen von zytostatischen Medikamenten, 

  

  • die von innerhalb eines Krankenhauses selbständig tätige Ärzten im Rahmen einer ambulanten Krebsbehandlung verschrieben worden sind, nicht von der Mehrwertsteuer befreit werden, 

  

  • es sei denn, diese Lieferungen sind in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht von der Hauptleistung der ärztlichen Heilbehandlung untrennbar. Letzteres zu prüfen sei Sache des BFH.
 
Der Entscheidung liegt folgender Fall zugrunde: Das Klinikum Dortmund betreibt als Krankenhausträger ein Krankenhaus. In den Streitjahren verfügte es über eine Ermächtigung gemäß § 116a SGB V, aufgrund deren es berechtigt war, neben stationären Behandlungen auch ambulante Behandlungen durchzuführen. Die angestellten Krankenhausärzte des Klinikums Dortmund, die ambulante Behandlungen durchführten, wurden dabei gemäß § 116 SGB V aufgrund einer sogenannten persönlichen Ermächtigung tätig. Auf dieser Grundlage wurden in dem Klinikum Krebspatienten im Rahmen der Chemotherapie behandelt. Die dabei an die Patienten verabreichten zytostatischen Medikamente wurden von der Krankenhausapotheke des Klinikums Dortmund nach ärztlicher Verordnung für jeden Patienten individuell hergestellt. Das Finanzamt behandelte die Verabreichung der in der Krankenhausapotheke hergestellten Zytostatika dann als umsatzsteuerpflichtig, wenn diese im Rahmen einer ambulanten Behandlung von einem Arzt verabreicht wurden, der innerhalb des Klinikums selbständig tätig war.
  
In diesem Zusammenhang kennt das europäische Mehrwertsteuersystem eine berufsbezogene Steuerbefreiung für Ärzte (Art. 132 Abs. 1 lit. c MWStSysRL) und eine einrichtungsbezogene Befreiung für Krankenhäuser (Art. 132 Abs. 1 lit. b MWStSysRL). Nur die einrichtungsbezogene Befreiung stellt auch „eng verbundene“ Umsätze steuerfrei.
  
Der EuGH führt aus, dass  beide Befreiungen auf Leistungen zielen, die der Diagnose, Behandlung und, so weit wie möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen. Gleichwohl sei festzustellen, dass die berufsbezogene Befreiung „eng verbundene Umsätze“ grundsätzlich nicht erfasse. Folglich könne einer Lieferung von Arzneimitteln und anderen Gegenständen, sofern sie nicht im Zeitpunkt einer humanmedizinischen Heilbehandlung strikt notwendig ist, die berufsbezogene Steuerbefreiung nicht zugute kommen.
Der EuGH stellt nicht in Abrede, dass sich im Ausgangsverfahren die in Ausübung eines ärztlichen Berufs erbrachten Heilbehandlungen einerseits und die Lieferung zytostatischer Medikamente andererseits in ein „therapeutisches Kontinuum“ einfügen. Die Abgabe von Arzneimitteln sei hier zwar im Zeitpunkt der Erbringung der ärztlichen Leistung im Rahmen der ambulanten Krebsbehandlung eines Patienten unerlässlich, da diese ärztliche Leistung ohne diese Medikamentenabgabe sinnlos wäre. Allerdings lasse sich den dem EuGH unterbreiteten Informationen nicht eindeutig entnehmen, dass die Abgabe der Arzneimittel als in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hinsicht von der Erbringung der ärztlichen Heilbehandlung nicht trennbar angesehen werden könne. Es obliege daher dem BFH, die insoweit erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen.
  
Vorbehaltlich dieser Überprüfungen könne die Verabreichung zytostatischer Medikamente im Ausgangsverfahrens nicht als steuerbefreit angesehen werden. Es war allerdings unstreitig, dass die Verabreichung der Zytostatika nicht der Mehrwertsteuer unterlag, soweit sie im Krankenhaus im Rahmen einer stationären Behandlung erfolgte. Daran rüttelt auch der EuGH nicht.
  
Der BFH wird nun zur Untrennbarkeit der verschiedenen Leistungen Stellung nehmen müssen. Lehnt er die Untrennbarkeit ab, so verbleibt es bei der Umsatzsteuerpflicht. Aufgrund der (ertragsteuerlichen) Entscheidungen vom BFH vom 31.07.2013 zur Zuordnung der Zytostatika-Lieferungen zum Zweckbetrieb wäre bei vollem Vorsteuerabzug der verminderte Steuersatz von 7 % für Zweckbetriebe anzuwenden. Dieser ist aber nach der Entscheidung des BFH vom 08.03.2012 (AZ V R 14/11) mit den unionsrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar, so dass abzuwarten bleibt, wie sich der BFH äußern wird.
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