IT-Services finanzieren und steuern

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veröffentlicht am 9. Juli 2015

 

Wie sollen die Herausforderungen, die die kommunale IT in den Verwaltungen in den nächsten Jahren stemmen soll, finanziert und gesteuert werden? In vier Top-Themen beleuchten wir Ansätze, in denen die kommunale IT mehr Freiraum, aber auch mehr Verantwortung bekommt.

 

Die kommunale IT wird immer komplexer. Die Vielfalt an Anwendungssystemen (die Kommunen haben im Vergleich zum Mittelstand eine extrem umfangreiche Softwarelandschaft), die hohen Serviceanforderungen und die IT-Sicherheitserfordernisse stellen die IT-Abteilungen regelmäßig vor große Herausforderungen.
 

Problemstellung

Dabei sieht die Entwicklung aufseiten der Finanzierung dieser Leistungen über die letzten Jahre nicht rosig aus. Andauernde Haushaltssicherungskonzepte sowie das Unverständnis, für IT doch nicht zu viel ausgeben zu wollen, haben dazu geführt, dass kommunale IT-Abteilungen tendenziell eher am Limit arbeiten, als strategisch richtig aufgestellt zu sein.
 

Aufgabenstellung

Dabei sollen sie Garant für eine verfügbare, verlässliche und sichere IT sein (gerade in unserer heutigen Zeit der Angriffe seitens Hacker und Cyber-Kriminellen), die kostenbewusst einen hohen Service bieten. Zusätzlich sollen sie Innovator für die Transformation hin zu digital unterlegten Verwaltungsprozessen und Jongleure von extrem komplexen IT-Projekten sein.
 

Zielkonflikt

Hier liegt definitiv ein Zielkonflikt vor, denn die Aufgabenstellung kann nur mit einem Verständnis für die notwendigen Investitionen und auskömmliche Budgets einhergehen. Wer denkt, dass die Anforderungen der Zukunft mit einer IT gelöst werden, der man Jahr für Jahr die Mittel kürzt, ist definitiv auf dem falschen Weg.
 
Denn genau das Gegenteil ist der Fall. Die Anforderungen der Zukunft (demografischer Wandel trifft auch die Amtsstuben, stetig steigender Umfang an Verwaltungsaufgaben, steigende Anforderungen von Bürgern und Wirtschaft) sind nur noch über IT und die damit verbundene Transformation von Verwaltungsprozessen in die digitale Welt zu bewerkstelligen.
 
Die haushaltssanierungsgetriebene IT-Kostensenkung muss durchbrochen werden. Sie ist mittel- und langfristig kontraproduktiv. Zudem sind Gegenmaßnahmen erforderlich, die die IT kurzfristig handlungsfähig machen – ihr finanziellen Spielraum offenbaren. Das kann seitens Verwaltungsvorstand und/oder dem verantwortlichen Dezernat für IT erfolgen. Unsere Vermutung ist aber, dass sich hier die kommunalen IT-Abteilungen zum Teil auch selbst vertreten müssen und eine andere Art der Finanzierung und Steuerung der IT-Services entwickeln, zumindest aber zulassen sollten, wenn der Impuls von außen kommt!
 
Auf welche Themen sollten sich also die digitalen Reformer mit Blick auf Finanzierung und Steuerung konzentrieren?
 

Vier Top-Themen für Finanzierung und Steuerung von IT-Services

Unsere Wahrnehmung aus der Prüfung und Beratung des öffentlichen Sektors ist, dass wenige, aber intensive Maßnahmen eine erhebliche Optimierung in der Finanzierung und Steuerung der IT-Services mit sich bringen.
 

Strikte Service-Level-Agreement-Orientierung (SLA)

Service-Level-Agreements sind Vereinbarungen zwischen dem Kunden (Nutzer) und der IT (Dienstleister für IT-Services), welche Leistung konkret zu welchen Kosten erbracht werden soll. Dabei spielen die Levels des Service eine erhebliche Rolle. Eine ständige Verfügbarkeit der IT-Anwendung ist teurer als eine Verfügbarkeit, bei der die IT auch einmal ausfallen darf. Kurze Wiederanlaufzeiten sind kostspieliger als lediglich definierte Reaktionszeiten. Wir kennen nur wenige Kommunen, die mit SLA gegenüber ihren IT-Serviceleistern (externe Dritte wie interne IT-Abteilungen) arbeiten. Auch jenen, die SLAs einsetzen, müssen wir oft attestieren, dass die SLAs kaum so formuliert und strukturiert sind, dass sie zur Steuerung herangezogen werden können. Dort finden sich Qualitätsversprechen wie „Verfügbar zur gewöhnlichen Bürozeit”, „Es steht ein qualifizierter Ansprechpartner zur Verfügung” etc. Es ist kaum verwunderlich, dass solche SLAs im Schrank des Kunden und des IT-Serviceleisters verschwinden und nur dann herausgezogen werden, wenn schon alles brennt – also viel zu spät. Ebenso dienen sie kaum zur finanziellen Steuerung. Sie sind viel zu ungenau, auf der Leistungsseite zu pauschal formuliert und bewirken oftmals genau das Gegenteil. Der Kunde entwickelt eine „All-Inclusive”-Erwartungshaltung.
 
Was sind also die Kernbotschaften zur strikten „Service-Level-Agreement-Orientierung”?
  • Der Einsatz von SLAs ist der Schlüssel zur Kostensenkung und dauerhaften stabilen Finanzierung der IT-Services. Im Rahmen der Vereinbarung über Service-Levels wird den Kunden bewusst, wie sie über die Service-Levels die Kosten beeinflussen können.
  • Sind noch keine SLAs zum Einsatz gekommen, so ist die Fixierung der IST-Service-Levels vor Entwicklung der SOLL-Levels dringend angeraten. Erst hierdurch kann transparent dargestellt werden, warum sich die Kosten zwischen IST (vor der Entwicklung der SLAs) und SOLL (mit den SLAs) verändern.
  • Es ist eine strikte SLA-Orientierung zwischen den Kunden-Fachbereichen und dem IT-Serviceleister notwendig (keine Leistung ohne SLA, auch wenn es aufwendig erscheint). Klare und messbare Formulierung von Service-Levels und eine klare Verbindung zwischen den Levels und den damit verbundenen Kosten führt auf lange Sicht zu Transparenz, Disziplin und den gewünschten finanziellen Effekten.
 
Wir raten dringend zur Ausarbeitung von Service-Pauschalen, die den Aufbau von SLAs vereinfachen aber auch einen anderen wichtigen Effekt ermöglichen. Die IT-Abteilungen müssen weg von der Methode der „spitzen Abrechnung” und der Gemeinkostenumlagen. Die IT-Abteilungen brauchen finanziellen Puffer und einen Anreiz, interne Optimierungen auch zu ihrem eigenen Vorteil umsetzen zu können. Dies können sie nur, indem weitestgehend Pauschalen vereinbart werden, die zu einem Deckungsbeitrag für „Forschung und Entwicklung der IT-Services” beitragen.
 
Dies macht eine laufende Steuerung der SLAs (monatlich) aufseiten der Kunden und der IT notwendig. Dazu sind entsprechende pragmatische Werkzeuge aufzubauen. Im Idealfall werden aggregierte Leistungswerte/-kennzahlen in den Produkthaushalten sowohl kundenseitig als auch auf Seiten der IT eingebettet (zum Beispiel „95 Prozent Erfüllungsgrad SLA”, etc.).
 

Denken in Bilanzen

Viele IT-Abteilungen in den Kommunen werden heute lediglich in Produkthaushalten geführt. Die Produkthaushalte haben einen Ergebnis- und einen Finanzhaushalt. Im Ergebnishaushalt werden die Aufwendungen und Erträge zu den einzelnen Geschäftsjahren geplant und verbucht. Eine Entlastung wird, wenn überhaupt, durch interne Leistungsverrechnungen oder Umlagen erreicht. Der Finanzhaushalt beinhaltet neben den Zahlungsströmen zum Ergebnishaushalt auch noch die jährlichen Investitionsbedarfe. Soweit so gut. Was solchen IT-Abteilungen fehlt, sind die Mechanismen, die sich durch die Bestandskonten der Bilanz (Aktiva und Passiva), insbesondere durch die fehlenden Rücklagen eines Eigenkapitalkontos ergeben. IT-Abteilungen mit Produkthaushalten retten sich von Jahr zu Jahr über Aufwendungen, Erträge sowie Investitionspläne. Diese Form der Steuerung prägt Unsicherheit, fehlende Übernahme von Verantwortung und fördert keine langfristige Entwicklung der IT.
 
Wir sind der Meinung, dass eine IT, die in Bezug auf in der Regel mehrjährige Innovationszyklen nur in Jahresscheiben denken kann, sich langfristig nie entwickeln wird und auch keine Stabilität bieten kann.
 
Wie ein gebührenrechnender Haushalt sollte die IT über eine eigene Bilanz verfügen, in der sie mit den Mitteln der Re- und Neuinvestitionsentscheidungen, der Wahlentscheidungen zu Kauf oder Miete, der Rechnungsabgrenzung, der Bildung und Auflösung von Rückstellungen und der Bildung von Rücklagen in der Lage ist, eine konsequente überjährige Ausrichtung der IT selbst zu finanzieren.
 
Die diversen Eigenbetriebe, eigenbetriebsähnliche Einrichtungen, Kommunale Unternehmen und Zweckverbände zeigen es. Gegebenenfalls kann im Haushalt auch eine Spartenbilanz realisiert werden. Ist dies erreicht, gewinnt der Puffer in den SLA-Pauschalen eine weitere wichtige Bedeutung.
 
Weitergehende Vorteile wären, dass die IT-Abteilung sich nur noch über die SLAs verrechnet und entlastet, sodass die Leistungen auch direkt erkennbar und steuerbar wären. Zudem könnte diese Einheit wie eine Eigen- und Beteiligungsgesellschaft in das Steuerungssystem der Verwaltung aufgenommen werden.
 

IT zentralisieren

Wie kann man eine IT nachhaltig schwächen? Man schafft das mit dezentraler IT-Budget- und dezentraler IT-Personalressourcenverantwortung in den Kundenfachbereichen. Wie soll sich denn eine verlässliche und sichere IT strategisch sinnvoll entwickeln, wenn keine verlässliche Grundlage vorhanden ist und jeder – salopp gesagt – tun kann, was er will? Umgekehrt bedeutet dies, wenn man die Auflösung des Zielkonflikts, wie oben geschildert, ernst nimmt, dass sich dann die dezentrale IT-Verantwortung auf die Verhandlung von SLAs mit der zentralen IT beschränkt. Nur in einer weitestgehend zentralen IT können sich IT-Standards, Servicequalität, Kosteneffizienz, Skalierbarkeit und Sicherheit langfristig im Sinne der Gesamtverwaltung entwickeln.
 
Vorteile einer weitestgehend zentralen IT (nicht abschließend):  
  • Endgeräte- und Applikationsstandards werden aufgebaut und durchgesetzt. Dies führt auf Dauer zu Kostenreduktion und Stabilität in den Services.
  • Zentrale Systeme in Querschnitts- und Basiselementen wie DMS, Datenbanksystemen, Share-Point etc. führen zu Kostenreduktion in der IT, aber auch in den Verwaltungsprozessen (digitaler Rechnungseingang, Self-Service in der Personalverwaltung, etc.).
  • Dezentrale Teilzeit-Admins ohne Vertretung in den Kundenfachbereichen werden zentral neu und verlässlicher organisiert. Dies führt zu Kostenreduktion durch bessere Auslastung sowie Steigerung der Verfügbarkeit der Systeme.
  • Dezentral eingebundene externe Dienstleister werden gebündelt und gegebenenfalls durch eigene Ressourcen ersetzt.
  • Dezentrale IT-Infrastruktur wird vereinheitlicht und zentral gepflegt und überwacht. Die IT-Sicherheit steigt für alle. Skaleneffekte in Investition und Betrieb werden realisiert.
  • Zielgerichtete Fort- und Weiterbildung ist erst mit einer gewissen Betriebsgröße machbar.
  • Und vieles mehr.
 
Die Zentralisierungsfrage hört nicht an den eigenen Schranken der Kernverwaltung auf. Der Blick kann und soll sich durchaus auch auf die Eigen- und Beteiligungsgesellschaften und andere Kommunen im Sinne einer interkommunalen Zusammenarbeit richten.
 
Erst mit der richtigen Größe lassen sich effiziente und verlässliche IT-Organisationsstrukturen aufbauen, die auch nachhaltig die Fähigkeit besitzen, IT-Sicherheit und IT-Innovation zu garantieren. In der Regel stellt sich immer heraus, dass die Summe der zentralen und dezentralen IT-Ressourcen neu aufgestellt Potenzial für Kostensenkung aber auch für einen Puffer im Sinne eines Deckungsbeitrags für „Forschung und Entwicklung der IT” beinhaltet.
 

Einfordern einer Transformationsrendite

Sicherlich, die IT ist teuer und in ihren Kostenstrukturen werden immer wieder neue Ansätze zur Kostenreduktion zu finden sein. Richtig teuer ist es aber, wenn die Kommunen es in der Zukunft nicht schaffen, die manuellen, beratungs- und abstimmungsintensiven Verwaltungsprozesse über eine in sich stimmige IT-Strategie zu digitalisieren (wir verweisen hier auf den Artikel „In sieben Schritten zum E-Government-Masterplan”).
 
Nur ist eines erkennbar: Wer kann denn in einer solchen verwaltungsweiten und übergreifenden Transformation wirklich dauerhaft Engagement zeigen? Selbst die IT-Abteilung ist vor dem Hintergrund der obigen Schilderungen zu SLA, Dezentralität und Haushalt doch eher verhalten, sich diesen Schuh anzuziehen. Selbst wenn sie es tut, werden auf sie immer nur die Probleme abgeladen und selten der Erfolg verbucht.
 
Ein Interesse kann sie erst entwickeln, wenn sie an den Erfolgen der Transformation partizipiert und eine Transformationsrendite für ihre eigene weitere Entwicklung einfährt. Wie muss man sich das vorstellen? In den SLAs zur Einführung zum Beispiel eines DMS wird gegenüber jedem Fachbereich festgehalten, dass dies zu einer Effizienzsteigerung in den jeweiligen Fachbereichen führt (Personalaufwands- und Sachaufwandssenkung, Produktivitätssteigerung, etc.). Im SLA wird auf dieser Basis ein Aufschlag auf die kalkulierten Pauschalen (Transformationsrendite zum Beispiel 15 Prozent der jährlichen Einsparung) vereinbart. Der Aufschlag ist an die Bedingung einer erfolgreichen Umsetzung geknüpft. Dies führt dazu, dass insbesondere die IT ein deutliches Interesse an einer punktgenauen Umsetzung des Projektes sowie an der Realisierung der Einsparungen hat. Der Aufschlag kann zeitlich begrenzt sein.
 
Das sind vier Top-Themen zur Umsetzung einer neuen Art der Finanzierung und Steuerung der IT-Services. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels dürften wir heute keine Angst mehr haben, dass sich die prognostizierten Einsparungen nicht realisieren lassen. Wir müssen eher die Befürchtung haben, dass sich keiner in der Verwaltung findet, der diese skizzierten Ansätze umsetzt!
 
Vor diesem Hintergrund stehen wir gerne zur Verfügung, einen auf Sie angepassten strategischen Ansatz zur Finanzierung und Steuerung der IT-Services zu finden.  
 
zuletzt aktualisiert am 09.07.2015
 
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