Fallstricke bei der Nachrangklausel

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veröffentlicht am 23. Juni 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


In seinem Urteil vom 23.12.2021 hat sich das OLG Brandenburg mit der Wirksamkeit der Einbeziehung und der inhaltlichen Transparenz einer Nachrangklausel beschäftigt, die in den Zeichnungsbedingungen eines partiarischen Darlehens zwischen den Vertragsparteien vereinbart wurde. Das Gericht ist zu der Ansicht gekommen, dass die Annahme eines partiarischen Darlehens ohne Vereinbarung einer wirksamen Nachrangklausel gegen das Verbot des unerlaubten Betreibens des Einlagengeschäfts aus §§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 32 Abs. 1, 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG verstößt, wenn der Darlehnsnehmer über keine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften nach § 32 Abs. 1 KWG verfügt.
 

I. Sachverhalt

Der Beklagte war Gründer, Mitglied und Geschäftsführer einer sog. Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (im Folgenden „EWIV”). Da die von dem Beklagten gegründete EWIV aufgrund einer nicht ausreichenden Kapitalausstattung keine Darlehen von Kreditinstituten erhalten konnte, entschied sie sich Nachrangdarlehen von privaten Anlegern einzuwerben. Nach den Angaben aus dem Emissionsprospekt der EWIV sollten die Darlehensgeber eine garantierte Verzinsung in Höhe von 7% bis 9% der Darlehensvaluta pro Jahr und zusätzlich eine anteilige gewinnabhängige Verzinsung bis maximal 10% der Darlehensvaluta pro Jahr erhalten. Zudem hob das Emissionsprospekt auf seinem Deckblatt hervor, dass „kein Kursrisiko” für die Darlehensgeber bestehe. In Bezug auf die weiteren Informationen sowie die rechtlichen Hinweise wurde auf die Zeichnungsbedingungen verwiesen, welche unter Nr. 2 „Rechtsnatur” die Bezeichnung des Darlehens als nachrangig sowie unter Nr. 12 die Nachrangklausel selbst enthielten. Weitere Verweise auf die Nachrangabrede und die damit verbundene Risiken fehlten in den dem Kläger zur Verfügung gestellten Vertragsunterlagen.
 
Ein solches partiarisches Darlehen i.H.v. 20.000 € gewährten die Kläger der EWIV mit Zeichnungsschein vom 13.11.2013. Wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der EWIV am 27.10.2015 wurde das Darlehen nicht zurückgezahlt.
 

II. Entscheidung

Nach Auffassung des OLG Brandenburg handelt es sich bei der in den Zeichnungsbedingungen enthaltenen Nachrangklausel um eine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB. Überraschend ist eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Dabei werden die Erwartungen des Vertragspartners von den allgemeinen und individuellen Begleitumständen des Vertragsschlusses bestimmt. Wird in einem Darlehensvertrag ein Rangrücktritt im Sinne von § 39 Abs. 2 InsO vereinbart, kann eine solche Klausel objektiv ungewöhnlich sein, da dadurch der Gläubiger im Insolvenzfall im vereinbarten Rang hinter andere Gläubiger zurücktritt. Im konkreten Fall führten die Begleitumstände des Vertragsschlusses dazu, dass die Vereinbarung der Nachrangklausel für die Kläger überraschend war. Die Kläger wurden sowohl im Zeichnungsschein nicht über die mit der Nachrangabrede verbundenen Risiken aufgeklärt als auch im Emissionsprospekt wurde dieser Umstand nicht als risikobehaftet dargestellt. Auf die Nachrangklausel wurde lediglich durch einen allgemeinen Hinweis auf die Zeichnungsbedingungen verwiesen. Im Kontext dieser konkreten Umstände ordnete das Gericht diese Nachrangklausel als überraschend ein, sodass sie im Ergebnis kein Vertragsbestandteil geworden ist.
 
Daneben genügte die streitgegenständliche Nachrangklausel nicht dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich u.a. daraus ergeben, dass eine Bestimmung für die Vertragspartei nicht klar und verständlich ist. Die unter Nr. 12 der Zeichnungsbedingungen befindliche Klausel wies darauf hin, dass die Geltendmachung des Anspruchs auf Rückzahlung oder Zinsen solange und soweit ausgeschlossen ist, als sie einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeiführen würde. Darüber hinaus ist der Anspruch des Zeichners auf Rückzahlung der Zeichnungssumme oder der Zinsen schon dann ausgeschlossen, wenn sich die Gesellschaft in der Krise befindet. Das Gericht ist zu der Ansicht gekommen, dass in einem solchen Fall erforderlich ist, dass dem nicht insolvenzrechtlich vorgebildeten Vertragspartner erläutert wird, welche Gründe zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens führen. Zudem sei der in der Nachrangklausel verwendete Begriff der „Gesellschaft in der Krise” nicht näher bestimmt und damit für die Kläger nicht ausreichend klar und verständlich. Zuletzt fehlte in der Nachrangklausel eine Regelung des Falles, in welchem das Insolvenzverfahren ohne Insolvenzplan und Überwindung der Krise durchgeführt wird.
 
Durch die Unwirksamkeit der Nachrangklausel ist das streitgegenständliche  Darlehen als unbedingt rückzahlbare Gelder des Publikums anzusehen. Die Vereinbarung eines solchen Darlehens ist als Einlagengeschäft i.S.d § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KWG einzuordnen und ist damit für den Darlehensnehmer nach § 32 Abs. 1 KWG erlaubnispflichtig. Zu beachten ist weiterhin, dass derjenige der den Abschluss partiarischer Darlehensverträge ohne eine wirksame Nachrangabrede und ohne der oben genannten Erlaubnis, anbietet, auch gegen ein Schutzgesetz i.S.d § 823 Abs. 2 BGB verstößt.
 

III. Fazit

Mit diesem Urteil wird deutlich, dass der korrekte Umgang mit Nachrangklauseln bei Darlehen erhebliche Auswirkungen für beide Vertragsparteien haben kann. Die entsprechende Formulierung und Einbeziehung der Nachrangklausel in ein partiarisches Darlehen ist erforderlich, um die Einstufung des in Frage kommenden Darlehen als ein Einlagegeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG, zu vermeiden. Darüber hinaus muss darauf geachtet werden, dass der Darlehensgeber hinreichend über die mit einer solcher Nachrangabrede verbundenen Risiken in den Vertragsunterlagen aufgeklärt wird.
 
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