Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf die Gewerbesteuer

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veröffentlicht am 20. August 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Die Finanzverwaltung hat bisher die Anrechnung einer ausländischen Quellensteuer, wie z.B. auf Dividenden einer ausländischen Tochtergesellschaft, bei der Muttergesellschaft verweigert. Begründet wird diese Ablehnung u.a. mit dem Hinweis, dass das Gewerbesteuergesetz keine Regelung zur Anrechnung einer ausländischen Quellensteuer vorsieht. Auch das Finanzgericht Niedersachsen folgt in seinem Urteil vom 18.3.2020 (Az. 6 K 20/18) im Ergebnis dieser Auffassung und versagt ebenfalls den Abzug einer ausländischen Quellensteuer auf die Gewerbesteuer. Allerdings ist gegen diese Entscheidung eine Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig (Az. I R 16/20).

 

Demgegenüber hat das Finanzgericht (FG) Hessen in seinem im Februar dieses Jahres veröffentlichten Urteil vom 26.8.2020 (Az. 8 K 1860/16) erstmals dem Steuerpflichtigen den Abzug einer ausländischen Quellensteuer auch für Gewerbesteuerzwecke gewährt. Voraussetzung ist jedoch, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) eine solche Anrechnung vorsieht. Der Entscheidung lag nachstehender Sachverhalt zugrunde:

 

Eine inländische Kapitalgesellschaft (GmbH) war u.a. an einer kanadischen Kapitalgesellschaft (Inc.) in Höhe von 0,22% beteiligt. Aus dieser Beteiligung erzielte sie in den Streitjahren 2008 bis 2010 kanadische Dividenden, die nach dem einschlägigen DBA zwischen Kanada und Deutschland einem (reduzierten) Quellensteuerabzug in Kanada unterlagen. Die kanadischen Dividendenerträge waren – mangels einer in den Streitjahren bestandenen Ausnahmeregelung für Steuerbesitzbeteiligungen – zwar nach § 8b Abs. 1 KStG a. F. grundsätzlich von der Körperschaftsteuer befreit. Allerdings kam es für Zwecke der Ermittlung der Gewerbesteuer aufgrund der Regelung in § 8 Nr. 5 S. 1 GewStG in Höhe der nach dem KStG steuerfreien Dividenden wieder zu einer Hinzurechnung. Da die Voraussetzung für die Anwendung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 7 GewStG a.F. (Mindestbeteiligung an der Inc. von 15%) nicht erfüllt war, zählten die Dividenden zum grundsätzlich steuerpflichtigen Gewerbeertrag der GmbH.

 

Der Einbehalt kanadischer Quellensteuer führt nach Ansicht des Finanzgerichts zu einer Doppelbesteuerung, denn Deutschland und Kanada erheben von demselben Steuerpflichtigen für denselben Steuergegenstand und denselben Zeitraum eine gleichartige Steuer. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung hat Deutschland auf der Grundlage des zwischen Kanada und Deutschland geltenden DBA die Anrechnung der kanadischen Quellensteuer auf die Dividenden nicht nur auf die Körperschaftsteuer, sondern auch auf die Gewerbesteuer zu gewähren (Art. 23 Abs. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa) DBA Kanada).

 

Das FG begründet seine Auffassung mit dem Hinweis, dass die Vorschrift des DBA-Methodenartikels zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung ausdrücklich nicht zwischen einer Anrechnung auf die Körperschaft- oder Einkommensteuer einerseits und einer Anrechnung auf die Gewerbesteuer andererseits differenziert. Das Abkommen spricht nur allgemein von der Steuer vom Einkommen. Hierunter fällt für Zwecke der Beseitigung der Doppelbesteuerung nach der Überzeugung des Finanzgerichts auch die Gewerbesteuer.

 

Zwar enthalte das Gewerbesteuergesetz keine entsprechende Anrechnungsvorschrift, das DBA ordne jedoch als Rechtsfolgenverweis eine solche Anrechnung an. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen gewerbesteuerrechtlichen Anrechnungsregelung habe diese Anrechnung in entsprechender Anwendung der körperschaftsteuerrechtlichen und einkommensteuerrechtlichen Anrechnungsregelungen (§ 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG und § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG) zu erfolgen. Eine Umgehung der durch das DBA geregelten und angeordneten Anrechnung wäre wohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beim Vorliegen eines sog. Treaty Override denkbar. Allerdings sieht das DBA Kanada keine solche Konstellation vor. Da die GmbH im Streitjahr fast ausschließlich nur kanadische Dividenden erzielte, die von der Körperschaftsteuer befreit waren, konnte die kanadische Quellensteuer ggf. vollständig auf die Gewerbesteuer angerechnet werden.

 

Da die GmbH im Streitjahr außer an der Inc. an keinen weiteren Gesellschaften mit Sitz in anderen Staaten beteiligt war, musste der Senat im Rahmen der Ermittlung der zulässigen Anrechnungsbeträge keine Berechnung nach der Herkunft der Dividenden (per-country-limitation) vornehmen. Zudem musste das FG auch nicht entscheiden, in welcher Reihenfolge die Anrechnung der kanadischen Quellensteuer auf die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zu erfolgen hat. Denn diese Frage hätte sich nur gestellt, wenn gegen die GmbH auch Körperschaftsteuer festgesetzt worden wäre. In diesem Fall wäre es denkbar, dass die Anrechnung zuerst und in voller Höhe bei der Körperschaftsteuer zu erfolgen hätte (und nur ein eventuell verbleibender Anrechnungsüberhang wäre bei der Gewerbesteuer anzurechnen), oder es wäre eine verhältnismäßige Teilung und Anrechnung vorzunehmen.

 

Schließlich hat das FG noch entschieden, dass die Feststellung der Anrechnung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im Rahmen des Gewerbesteuer-Messbescheides durch das Finanzamt zu erfolgen habe.

 

Obwohl der Streitfall die Steuerjahre 2008 bis 2010 betrifft, ist diese Entscheidung auch für die aktuellen Veranlagungsjahre einschlägig. Allerdings wird vor allem die Beteiligungshöhe der inländischen Gesellschaft an den ausländischen Tochtergesellschaften für die Möglichkeit der Anrechnung einer Auslandssteuer auf die Körperschaft- bzw. Gewerbesteuer eine Rolle spielen. Dies liegt vor allem daran, dass aktuell eine Sonderregelung für Streubesitzbeteiligungen in § 8b Abs. 4 KStG besteht (Beteiligungsquote von 10%), während die Neuregelung des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 7 GewStG für Auslandsbeteiligungen eine Mindestbeteiligungsquote von 15% vorschreibt. Und schließlich sind auch die Regelungen zum Schachtelprivileg nach den einschlägigen DBA zu beachten, die wiederum abweichende Beteiligungsquoten zu den nationalen Beteiligungsquoten vorsehen können (z.B. 10% oder 25%). Insofern kann die Beurteilung der Anrechnungsmöglichkeiten einer ausländischen Quellensteuer auf inländische Kapitalgesellschaften komplex werden.

 

Das Urteil des Finanzgerichts Hessen ist für den Steuerpflichtigen insgesamt als steuerlich positiv zu beurteilen, da es erstmalig auch eine Doppelbesteuerung bei der Gewerbesteuer verhindern kann. Das Finanzgericht hat zwar die Revision beim BFH zugelassen, allerdings ist nach unserer Kenntnis aktuell kein Verfahren (mehr) beim BFH anhängig. Eventuell hat die Finanzverwaltung zwischenzeitlich die Revision zurückgenommen. Daher wäre es zu begrüßen, wenn sich der Gesetzgeber bzw. die Finanzverwaltung kurzfristig zur Frage der Anrechnung einer ausländischen Steuer auf die Gewerbesteuer äußern würde. Dabei sollten auch die vorstehend erwähnten Rechtsunsicherheiten geregelt werden. Ebenso sollte auch auf die Möglichkeit einer Gewerbesteueranrechnung in sog. „Nicht-DBA-Fällen” eingegangen werden. Bis dahin sollten Steuerpflichtige gegen Gewerbesteuermess- und Gewerbesteuerbescheide Einspruch einlegen.

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