Fortbestand der Sicherungswirkung einer Vormerkung

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veröffentlicht am 16.07.2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten

BGH, Urteil vom 08. März 2024 – Az.: V ZR 176/22

Bei rechtzeitiger Verlängerung der ursprünglichen Annahmefrist eines befristeten Vertragsangebots, besteht die Sicherungswirkung der Vormerkung fort.

Die Klägerin heiratete im Jahr 2006 ihren Ehemann, der damals Eigentümer einer Wohnung in München war. Diese übertrug er einige Jahre nach Eheschließung, ohne die Zustimmung der Klägerin, seinem Sohn aus früherer Ehe. Der Sohn bot wiederum seiner Ehefrau, der Beklagten, mit notarieller Urkunde vom 30. Juni 2014 die unwiderrufliche unentgeltliche Übertragung des Eigentums an der streitgegenständlichen Wohnung unter Setzung einer Annahmefrist bis zum 31. Dezember 2016 an. Im Zuge dessen bewilligte er zur Sicherung des zukünftigen Übertragungsanspruchs eine Vormerkung zugunsten der Beklagten, die am 4. Juli 2014 im Grundbuch eingetragen wurde. Nachdem am 7. Oktober 2016 ein Widerspruch gegen die Eigentümerstellung des Ehemannes der Beklagten im Grundbuch eingetragen wurde, verlängerte er mit notarieller Urkunde vom 18. Oktober 2016 die Frist zur Annahme seines Angebots bis zum 31. Dezember 2026. Die Klägerin wehrte sich schließlich mit einer Klage vor dem Landgericht, in der sie die Zustimmung der Beklagten zur Berichtigung des Grundbuchs und die damit einhergehende Löschung der Vormerkung begehrte. Hierbei berief sie sich u.a. darauf, dass die Eigentumsübertragung an der Wohnung ohne ihre Zustimmung unwirksam gewesen sei. 

Der Bundesgerichtshof gab der Klägerin schließlich Recht und bejahte einen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Vormerkung. Hierbei schloss er sich zwar zunächst der Vorinstanz an und verneinte einen Anspruch auf Grundbuchberechtigung aus § 894 BGB​, da das Grundbuch hinsichtlich der zugunsten der Beklagten eingetragenen Vormerkung nicht unrichtig ist. Dies liegt daran, dass die Beklagte die Vormerkung bei ihrer Begründung im Jahr 2014 gutgläubig erworben hat. Die Voraussetzungen hierfür lagen vor. Der Vormerkung lag ein vormerkungsfähiger Anspruch zugrunde. Dass es sich bei dem gesicherten Anspruch um einen künftigen Anspruch handelte, ändert hieran nichts. Der rechtliche Boden für die Entstehung der Vormerkung war durch das unwiderrufliche, rechtsverbindliche Angebot bereits so bereitet, dass die Entstehung des Auflassungsanspruchs nur noch vom Willen des künftigen Berechtigten, der Beklagten, abhing. Des Weiteren war die Beklagte gutgläubig. Sie hatte im Hinblick auf den eingetragenen Eigentümer weder positive Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs noch war im maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung am 4. Juli 2014 ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen, sodass sie auf die Richtigkeit des Grundbuch vertrauen durfte. Die erworbene Vormerkung ist auch nicht mit Ablauf der ursprünglichen Annahmefrist erloschen. Durch die rechtzeitige, d.h. vor Fristablauf erfolgte Verlängerung der Annahmefrist bis zum 31. Dezember 2026 ist der künftige Auflassungsanspruch selbst unverändert geblieben. Es änderte sich lediglich der Zeitraum, in dem der Anspruch durch eine Annahme des Vertragsangebots entstehen kann und nicht der Inhalt des Anspruchs. 

Entgegen den Vorinstanzen prüft und bejaht der Bundesgerichtshof jedoch einen Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Vormerkung aus § 816 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 BGB​. Da die Beklagte durch die gegenüber der berechtigten Klägerin wirksame unentgeltliche Verfügung (Bestellung der Vormerkung) von einem Nichtberechtigten (dem Ehemann der Beklagten) einen unmittelbaren rechtlichen Vorteil erlangt hat, ist sie zur Herausgabe der durch die Verfügung erlangten Vormerkung durch Zustimmung zur Löschung der Vormerkung in Form einer Löschungsbewilligung gemäß § 19 GBO verpflichtet.

Fazit:​

Die rechtzeitige Verlängerung der Annahmefrist eines Eigentumsübertragungsangebots bewirkt den Fortbestand der Vormerkung. Die umstrittene Frage, welche Auswirkungen eine rechtzeitige Verlängerung der Angebotsfrist auf die Sicherungswirkung einer Vormerkung hat, die einen sich aus einem befristeten Vertragsangebot ergebenden künftigen Anspruch sichert, ist somit entschieden. Gleichwohl ist ein Anspruch auf Zustimmung zur Löschung nicht zwingend ausgeschlossen, wie das Urteils des Bundesgerichtshofs zeigt. Letztlich bleibt dies jedoch eine Frage des Einzelfalls, sodass eine rechtliche Beratung empfohlen wird.



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