Neue grenzüberschreitende Reorganisationsmaßnahmen in Polen

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veröffentlicht am 8. September 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Anfang Juli dieses Jahres hat der Sejm die Novelle des Gesetzbuches über die Handels­gesellschaften (HGGB-PL) verabschiedet, die sich auf die Implementierung der Richtlinie (EU) 2019/2121 des Europäischen Parlaments und des Rates über grenz­überschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen bezieht. 

 

       

Die Novelle wurde an den Präsidenten und den Senat weitergeleitet. Der Senat hat Änderungsanträge einge­bracht, so dass das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist. 
   

Verlegung des Sitzes einer Gesellschaft ins Ausland

Die grundlegende Frage, die durch die neuen Vorschriften geregelt wurde, ist die Möglichkeit, den Sitz einer Gesellschaft in ein anderes Land zu verlegen, ohne dass die Tätigkeit dieser Gesellschaft in Polen eingestellt werden muss. 
   
Diese Änderung ergibt sich aus der Notwendigkeit, die polnischen Vorschriften an die Anforderungen des Urteils in der Rechtssache Polbud C-106/16 anzupassen. Dies kann im Rahmen einer sog. grenz­über­schrei­tenden Umwandlung geschehen, die das Gesetz als Möglichkeit der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft und einer Kommanditgesellschaft auf Aktien in eine ausländische Gesellschaft (aufgeführt in Anhang II zur Richt­linie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts) definiert, wobei diese ausländische Gesellschaft dem Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterliegt und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, bei gleichzeitiger Verlegung zumindest des satzungsmäßigen Sitzes in diesen Staat. 
  
Dadurch wird es möglich sein, den Sitz einer Gesellschaft ins Ausland zu verlegen und sie in eine ausländische Gesellschaft umzuwandeln, was den Unternehmern erleichtern kann, in dem betreffenden Land eine Gewer­be­tätigkeit auszuüben. Dadurch bleibt die Rechtspersönlichkeit des betreffenden Unternehmens beibehalten. 
  

Grenzüberschreitende Spaltung

Eine weitere Neuheit ist die Einführung der Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Spaltung. Kapital­gesell­schaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien können in zwei oder mehrere Gesellschaften gespalten werden, sofern mindestens zwei der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen. 
  
Eine Neuheit ist die sog. Spaltung durch Aussonderung, bei der ein Teil des Vermögens der zu spaltenden Gesellschaft auf eine bereits bestehende Gesellschaft oder neu zu gründende Gesellschaft übertragen wird; die Anteile oder Aktien an der übernehmenden oder neu gegründeten Gesellschaft werden dagegen von der zu spaltenden Gesellschaft übernommen (und nicht von den Gesellschaftern der zu spaltenden Gesellschaft). 
  

Grenzüberschreitende Verschmelzung 

Eine andere Lösung, die ins HGGB-PL aufgenommen wurde, ist die Möglichkeit, eine Verschmelzung durch­zuführen, ohne der anderen an der Verschmelzung beteiligten Gesellschaft Anteile oder Aktien der über­neh­menden Gesellschaft zu gewähren. Dies ist möglich, wenn ein Gesellschafter direkt oder indirekt alle Anteile oder Aktien der verschmelzenden Gesellschaften hält oder die Gesellschafter der verschmelzenden Gesell­schaften Anteile oder Aktien im selben Verhältnis an allen verschmelzenden Gesellschaften halten.
  
Diese Lösung schafft neue Möglichkeiten im Bereich der Reorganisationsprozesse. 
  

Grenzüberschreitende Geschäfte – Verhinderung von Missbräuchen 

Die Änderung der Vorschriften sieht auch Maßnahmen zur Bekämpfung missbräuchlicher grenzüber­schrei­ten­der Umstrukturierungen vor. Solche Maßnahmen dürfen beispielsweise nicht dazu führen, dass die Gläubiger der Gesellschaften nicht befriedigt werden.
  
Besondere Befugnisse wurden dem Leiter der Landesfinanzverwaltung eingeräumt, der eine Stellungnahme zur grenzüberschreitenden Umwandlung, Verschmelzung oder Spaltung einer Gesellschaft erteilt. Gegenstand der Stellungnahme ist die Einschätzung, dass keine begründete Vermutung besteht, dass die Durchführung einer grenzüberschreitenden Umwandlung, Verschmelzung oder Spaltung einer Gesellschaft u.a. einen Rechts­miss­brauch darstellt und dazu führt, dass die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber den Steuerbehörden unbefriedigt oder unbesichert bleiben. 
  
Um die Stellungnahme zu erhalten, ist ein Antrag zu stellen, dem eine Reihe von Unterlagen und eine ausführ­liche Beschreibung beizufügen sind, in der u.a. die Ziele der Umstrukturierung, die wirtschaftliche oder geschäftliche Begründung und die steuerlichen Folgen, einschließlich der Steuervorteile, die sich aus den antragsgegenständlichen Tätigkeiten ergeben, dargelegt werden. 
  
Die Stellungnahme bzw. die Verweigerung ihrer Erteilung wird dem Registergericht übermittelt, das den Antrag auf Verschmelzung, Spaltung oder Umwandlung prüft. 
  
Unsere Experten beantworten gerne Ihre Fragen zu den Voraussetzungen und Konsequenzen der neuen grenzüberschreitenden Lösungen. Besonders wichtig sind die steuerlichen Folgen einer solchen Reorganisierung. 
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