Grunderwerbsteuer bei Erwerb eines Rohbaus mit gesonderten Aufbaukosten

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Der Bundesfinanzhof (BFH) ist in seiner gestern veröffentlichten Entscheidung vom 3. März 2015 (Az. II R 22/14) ausführlich auf die in der Praxis bedeutsame Fragestellung der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer eingegangen. Falls mit dem Abschluss eines Kaufvertrags für ein Grundstück weitere Vereinbarungen geschlossen werden, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem Zusammenhang stehen, könnte sowohl der Grundstückskaufvertrag als auch die Vereinbarung der Grunderwerbsteuer unterliegen. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
 
Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag ein Grundstück, auf dem der Veräußerer ein Einfamilienhaus mit Garage als Rohbau nach Maßgabe der als Anlage zum Vertrag genommenen Baubeschreibung und Pläne zu errichten hatte. Der Preis für das Grundstück einschließlich der notwendigen Baumaßnahmen sowie der Architektenleistungen betrug 423.000 Euro. Den weiteren Ausbau bis zur Bezugsfertigstellung einschließlich der Außenanlagen sollte der Erwerber nach dem Vertrag in eigener Regie durchführen. Dazu unterbreitete ihm der bereits involvierte Architekt Vorschläge sowie eine Kalkulation für die finanzierende Bank. Der Verkäufer beauftragte den selbständig tätigen Bauleiter Z, einen Geschäftspartner des Veräußerers, mit der Bauaufsicht für den Rohbau. Dieser Bauleiter wurde im Anschluss auch von dem Kläger mit der Bauleitung für den Innenausbau beauftragt.
 
Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass sowohl der Preis für das Grundstück einschließlich der Baumaßnahmen und der Architektenleistungen (423.000 Euro) als auch die vom Erwerber gezahlten Kosten des Innenanbaus sowie der Bauleitung (136.200 Euro) in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind, da insoweit von einem einheitlichen Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht auszugehen ist. Die gegen diese Entscheidung erhobene Klage hatte bei dem zuständigen Finanzgericht keinen Erfolg. Das Finanzgericht bestätigte, dass die Ausbaukosten zu Recht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einbezogen wurden, da seiner Ansicht nach der Kläger ein bezugsfertiges Gebäude (und nicht lediglich einen Rohbau) erwerben wollte. Das Gericht argumentierte, dass dem Kläger aufgrund der umfassenden bautechnischen und finanziellen Vorplanungen ein bezugsfertiges Gebäude samt Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten wurde. Der Veräußerer, der für ihn tätige Architekt und der Bauleiter als Geschäftspartner des Veräußerers hätten bei der Veräußerung zusammen gearbeitet und durch ihr abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss der einzelnen Vertragsbestandteile hingewirkt.
 
Der BFH stimmt der grundsätzlichen Würdigung der Voraussetzungen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands im Grunderwerbsteuerrecht zu. Die vom zuständigen Finanzgericht getroffenen Feststellungen sind jedoch nicht ausreichend, um in der Sache eine Entscheidung treffen zu können. Insofern war der Streitfall wieder an das zuständige Finanzgericht zurück zu verwiesen, das im Rahmen eines weiteren Rechtsgangs zu klären hat, ob die Ausbaukosten tatsächlich ebenfalls in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind.
 
Der BFH hat für diese noch ausstehenden Feststellungen dargelegt, welche Indizien bzw. Kriterien er in diesem Streitfall für maßgeblich erachtet. Ein einheitlicher Erwerbsgegenstand liegt vor, wenn ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Kaufvertrag und den weiteren Vereinbarungen über die notwendigen Baumaßnahmen (Bauvertrag, Innenausbau) besteht. Ein solcher geforderter Zusammenhang ist insbesondere gegeben, wenn der Erwerber bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags gegenüber dem Veräußerer in seiner Entscheidung über das „ob” und „wie” der Baumaßnahme nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Grundstück erhalten würde. Zu diesem Zweck muss der Veräußerer selbst oder Dritte, die mit dem Veräußerer personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind oder aufgrund von Abreden zusammen arbeiten oder die durch ihr bestimmtes Verhalten auf den Abschluss der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken.
 
Es ist nicht erforderlich, dass das Angebot oder die Angebote in einem Vertragswerk zu einem einheitlichen Gesamtpreis angeboten werden. Ebenso wenig sind Vorplanungen des Grundstücksveräußerers oder Dritte, bloße Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem vom Erwerber selbst herzustellenden Gebäude, die Lieferung beweglicher Gegenstände oder die Bereitstellung von Planungsunterlagen ausreichend, einen solchen Zusammenhang zu begründen.
 
Die Ausbaukosten können nur in dem Fall Teil der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer sein, soweit die vom Erwerber mit dem Ausbau beauftragten Unternehmen bereits beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags der Veräußererseite angehören, dem Erwerber vor diesem Zeitpunkt die Ausbauarbeiten konkret benannt und zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten haben und der Erwerber diese Angebote später unverändert oder mit geringen Abweichungen angenommen hat. Nicht entscheidend ist hierbei, dass die mit Ausbau beauftragten Unternehmen selbst die Angebote dem Erwerber unterbreitet hatten.
 
Aufwendungen für Ausbaumaßnahmen, bei denen es an einem derartigen in personeller, inhaltlicher und finanzieller Hinsicht konkreten Angebot vor Abschluss des Kaufvertrags fehlt, können ebenso wie Eigenleistungen nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einbezogen werden. Dabei betont der BFH, dass die Beweislast für das Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsgegenstands das Finanzamt trägt. Diese Feststellungen sind noch nachzuholen.
 
Ob für Grunderwerbsteuerzwecke ein sogenannter einheitlicher Erwerbsgegenstand vorliegt, muss einzelfallabhängig anhand der abgeschlossenen Vereinbarungen dokumentiert und entschieden werden. Diese Frage ist in der Praxis insofern von erheblicher Brisanz, da der anwendbare Grunderwerbsteuersatz in den einzelnen Bundesländern in letzter Zeit stetig erhöht wurde und insofern eine signifikante Steuerbelastung auf den Erwerber zukommen kann. Sowohl Veräußerer als auch Erwerber sind darum bemüht, Gestaltungen zu wählen, die diese Grunderwerbsteuerlast nach Möglichkeit reduzieren. Dieses ist legitim, allerdings sollten bei den Vereinbarungen die vorstehend aufgestellten Abgrenzungskriterien des BFH befolgt werden, um im Nachhinein keine böse Überraschung zu erleben.

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Frank Dißmann

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