Erhebung von Grunderwerbsteuer bei Änderung des Gesellschafterbestands

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Das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vermeidet mit der Regelung in § 1 Abs. 2a S. 3 GrEStG eine Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer, wenn sowohl die 95 prozentige Änderung des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft als auch der vorausgegangene Grundstückserwerb der Gesellschaft von ihrem Gesellschafter der Besteuerung unterworfen würde. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in seinem gestern veröffentlichten Urteil vom 17. Dezember 2014 (Az. II R 2/13) mit der Frage befasst, ob diese Begünstigung auch einschlägig ist, wenn für den Ersterwerb (Grundstückserwerb) tatsächlich keine Steuer festgesetzt und erhoben wurde.
 
Bei der Klägerin und Revisionsklägerin handelt es sich um eine inländische GmbH & Co. KG, die durch Formwechsel aus der H-OHG entstanden ist. Zuvor wurde durch notariellen Vertrag vom 27. Dezember 2000 im Wege der Schenkung das Einzelunternehmen inklusive des Grundbesitzes des C auf die OHG übertragen (Übertragungsvorgang 1). An der GmbH & Co. KG waren die Söhne D, E, F des C als Kommanditisten beteiligt. Die Rolle der Komplementärin wurde durch die CH-GmbH übernommen.
 
Ebenfalls am 27. Dezember 2000 übertrugen D, E und F durch notariellen Vertag ihre Kommanditbeteiligungen auf die die mit gleichem Tag gegründete CG-KG, an welcher sie mit gleichen Teilen beteiligt waren (Übertragungsvorgang 2). Die Komplementärstellung wurde von der Grundstücksverwaltungs-GmbH übernommen. Durch weiteren notariellen Vertrag vom 27. Dezember 2000 übertrugen D, E und F ihre Kommanditbeteiligungen an der CG-KG auf die CH-GmbH (Übertragungsvorgang 3), an welcher sie wiederum als Gesellschafter beteiligt sind.
 
Aufgrund des im ersten Übertragungsvorgang gesondert festgestellten Grundbesitzwerts von 1.5112.912 Euro setze das Finanzamt H gegen die Klägerin mit Bescheid vom 17. Mai 2004 Grunderwerbsteuer in Höhe von 52.951 Euro fest. Nach Auffassung des Finanzamtes seien die Vergünstigungen des § 5 GrEStG zu versagen, da sich die Anteile der Kommanditisten D, E und F durch den zweiten Übertragungsvorgang vermindert hätten. Aufgrund der Anrechnung der Bemessungsgrundlage aus dem ersten Übertragungsvorgang setzte das Finanzamt für den zweiten Übertagungsvorgang die Grunderwerbsteuer auf 0 Euro fest.
 
Die Klägerin wandte sich mittels Einspruch gegen die beiden Bescheide vom 17. Mai 2004. Das mittlerweile zuständige Finanzamt hob den Bescheid für den ersten Übertragungsvorgang am 6. November 2006 ersatzlos auf, da es die Ansicht vertrat, die Übertragung des Grundbesitzes auf die OHG sei nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerfrei. Da im zweiten Bescheid Grunderwerbsteuer in Höhe von 0 Euro festgesetzt wurde, wurde der Einspruch mangels Beschwer als unzulässig verworfen. In einem weiteren Änderungsbescheid vom 5. Dezember 2006 setzte das zuständige Finanzamt unter Bezugnahme auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erneut Grunderwerbsteuer in Höhe von 52.951 Euro fest. Laut Auffassung des Finanzamts hatte eine Besteuerung der Übertragung der Kommanditanteile auf die CG-KG zu erfolgen (Übertragungsvorgang 2), da der Bescheid für den ersten Übertragungsvorgang aufgehoben wurde und somit eine Anrechnung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG ausscheide. Insbesondere seien auch die fünfjährigen Haltefristen im Sinne des § 6 Abs. 3 GrEStG nicht eingehalten worden. Ein weiterer Einspruch gegen den Änderungsbescheid blieb ohne Erfolg.
 
Die anschließend vor dem Finanzgericht Schleswig-Holstein eingereichte Klage auf Aufhebung der Steuerfestsetzung wurde ebenfalls abgewiesen. Die Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids für den Übertragungsvorgang 2 sei zutreffend aufgrund der Änderungsvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfolgt, da die Aufhebung des Bescheids für den ersten Übertragungsvorgang ein rückwirkendes Ereignis für die Anrechnung der Bemessungsgrundlage darstelle. Da die erste Übertragung keiner Grunderwerbsteuer unterlag, entfällt eine Anrechnung gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG.
 
Die Klägerin begehrte mit ihrer Revision die Aufhebung der Grunderwerbsteuer-Änderungsbescheide sowie der Einspruchsentscheidungen und der Vorentscheidung durch das Finanzgericht.
 
Der BFH erachtete die eingelegte Revision als begründet und hob die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung und die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide auf. Die Aufhebung des Bescheids vom 17. Mai 2004 für den ersten Übertragungsvorgang führe nicht automatisch zu einem rückwirkenden Wegfall der Anrechnung der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 2a S. 3 GrEStG auf den Grundstückserwerb für den zweiten Übertragungsvorgang und somit nicht zu einer Änderung im Sinne des § 175 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 AO. Der erkennende Senat führt aus, dass die Übertragung der Kommanditanteile an der Klägerin auf die die CG-KG (Übertragungsvorgang 2) zwar nur eine bloße Verlängerung der Beteiligungskette darstellt, da die Gesellschafter D,E und F auch nach erfolgter Übertragung mit demselben Beteiligungsumfang mittelbar an der Klägerin beteiligt blieben. Dennoch gehen mehr als 95 Prozent der Anteile an der Klägerin auf eine neue Gesellschaft (CG-KG) über, so dass der Tatbestand des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG verwirklicht wird. Da die Steuerbegünstigung gemäß § 6 Abs. 3 GrEStG aufgrund der dritten Übertragung auf die CH-GmbH nicht greift, waren die einzelnen Voraussetzungen für die Anrechnung nach § 1 Abs. 2a S. 3 GrEStG zu prüfen. Entgegen der Sichtweise des Finanzgerichts setzt nach Ansicht des BFH eine Steueranrechnung im Sinne von § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG nicht die tatsächliche Steuerfestsetzung für eine vorausgegangene Grundstücksübertragung auf eine Personengesellschaft voraus. Entscheidend ist lediglich, dass der gesetzlich verlangte Grunderwerbsteuertatbestand des Ersterwerbs erfüllt ist. Somit spielt es im Urteilssachverhalt keine Rolle, dass die Grunderwerbsteuer auf den ersten Übertragungsvorgang aufgrund des ergangenen Änderungsbescheids vom 6. November 2006 auf null festgesetzt wurde.
 
Aufgrund der materiell-rechtlich festzusetzenden Steuer von 0 Euro für die zweite Übertragung war die Vorentscheidung aufzuheben.

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Meike Munderloh

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