Abschreibung in einer Ergänzungsbilanz bei Erwerb von Schiffsfondsanteilen auf dem sogenannten Zweitmarkt

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Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 20. November 2014 (Az. IV R 1/11, das am 4. Februar 2015 veröffentlicht wurde) entschieden, dass der Erwerber eines Anteils an einer Personengesellschaft, der im Hinblick auf stille Reserven in Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens einen Kaufpreis über dem Buchwert des übernommenen Kapitalkontos zahlt, den Mehrpreis als Anschaffungskosten so abzuschreiben hat, als hätte er die Güter als Einzelunternehmer erworben.
 
Im Streitfall ging es um eine in Liquidation befindliche Personengesellschaft (Schiffs-KG), deren Unternehmensgegenstand der Bau und Betrieb eines Containerschiffs war. Die Schiffs-KG hatte das Containerschiff 1985 erworben und schrieb es auf Basis der damals zulässigen degressiven Abschreibung über die seinerzeitige Nutzungsdauer ab. Im Jahr 1993 erfolgte ein Wechsel zur linearen Abschreibung (Restnutzungsdauer viereinhalb Jahre). Jahre später verkauften Gesellschafter ihre Anteile zu Kaufpreisen oberhalb des jeweiligen Buchwerts der Kapitalkonten.
 
Die gezahlten Mehrbeträge wurden von der Schiffs-KG in den Ergänzungsbilanzen der Neugesellschafter als Mehrwert gegenüber den in ihrer Gesamthandsbilanz ausgewiesenen Wertansätzen auf das bereits weitgehend abgeschriebene Containerschiff erfasst. Diese Mehrwerte schrieb die Schiffs-KG in ihren Ergänzungsbilanzen – korrespondierend zur (Rest-)Abschreibung des Containerschiffs in der Gesellschaftsbilanz – ab.
 
Im Rahmen einer bei der Schiffs-KG durchgeführten Außenprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, die Abschreibung sei über einen längeren Zeitraum, nämlich über die für ein gebraucht erworbenes Seeschiff geltende Restnutzungsdauer im Erwerbszeitpunkt der Anteile vorzunehmen. Infolgedessen änderte das Finanzamt die zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre entsprechend; zugleich hob sie den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Schiffs-KG blieb ohne Erfolg.
 
Das Niedersächsische Finanzgericht (Az. 8 K 323/05) folgte der Rechtsansicht der Schiffs-KG und gab der Klage statt. Danach wäre ein in der Ergänzungsbilanz eines Mitunternehmers aktivierter Mehrwert eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Gesellschaftsvermögens entsprechend der in der Gesamthandsbilanz zugrunde gelegten Abschreibungsmethode und Restnutzungsdauer abzuschreiben.
 
Dies sah der BFH jedoch anders: Zweck der Ergänzungsbilanz ist es, den Gesellschafter so weit wie möglich einem Einzelunternehmer gleichzustellen, der entsprechende Wirtschaftsgüter (hier ein gebrauchtes Containerschiff) erwerben würde. Deshalb muss bezogen auf die Abschreibung der in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Mehrwerte die Restnutzungsdauer im Zeitpunkt des Anteilserwerbs neu geschätzt werden. Zugleich stehen dem Gesellschafter die gleichen Abschreibungswahlrechte zu wie einem Einzelunternehmer. Da Feststellungen zur aktualisierten Restnutzungsdauer und zur Wahlrechtsausübung fehlten, hob der BFH das FG-Urteil auf und verwies den Rechtsstreit an das Niedersächsische Finanzgericht zurück.
 
Dieses Urteil ist für jeden Fondsanleger relevant, der seinen Anteil auf dem sogenannten Zweitmarkt erworben hat und im Hinblick auf stille Reserven in Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens einen Kaufpreis über dem Buchwert des übernommenen Kapitalkontos gezahlt hat. Insoweit entstehen dem Erwerber des Gesellschaftsanteils (Zweitmarktkäufer) Anschaffungskosten für die betreffenden Güter, die über die in der Gesellschaftsbilanz ausgewiesenen und anteilig auf die Gesellschafter entfallenden Anschaffungskosten der Gesellschaft hinausgehen. Diese sind in einer von der Gesellschaft aufzustellenden (positiven) Ergänzungsbilanz für den Anteilserwerber auszuweisen. Im Ergebnis führt die Auflösung in der Ergänzungsbilanz zu einem steuerlichen Mehraufwand. Die Auflösung ist nicht von der Handhabung in der Gesamthandsbilanz abhängig, sondern muss die steuerlichen Verhältnisse des Mitunternehmers berücksichtigen.

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Hannes Zerbin, LL.M. (London)

Diplom-Wirtschaftsjurist (Univ.)

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